Diplomarbeit - Institut für Germanistik
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das Ende der Heimatkunst und den Beginn der Blut-und-Boden-Literatur markiert<br />
formuliert dies so: „Die Kunst, die nur Heimatkunst ist, ist kleiner Art; hohe<br />
deutsche Kunst ist alldeutsch.“ 59<br />
In der Blut-und-Boden-Literatur erreicht die Ideologisierung von Heimat ihren<br />
Höhepunkt. Elemente wie Heroisierung des Bauerntums und Abwertung der<br />
städtischen Unkultur werden beinahe unverändert von der Heimatkunst übernommen.<br />
3.3 Heimatroman<br />
Sowohl in der Heimatkunst, als auch in der Blut-und-Boden-Literatur des Nationalsozialismus<br />
war der Roman die mit Abstand häufigste formale Gattung.<br />
Noch Jahrzehnte nach Kriegsende erfreuten sich Heimatromane großer Beliebtheit.<br />
Der Heimatroman bedient sich gewisser Schemata, die mehr oder weniger<br />
stark variiert werden. Wesentlichste strukturelle Merkmale sind unreflektiertes<br />
lineares Erzählen über längere Zeitspannen, die Darstellung des ländlichen<br />
Raumes/Dorfes/Bauernhofes als geschlossener, gesellschaftsautarker<br />
Raum, ein weitgehender Verzicht auf psychologische Analysen, Addition und<br />
Kumulation von Schicksal, sowie starre ingroup-outgroup-Konstellationen. 60 In<br />
einem falschen Heimatverständnis liegen auch die Wurzeln des Chauvinismus<br />
begründet. Eine Identifikation mit einer (angepassten) Mehrheit, die sich hauptsächlich<br />
über räumliche Kriterien von anderen Gemeinschaften abgrenzt, bei<br />
gleichzeitigem schwach ausgeprägtem Selbstbewusstsein des Einzelnen, führt<br />
zu einer Angst gegenüber Fremdem, als deren unmittelbarer Ausdruck die Xenophobie<br />
gesehen werden kann. 61<br />
Es ist genau dieses Verständnis von Heimat, das in der traditionellen Heimatliteratur<br />
propagiert wird. Die Heimatliteratur lobt das beschränkte Leben des Einzelnen,<br />
nicht den individualisierten und emanzipierten Menschen. Das Thema<br />
einer gescheiterten Individualisierung wird oft mit dem Motiv des Heimkehrers<br />
59<br />
Löns, Hermann, zit. n. Rossbacher 1975, S. 126.<br />
60<br />
Vgl. Rossbacher, in: Plener/Zalan (Hg.) 1997, S. 117 – 120.<br />
61<br />
Vgl. Frisch, Max: Die Schweiz als Heimat? Rede zur Verleihung des Großen Schillerpreises.<br />
In: Ders.: Schweiz als Heimat? Versuche über 50 Jahre. Herausgegeben und mit einem Nachwort<br />
versehen von Walter Obschlager. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1990, S. 365 – 373, S. 371.<br />
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