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Funktionaler Analphabetismus im Kontext von Familie und ...

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Berichte <strong>und</strong> Auswertungen zur Tagung<br />

deutlich, wie isoliert alte Menschen leben, wenn das Schreiben <strong>und</strong> Lesen nicht gegeben<br />

ist, wie schwierig es wird <strong>und</strong> welche Seelenqualen daraus entstehen können.<br />

Aber auch alte Menschen können noch zur Schule gehen <strong>und</strong> ihren Horizont öffnen,<br />

Freude am Lernen haben <strong>und</strong> neue Kontakte bekommen.<br />

Der Workshop hat uns allen sehr gut gefallen, wahrscheinlich weil uns die<br />

Schreib- <strong>und</strong> Leseschwäche täglich begleitet <strong>und</strong> wir uns in diesem Beitrag ein bisschen<br />

wiedergef<strong>und</strong>en haben.<br />

Nach der Mittagspause war ich <strong>im</strong> Workshop „Miteinander leben, <strong>von</strong>einander lernen<br />

– Generationen <strong>im</strong> Miteinander“. In diesem Workshop sind wir Oldenburger<br />

Lernende fast geschlossen gewesen. Das war nicht abgesprochen. Und wie das so ist,<br />

haben wir uns erst einmal alle zusammengesetzt. Wie die Hühner auf der Stange saßen<br />

wir da. Wir waren gespannt, was jetzt passieren würde.<br />

Etwa zwanzig Personen saßen sich in einem großen Kreis gegenüber. Zwei junge<br />

Frauen stellten sich uns vor. Melanie Ruckschat erklärte uns ein Kreisspiel. Es<br />

ging auch gleich zur Sache, schnell waren wir alle durcheinander gewirbelt <strong>und</strong> jeder<br />

hatte jetzt einen anderen neben sich sitzen. Ich musste mich erst einmal überwinden<br />

mitzumachen – <strong>und</strong> gleich als Erste. Aber dann hat es viel Spaß gemacht.<br />

Nun bauten sich Ängste <strong>und</strong> Hemmungen ab, doch es sollte noch spannender <strong>und</strong><br />

lustiger werden.<br />

Wir lernten einander mehr kennen, wir konnten uns kleine Geschichten erzählen<br />

<strong>und</strong> daraus Rollenspiele entwickeln. Das hat alles unglaublich viel Spaß gemacht<br />

<strong>und</strong> es wurde viel gelacht. Man konnte sich selber einmal in einem anderen Licht sehen.<br />

Es war sehr beeindruckend, das habe ich so noch nie erlebt. Für mich war das<br />

der beste Workshop.<br />

Anschließend fand ein Forschungs-Praxis-Forum statt. Hier war eine große Ausstellung<br />

<strong>von</strong> Projekten mit Büchern <strong>und</strong> Konzepten aller Art <strong>im</strong> Rahmen der Alphabetisierung<br />

zu sehen. Viele interessante Stände <strong>und</strong> Menschen waren zu sehen. Es<br />

wurde geschaut, geredet, diskutiert, Kaffee getrunken. Es war ein Kommen <strong>und</strong><br />

Gehen. Ich hatte das Gefühl, <strong>im</strong>mer <strong>und</strong> überall war irgendwo in jedem Raum etwas<br />

los.<br />

Ich hatte auch noch etwas Großes vor. Zum ersten Mal in meinem Leben würde<br />

ich mit meinem Lehrer Ach<strong>im</strong> Scholz eine Lesung machen. Vorlesen vor einem großen<br />

Publikum. Wir hatten kleine Geschichten <strong>von</strong> meinen Mitschülern <strong>und</strong> mir, alles<br />

zum Thema „<strong>Familie</strong>“. Das war schon ganz schön aufregend für mich <strong>und</strong> ich hatte<br />

ein bisschen Angst, dass ich mich blamiere. Doch es ging alles gut, der Raum war<br />

voller guter Geister. Meinen Lehrer neben mir, meine Mitlernenden alle in der ersten<br />

Reihe – was konnte mir schon geschehen? Ich habe es gut geschafft.<br />

Später wurde ich ab <strong>und</strong> zu darauf angesprochen <strong>und</strong> gelobt, das machte mich<br />

sehr stolz, denn ich mühe mich schon seit Jahren, um irgendwann einmal ganz<br />

selbstverständlich in die Masse der Alphabetisierten einzugehen, ohne aufzufallen,<br />

<strong>und</strong> ein ganz normales Leben zu haben. Dies war wieder ein Meilenstein dorthin.

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