10.05.2015 Aufrufe

Funktionaler Analphabetismus im Kontext von Familie und ...

Funktionaler Analphabetismus im Kontext von Familie und ...

Funktionaler Analphabetismus im Kontext von Familie und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2. Theorie, Konzeption <strong>und</strong> Evaluation des<br />

Berliner Eltern-Kind-Leseprogramms<br />

Familiäre Bedingungsfaktoren <strong>von</strong> Lesekompetenz 67<br />

Im ersten Abschnitt wurden die „natürlichen“ Einflüsse der <strong>Familie</strong> beschrieben<br />

– <strong>im</strong> Anschluss stellt sich die Frage, welche Effekte die <strong>Familie</strong> bei systematischer<br />

Förderung <strong>im</strong> <strong>Kontext</strong> der <strong>Familie</strong> haben kann? Im Folgenden soll daher die<br />

Theorie, Konzeption <strong>und</strong> Evaluation des Berliner Eltern-Kind-Leseprogramms vorgestellt<br />

werden. Die wichtige Funktion der <strong>Familie</strong> <strong>im</strong> Rahmen der Lesesozialisation<br />

soll durch ein gezieltes <strong>Familie</strong>nförderprogramm <strong>im</strong> Bereich des Lesens unterstützt<br />

<strong>und</strong> mitgestaltet werden. Dabei wird aus theoretischer Sicht viel Potential in den<br />

<strong>Familie</strong>n für eine erfolgreiche Förderung gesehen: (a) die Intensität der Intervention<br />

durch die direkte Interaktion <strong>von</strong> einem Elternteil <strong>und</strong> einem Kind (gerade auch <strong>im</strong><br />

Vergleich zu einer Lehrkraft mit einer Klasse), (b) die wichtige Vorbildfunktion der<br />

Eltern für die Kinder, (c) die Chance des lernförderlichen direkten Feedbacks für<br />

die einzelnen Kinder, (d) die mögliche lange Dauer einer Intervention in einem familiären<br />

<strong>Kontext</strong> einschließlich der Möglichkeit <strong>von</strong> „Auffrischungssitzungen“, (e)<br />

die Nachhaltigkeit durch etabliertes kulturelles Kapital bzw. kulturelle Praxis, die<br />

der stabile <strong>Familie</strong>nkontext bieten kann, (f) die soziokulturelle Angemessenheit,<br />

die erreicht werden kann sowie (g) praktische Aspekte wie beispielsweise eine flexible<br />

Zeitplanung der individuellen <strong>Familie</strong>n (McElvany 2008; McElvany/van<br />

Steensel 2009). Gleichzeitig sind mit dem Ansatz aber auch einige substantielle<br />

Herausforderungen verb<strong>und</strong>en. Zu diesen gehört zentral die Tatsache, dass Eltern<br />

keine ausgebildeten Erzieherinnen bzw. Erzieher oder Lehrkräfte sind <strong>und</strong> daher<br />

nicht über das didaktische, pädagogische, fachliche <strong>und</strong> lernpsychologische<br />

Wissen wie diese verfügen. Außerdem bestehen zwischen Eltern <strong>und</strong> Kindern sensible<br />

Beziehungen, die durchaus durch gemeinsame Fördersituationen anders belastet<br />

werden könnten als Lehrer-Schüler-Beziehungen <strong>im</strong> schulischen Lernkontext<br />

(Grolnick 2003). Schließlich sind auch die vorhandenen familiären Belastungen <strong>und</strong><br />

Einschränkungen zu bedenken, die durch den regulären familiären Alltag bestehen<br />

<strong>und</strong> in die eine Fördermaßnahme nicht unbedingt problemlos integriert werden kann.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> gilt es zwei zentrale Forschungsfragen zu klären: Kann<br />

ein systematisches Förderprogramm in <strong>Familie</strong>n (a) <strong>im</strong>plementiert werden <strong>und</strong> ist<br />

es (b) effektiv? Das Berliner Eltern-Kind-Leseprogramm, welches <strong>im</strong> Rahmen dieser<br />

Fragestellungen konzipiert, <strong>im</strong>plementiert <strong>und</strong> evaluiert wurde, besteht aus<br />

43 Sitzungen, die zwei- bis dre<strong>im</strong>al wöchentlich <strong>im</strong> Elternhaus durchgeführt werden<br />

(für eine ausführliche Darstellung des Programms siehe McElvany 2008).<br />

Kurze Handbücher für Eltern <strong>und</strong> Kinder erklären die Struktur <strong>und</strong> Umsetzung der<br />

Sitzungen, deren Ziel vor allem die Elaboration des Gelesenen ist. Eltern <strong>und</strong> Kinder<br />

werden als gleichberechtigte Partner angesehen, die alle Aufgaben gemeinsam bzw.<br />

abwechselnd bestreiten. Durch das Lesen <strong>und</strong> eine begleitende Struktur aus metakognitiven<br />

Fragen, verständnissichernden Kontrollfragen <strong>und</strong> Elaborationsstrategien<br />

sowie motivationsorientierten Elementen (interessante Themen, Malaufgaben etc.)<br />

sollen die Textlesekompetenz sowie leserelevante Merkmale (z.B. der Wortschatz)<br />

gefördert werden.<br />

Eine Evaluationsstudie (McElvany 2008; McElvany/Artelt 2009), die die Effekte<br />

des Programms durch den Vergleich der Interventionsgruppe (N = 104) mit ei-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!