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Funktionaler Analphabetismus im Kontext von Familie und ...

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<strong>Analphabetismus</strong> <strong>im</strong> Alter 45<br />

Deutsche Alterssurvey, der seit 1996 <strong>im</strong> Auftrag der B<strong>und</strong>esregierung erstellt wird,<br />

beschäftigt sich zum Beispiel mit der Altersgruppe der 40- bis 85-Jährigen (vgl.<br />

Engstler/Motel-Klingebiel 2010, 34).<br />

Im Folgenden bezeichnen wir als ältere Analphabetinnen <strong>und</strong> Analphabeten<br />

Menschen über fünfzig, die erhebliche Probleme mit dem Lesen <strong>und</strong> Schreiben, aber<br />

auch <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>bildungsbereich insgesamt haben, so dass bei ihnen Schwierigkeiten<br />

in der Bewältigung des Alltags auftreten <strong>und</strong> sie nur eingeschränkt am gesellschaftlichen<br />

Leben teilhaben können. Wir haben uns für die Anfangsgrenze „über 50“ entschieden,<br />

da viele Volkshochschulen inzwischen ein besonderes Kursprogramm unter<br />

der Bezeichnung „50 plus“ anbieten. Nach oben ist unsere Altersgruppe offen.<br />

Die Altersgruppe „über 50“ empfehlen wir, in zwei Teilgruppen zu unterteilen:<br />

a) 50- bis 65-Jährige <strong>und</strong><br />

b) Über-65-Jährige.<br />

Diese Unterscheidung ist aus unserer Sicht notwendig, weil in beiden Teilgruppen<br />

unterschiedliche Interessen <strong>und</strong> Motivationen zum Lernen, aber auch für beide unterschiedliche<br />

administrative Voraussetzungen herrschen: Die erste Teilgruppe steht<br />

noch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, die zweite nicht mehr. In den nächsten Jahren<br />

wird sich auf Gr<strong>und</strong> der veränderten Rentengesetzgebung die Grenze auf 67 Jahre<br />

verschieben.<br />

Außerdem sollte man in beiden Teilgruppen zwischen Deutschen <strong>und</strong> Menschen<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> unterscheiden. Dies hat mit den unterschiedlichen Lebens<strong>und</strong><br />

Lernbiographien, aber auch mit dem unterschiedlichen kulturellen Stellenwert<br />

<strong>von</strong> Alter zu tun.<br />

3. Wie viele ältere Analphabetinnen <strong>und</strong> Analphabeten gibt es?<br />

Das ist <strong>im</strong>mer die erste Frage, die Politik, Verwaltung, aber auch Medien stellen, mit<br />

dem Hintergedanken, ob sich der finanzielle, aber auch organisatorische Aufwand<br />

„lohnt“. In Wirklichkeit ist dies eine zutiefst unmenschliche Frage, denn es „lohnt“<br />

sich <strong>im</strong>mer, auch wenn es nur dem Wohl <strong>und</strong> der Würde eines einzelnen Menschen<br />

dient. So schreibt die berühmte Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich 93-jährig<br />

in ihrem Essay „Die Radikalität des Alters“ zu Recht: „Dass die Würde des<br />

Menschen bis zum Tode unantastbar bleibt, ist ein Ziel, für das es sich zeitlebens zu<br />

kämpfen lohnt“ (Mitscherlich 2010, 237). Und zur Würde des Menschen – auch des<br />

alten Menschen – gehört das Recht auf Schrift, das Recht auf Lesen <strong>und</strong> Schreiben.<br />

Trotz unserer Kritik an dieser Frage wollen wir auf sie eingehen. Wie zu erwarten,<br />

lassen sich für Deutschland kaum präzise Antworten finden.<br />

Eine Vorstellung <strong>von</strong> der möglichen Größenordnung gibt der International Adult<br />

Literacy Survey (IALS) <strong>von</strong> 1994, der 1995 erschienen ist. Hier eine Übersicht, die<br />

auf die Altersverteilung in den Ländern, die an der Untersuchung teilgenommen haben,<br />

eingeht.

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