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The Red Bulletin September 2014 - DE

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SEBASTIAN ROJAS (4)<br />

wollte ich unbedingt auch schaffen. Und<br />

mit jedem Sturz vom Brett lernte ich ein<br />

bisschen dazu.<br />

SUP war damals noch ziemlich neu.<br />

Wie reagierten die Leute darauf, dass<br />

ein junges Mädchen mit einem Paddel<br />

daherkam?<br />

Die meisten wussten gar nicht, was das<br />

war. Es kam vor, dass mich Typen fragten:<br />

„Was machst du mit dem Paddel?“ Aber<br />

mir war das ehrlich gesagt völlig egal.<br />

Das Wichtigste für mich war, dass ich<br />

im Wasser war und Spaß haben konnte.<br />

Und das konnte ich. Egal ob an einem Tag<br />

große Wellen reinkamen oder kleine.<br />

Wie wurde aus dem Spaß Ernst?<br />

Der große Schritt erfolgte 2010. Ich war<br />

damals schon auf dem College, Stand-Up-<br />

Paddling kam gerade immer mehr in<br />

Fahrt, ich machte mich ganz gut, hatte<br />

sogar schon Angebote von Sponsoren.<br />

Also sagte ich zu meiner Mutter: „Komm<br />

schon, ich habe meinen Teil mit dem<br />

College erledigt, kann ich jetzt Surferin<br />

sein?“ Ich muss ziemlich überzeugend<br />

gewesen sein. Denn sie sah schnell ein,<br />

dass es keinen anderen Weg für mich gab.<br />

Und erlaubte mir, 2010/11 zwei Monate<br />

in Hawaii zu verbringen.<br />

… man fährt aber nicht einfach nach<br />

Hawaii und sagt: Hallo, da bin ich,<br />

ich bin jetzt Profi.<br />

Nein, darum ging es anfangs auch überhaupt<br />

nicht. Es ging darum, mich selbst<br />

einordnen zu können, also herauszufinden,<br />

was ich draufhabe, auch im Vergleich<br />

mit anderen. Als ich ankam, stürzte<br />

ich mich gleich mal in die Wellen von Jaws.<br />

Ich bin zwar nur die kleineren geritten,<br />

aber wir sprechen hier noch immer von<br />

30-Fuß-Wellen! (Rund 9 Meter, Anm.)<br />

Gewaltigen Dingern. Als ich die geschafft<br />

hatte, wusste ich, ich kann’s packen.<br />

Wie hat es sich angefühlt, in diese<br />

Monster zu droppen?<br />

Einfach geil, unglaublich.<br />

… ich meinte: wegen der Angst.<br />

Im Vorhinein habe ich nie Angst. Manche<br />

können in der Nacht vorher nicht schlafen,<br />

aber da bin ich total entspannt. Ich schlafe<br />

wie ein Baby. Erst als ich tatsächlich im<br />

Revier stand, wurde mir die schiere Größe<br />

dieser Dinger bewusst. Da war ich schon<br />

ein wenig eingeschüchtert.<br />

SUP erlebt in letzter Zeit einen echten<br />

Boom. Wie sehen Sie die Entwicklung?<br />

Es hat sich vieles geändert, angefangen<br />

bei den Boards bis hin zur Anzahl der<br />

Leute, die den Sport betreiben. Ich glaube,<br />

die Erklärung ist ganz einfach. Es hat deshalb<br />

solchen Zulauf, weil es nicht aufs<br />

Meer beschränkt ist. Du kannst auf Seen<br />

paddeln, auf Stauseen. Und wenn man<br />

mit einem großen Board anfängt, schafft<br />

„... UND ICH ZU <strong>DE</strong>N<br />

JUNGS NUR: ,GEHT MIR<br />

AUS <strong>DE</strong>M WEG. ICH<br />

WEISS, WAS ICH TUE.‘“<br />

man es sofort, darauf zu stehen und loszupaddeln.<br />

Es gibt sogar aufblasbare<br />

Varianten. Jeder, einfach jeder kann es<br />

machen, beinah überall. Das ist das Entscheidende.<br />

Der Rest ist logisch: Aus der<br />

Einfachheit entsteht Popularität, daraus<br />

entsteht weiteres Wachstum, zusätzliche<br />

Aufmerksamkeit der Medien, was zu mehr<br />

Sponsoren führt, zu mehr Investitionen,<br />

mehr Events und mehr Leuten, die zeigen,<br />

was sie draufhaben. Das ist natürlich für<br />

mich das Wichtigste. Was wäre es wert,<br />

ein toller SUP-Boarder zu sein, wenn es<br />

keine Wettbewerbe gäbe, in denen man<br />

sich mit anderen messen kann?<br />

Und wie steht es um das Verhältnis von<br />

Stand-Up-Paddleboardern und Surfern?<br />

Na ja, einige Leute mögen uns nicht wirklich<br />

… (lacht). In Hawaii haben sie mich<br />

mal aus dem Wasser gejagt. In Brasilien<br />

hatte ich nie Probleme, aber in Waimea<br />

(in Hawaii; Anm.) kam ein Einheimischer<br />

und sagte, ich solle raus aus dem Wasser<br />

und mich hier nicht mehr blicken lassen;<br />

dass es gefährlich sei, wenn ich hier surfte.<br />

Inwiefern gefährlich?<br />

Das ist die Kehrseite des Erfolgs: Leute, die<br />

nie zuvor gesurft sind, stellen sich einfach<br />

so auf ein SUP-Board. Es ist von Anfang<br />

an viel leichter, auf so einem Brett aufzustehen,<br />

also kann es vorkommen, dass<br />

Anfänger gleich mal überall rumkreuzen<br />

… und das kann natürlich gefährlich<br />

werden. Für sie selbst und für andere.<br />

Wann haben Sie angefangen, an Wettkämpfen<br />

teilzunehmen?<br />

Während meiner zweiten Saison in<br />

Hawaii, das war 2011/12. Es gab bereits<br />

eine Weltmeisterschaft für Männer, aber<br />

nur einen Demo-Bewerb für Frauen. Den<br />

gewann ich, außer mir haben damals<br />

15 Mädchen teilgenommen, alles Hawaiianerinnen.<br />

Danach fragte ich den Organisator,<br />

ob ich am Bewerb der Männer<br />

teilnehmen könnte, der fand in Sunset<br />

statt, einem Revier mit viel größeren<br />

Wellen. Er sagte, ich könne, allerdings in<br />

einer „Oh, das Mädchen ist verrückt, und<br />

ich streite mich mal lieber nicht mit ihr“-<br />

Art. Er ließ mich am Probetraining der<br />

Männer teilnehmen. Die Wellen waren<br />

richtig groß an diesem Tag, über zwölf Fuß<br />

(knapp 4 Meter, Anm.). Mir war ein wenig<br />

mulmig, und ich dachte: „Wo hab ich mich<br />

da bloß reingeritten?“ Als ich im Wasser<br />

war, brach gleich eine Reihe riesiger<br />

Wellen über mir. Ich konnte aber natürlich<br />

nicht mehr zurück. Und nach einiger<br />

Zeit surfte ich sogar eine richtig gute<br />

Welle … eine Sekunde nach Ende des<br />

Heats – es zählte also nicht. Ich wurde<br />

Dritte von dreien. Doch sie sagten mir,<br />

wenn die letzte Welle gewertet worden<br />

wäre, hätte ich mich für die nächste Runde<br />

qualifiziert. Jeder kam zu mir, gratulierte,<br />

ich erntete viel Respekt dafür, wie ich<br />

diesen Heat durchgezogen hatte – sogar<br />

von Typen, die ich bewunderte.<br />

Werden weibliche Surfer nicht ganz<br />

allgemein von Männern unterschätzt?<br />

Auf Hawaii kam es vor, dass mich Typen<br />

am Weg ins Wasser stoppen wollten und<br />

mich fragten: „Bist du sicher, dass du das<br />

packst?“ Und ich nur so: „Klar. Geht mir<br />

einfach aus dem Weg.“ (Lacht.) Ich weiß<br />

schon, was ich mir zutrauen kann.<br />

Begleiten Ihre Eltern Sie auch ab und<br />

zu auf Ihren Trips?<br />

Nicht mehr. Wenn mir mein Vater beim<br />

Surfen zusieht, gibt er mir ständig irgendwelche<br />

Ratschläge … und er ist dabei<br />

nicht wirklich, äh, zurückhaltend, sagen<br />

wir es so.<br />

Sie sind die Frau, die es derzeit zu<br />

schlagen gilt. Ist es schwer, damit<br />

umzugehen, dass alle auf Sie schauen?<br />

Mir geht’s gut damit. Ich dachte, es würde<br />

schlimmer sein. Natürlich höre ich bei<br />

jedem Tour-Stopp den Sprecher: „Und<br />

nun: die Weltmeisterin – Nicole Pacelli!“<br />

Jeder will also sehen, ob es dieses Weltmeister-Mädel<br />

wirklich draufhat. Beim<br />

ersten Tour-Stopp dieser Saison in Hawaii<br />

war mein Foto am Poster des Contests, da<br />

dachte ich: „Okay, jetzt musst du zeigen,<br />

was du kannst.“ Zum Glück war ich aber<br />

wieder total entspannt, als ich ins Wasser<br />

ging. Das ist eine meiner Stärken: Ich<br />

bleibe locker und tu, was ich tun muss.<br />

watermanleague.com<br />

THE RED BULLETIN 63

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