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Funktionaler Analphabetismus im Kontext von Familie und ...

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Fünf Jahre Integrationskurse mit Alphabetisierung – Thesen zu einer kritischen Bilanz 227<br />

bildungslehrgängen zur zweitsprachlichen Alphabetisierung durch das B<strong>und</strong>es amt für<br />

Migration <strong>und</strong> Flüchtlinge <strong>im</strong> Sommer 2010 der allergrößte Teil der entstandenen<br />

Weiterbildungsangebote nicht fortgesetzt werden konnte.<br />

8. Fragen der Gr<strong>und</strong>bildung sollten <strong>im</strong> Integrationskurs mit<br />

Alphabetisierung nicht länger ausgeblendet werden.<br />

Auch wenn viele Kursleitende <strong>im</strong> Rahmen der bestehenden Möglichkeiten fraglos<br />

lebensnahe Themen <strong>im</strong> Integrationskurs mit Alphabetisierung behandeln, so spielt<br />

die Gr<strong>und</strong>bildung <strong>im</strong> entsprechenden BAMF-Konzept bisher jedoch keine nennenswerte<br />

Rolle. Dies lässt sich zwar vor dem Hintergr<strong>und</strong> erklären, dass sich die<br />

Kurse aus dem auf Deutsch als Zweitsprache fokussierten Integrationskurssystem<br />

<strong>und</strong> nicht aus der Alpha-Szene heraus entwickelt haben, es erscheint aber nichtsdestoweniger<br />

als unhaltbarer Zustand, da das Angebot zum Deutschlernen allein<br />

das Recht auf Bildung nicht erfüllt. So hat Motakef (2009, 30) auf der Fachtagung<br />

Alphabetisierung in Leipzig 2008 deutlich auf das Recht auf Bildung als „empowerment<br />

right” hingewiesen – mit Verweis auf eine Auslegung des Menschenrechts auf<br />

Bildung durch den UN-Sozialpaktausschuss: „Als ein Recht, das auf die Befähigung<br />

zur Selbstbest<strong>im</strong>mung abzielt, ist die Bildung das Hauptinstrument, mittels dessen<br />

wirtschaftlich <strong>und</strong> sozial ausgegrenzte Erwachsene <strong>und</strong> Kinder die Armut überwinden<br />

<strong>und</strong> sich die Mittel zur vollen Teilhabe an ihren Gemeinwesen verschaffen können.“<br />

(Deutsches Institut für Menschenrechte, zit.n. Motakef 2009, 30)<br />

Vor diesem menschenrechtlichen Hintergr<strong>und</strong> ist die Zuständigkeit der Integrationskurse<br />

mit Alphabetisierung für Fragen der Gr<strong>und</strong>bildung zu klären bzw. ggf.<br />

über die Integrationskursangebote hinaus ein entsprechendes Gr<strong>und</strong> bildungs angebot<br />

zu entwickeln, das das Recht auf Bildung einlöst <strong>und</strong> damit neben den Deutschkenntnissen<br />

eine weitere wichtige Voraussetzung für Integration <strong>und</strong> Partizipation<br />

schafft.<br />

9. Partizipation ist nicht nur als Ziel <strong>von</strong> Integrationskursen<br />

mit Alphabetisierung, sondern auch als Prinzip dieser Kurse<br />

umzusetzen.<br />

Nicht zuletzt erscheint es mir wichtig, dass die Anstrengungen in den Inte grationskursen<br />

mit Alphabetisierung Partizipation nicht nur als Ziel verfolgen, sondern<br />

auch bereits während des Unterrichtsgeschehens als Prinzip umsetzen. Angesichts<br />

der vielen Herausforderungen, die diese Kurse an alle Beteiligten stellen, ist die<br />

Fachdiskussion <strong>und</strong> die Materialentwicklung in weiten Teilen noch stark auf technische<br />

Aspekte des Lesens <strong>und</strong> Schreibens beschränkt <strong>und</strong> vernachlässigt bisher<br />

die wichtigen Fragen danach, wie sich gesellschaftliche Partizipation bereits <strong>im</strong><br />

Alphabetisierungskurs anbahnen <strong>und</strong> wie sie sich als Lernchance für den Zweitspracherwerb<br />

nutzen lässt. Damit sind Fragen offener Unterrichtskonzepte, selbstbest<strong>im</strong>mten<br />

Lernens <strong>und</strong> der Autonomieförderung sowie auch soziokultureller Aspekte<br />

des Schriftspracherwerbs <strong>und</strong> des Zweitspracherwerbs illiterater Personen angespro-

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