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Diplomarbeit - Institut für Germanistik

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zeitlicher und räumlicher Distanz betrachtet, tendiert der Mensch zu einer positiveren<br />

Sicht der vergangenen Zeit. 35 Dass aber eine Rückkehr in die Welt der<br />

Kindheit nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Kindheit ist ein unwiederbringlicher<br />

Abschnitt im Leben des Menschen, durch die voranschreitende Zeit und<br />

die damit einhergehenden Veränderungen, sowohl der Umgebung, als auch<br />

des Menschen selbst, endet eine Rückkehr oft in Enttäuschung. Wohl aber wird<br />

in der Heimat der Kindheit der Grundstein <strong>für</strong> die menschliche Identitätsentwicklung<br />

gelegt. Eine Heimat zu haben, irgendwo daheim zu sein, ist ein elementares<br />

menschliches Bedürfnis. Wie sich die Suche nach Heimat beim Einzelnen<br />

gestaltet und wovon der Erfolg letzten Endes abhängt, lässt sich nicht verallgemeinern:<br />

„Heimat ist demnach kein festschreibbarer kollektiver Wert, sondern<br />

ein offenes System, das vom einzelnen Individuum im fortschreitenden Prozess<br />

der Identitätsfindung erworben und modifiziert wird.“ 36<br />

Ob tatsächlich die Kindheit als einzige Heimat bezeichnet werden kann, darf<br />

hinterfragt werden. Wahrscheinlicher ist schon die These, dass die Fähigkeit,<br />

sich aufgrund der in der Kindheit erworbenen Konzepte neue Lebensräume als<br />

Heimat anzueignen, eine wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> jeden Menschen ist. Speziell<br />

in der heutigen Gegenwart, die ein Höchstmaß an Mobilität bietet und auch<br />

verlangt, und vor dem Hintergrund immenser Migrationsbewegungen werden an<br />

das Heimatkonzept des modernen Menschen völlig neue Anforderungen gestellt.<br />

Die obigen Erörterungen zu außerliterarischen Heimatkonzepten bilden<br />

den Hintergrund <strong>für</strong> den zweiten, analytischen Teil dieser Arbeit. Sie sind bei<br />

der Analyse stets im Auge zu behalten. Das nächste große Kapitel widmet sich<br />

nun dem Wandel des Heimatbegriffes in der Literatur, wobei der Schwerpunkt<br />

auf Österreich gelegt wird. Da Literatur immer auch die gesellschaftlichen und<br />

politischen Verhältnisse widerspiegelt und thematisiert, werden diese selbstverständlich<br />

miteinbezogen werden.<br />

35 Vgl. Fetscher, Iring: Heimatliebe – Brauch und Missbrauch eines Begriffes. In: Görner, Rüdiger<br />

(Hg.): Heimat im Wort. Die Problematik eines Begriffes im 19. und 20. Jahrhundert. München:<br />

Iudicium 1992, S. 15 – 35, S. 15 – 16.<br />

36 Prahl 1993, S. 37.<br />

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