Diplomarbeit - Institut für Germanistik
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Literaturgeschichte, oder an das Gleichnis vom verlorenen Sohn aus dem Lukasevangelium.<br />
Besonders in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich in Deutschland<br />
das Entstehen einer eigenen Heimkehrerliteratur beobachten, die sich mit den<br />
Bemühungen der heimgekehrten Soldaten um eine Rückkehr ins zivile Leben<br />
beschäftigt.<br />
Grundsätzlich lassen sich in Bezug auf die Verwendung des Heimkehrmotivs<br />
zwei einander entgegen gesetzte Tendenzen erkennen. Zum einen kann eine<br />
bevorstehende oder beabsichtigte Heimkehr einen festen Orientierungspunkt<br />
bieten, der zur Selbstbesinnung anregt. Die Aussicht auf eine Rückkehr sichert<br />
die Identität des Heimkehrers, verleiht Zuversicht und sorgt <strong>für</strong> Ruhe und Zuflucht<br />
vor der bedrohlichen Welt. Die zweite Variante des Heimkehrmotivs<br />
nimmt die Rückkehr (beispielsweise aus Studium, Verbannung oder Emigration)<br />
zum Anlass, Umwelt und Gesellschaft kritisch zu beleuchten beziehungsweise<br />
mit den in der Heimat Verbliebenen abzurechnen. 119 Im Spannungsfeld zwischen<br />
diesen beiden Ansätzen bewegen sich auch die Protagonisten der <strong>für</strong><br />
diese Arbeit ausgewählten Werke.<br />
Wenn auch die historische Präsenz des Motivs außer Frage steht und Motive<br />
weder an bestimmte Stoffe oder Genres gebunden sind, so erscheint dessen<br />
Verwendung im Genre der Anti-Heimat-Literatur doch etwas verwunderlich,<br />
wenn nicht paradox. Die Heimkehr des Protagonisten widerspricht der Grundtendenz<br />
der Anti-Heimat-Literatur, ist diese doch vorrangig durch eine Fluchttendenz<br />
gekennzeichnet. Heimat wird gesehen als „Maske eines sozialen Ortes,<br />
aus dem es wegzugehen gilt.“ 120 Dazu sei verwiesen auf das Schicksal<br />
Holls bei Franz Innerhofer oder jenes der Protagonisten in den Romanen Gernot<br />
Wolfgrubers, deren Bestrebungen darauf abzielen, der einengenden und totalitären<br />
ländlich-provinziellen Lebenswelt zu entfliehen. Die Werke Gernot<br />
Wolfgrubers, eines der bedeutendsten Vertreter der Anti-Heimat-Literatur, können<br />
als beispielhaft <strong>für</strong> diese Tendenz gesehen werden. Bei Wolfgruber steht<br />
der Wunsch nach Veränderung im Zentrum der Romane. Die Hoffnungen, die<br />
an ein Entkommen aus der gegenwärtigen Lebenssituation gekoppelt sind, ba-<br />
119 Vgl. Daemmrich/Daemmrich 1995, S. 188 – 189.<br />
120 Zeyringer 2001, S. 166.<br />
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