Mitteilungen 82 April 2012 - Geschichte in Schleswig-Holstein

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6 1801 hatte sich gezeigt, dass der einst florierende dänische Asienhandelnunmehr auf tönernen Füßen stand. Es gehörten am Vorabend der NapoleonischenKriege schon eine gehörige Portion an Idealismus und eine tiefeNeigung zum Orient hinzu, um sich auf eine solche Stelle zu bewerben.Schon nach kurzer Zeit lief denn auch alles auf einen Kandidaten heraus:auf Nathaniel Wallich. Obwohl aus Altona eingewandert, gehörte der VaterWolf Lazarus Wallich in Kopenhagen keineswegs zu den Unbekannten.So hatte er sich seit längerem im Kontext der jüdischen Emanzipationsbewegungprofiliert und verfügte über beste Kontakte zur Führungseliteim Gesamtstaat. Der Sohn hatte im Kopenhagen der Jahrhundertwendezunächst mit dem Studium der Veterinärmedizin begonnen, um anschließendan der dortigen Chirurgischen Akademie die praktische Chirurgiezu erlernen. Als er sich im Jahre 1806 um die Position des Chirurgus vonSerampore bewarb, konnte er allerdings nur eine geringe Berufserfahrungvorweisen, die er vor allem im Kopenhagener Frederiks-Hospital gesammelthatte. Für den Erfolg der Bewerbung dürften in Anbetracht dieses Defizitsdie Empfehlungsschreiben seiner akademischen Lehrer Hornemann, Vahl,Schumacher und Viborg nicht unbedeutend gewesen sein.Was konnte Wallich zu dieser Zeit von Indien und den dort gelegenendänischen Handelsplätzen wissen, das einen solch großen Reiz auf ihn ausgeübthätte, sich um die offene Stelle zu bewerben? Unübersehbar waren inder dänischen Hauptstadt die architektonischen Zeugnisse eines jahrhundertelangenfruchtbaren Austausches mit Asien: Schon seit dem 17. Jahrhundertreckte sich der drachenbekrönte Turm der Kopenhagener Börsedirekt neben dem Schloss Christiansborg in den Himmel, der die dänischeAffinität zum sagenhaften Orient symbolisierte. In Christianshavn lag dasvom Hofbaumeister Nicolai Eigtved zwischen 1748 und 1750 errichteteGebäudeensemble der Asiatischen Kompanie. Von hier aus segelten Jahrfür Jahr in den Wintermonaten die Ostindienfahrer in Richtung Tranquebar,Serampore oder China ab, die damals zu den größten Handelsschiffenüberhaupt zählten. Neben diesen allzu sichtbaren Bindegliedern mit demOrient dürfte aber in erster Linie Wallichs tiefes Interesse an der Botanikeine Rolle gespielt haben. Auch wenn diese Wissenschaft ohnehin einenBaustein des regulären Medizinstudiums ausmachte, war Wallichs Begeisterungfür Pflanzen doch weitaus tiefer gewesen. Schon während seinesStudiums hatte er beim berühmten Hofgärtner Holbøll hospitiert, ihn inder alltäglichen Gartenarbeit unterstützt und auf diese Weise den Schlossparkvon Frederiksberg sowie den Botanischen Garten Kopenhagens bis insDetail kennengelernt. Ein Aufenthalt in Indien dürfte allein in botanischerHinsicht von großem Reiz gewesen sein. Auch wenn die als eigenständigeWissenschaft betriebene Botanik zu dieser Zeit in Indien bereits hoch entwickeltwar und der Botanische Garten von Kalkutta unter dem großen
Gelehrten William Roxburgh eine weltweit einzigartige Forschungseinrichtungdarstellte, waren doch viele Regionen dieses weiten, unbekanntenLandes noch weiße Flecken auf der botanischen Landkarte. Hier ließensich durch beharrliche Feld- und Forschungsarbeit grundlegende, neue Erkenntnissegewinnen, auf die sich eine internationale Karriere als Forscherwürde gründen lassen.Letztlich ging alles sehr schnell: Zwischen Bewerbung und Ernennungzum königlichen Chirurgus am 1. November 1806 vergingen gerade einmalsechs Wochen. Nicht einmal die Tatsache, dass Wallich jüdischen Glaubenswar und aus diesem Grunde eigentlich überhaupt nicht in den Staatsdiensthätte aufgenommen werden dürften, spielte so kurz vor der rechtlichenEmanzipation der Juden eine nennenswerte Rolle. Kaum zwei Wochennach seiner Ernennung bemühte sich der vielversprechende Nachwuchsmedizinerum eine angemessene Ausstattung für seine künftige Tätigkeit inBengalen. Zum einen galt sein Bestreben der Bewilligung von Geldmitteln7Polizeizeugnis, ausgestellt an Wallich vor dessen Abreise nach Serampore
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