Diplomarbeit - Institut für Germanistik
Diplomarbeit - Institut für Germanistik
Diplomarbeit - Institut für Germanistik
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Der gesunde Bauer steht in der Heimatkunst dem kranken Städter, Intellektuellen<br />
oder Fremden gegenüber. Wie eine Gesundung des deutschen Volkes zu<br />
geschehen habe, erklärt folgende Aussage des Heimatkunsttheoretikers Ernst<br />
Wachler: „Die Mittel, die die Gesundheit, Schönheit und Kraft der Deutschen<br />
aufs höchste steigern, können nur bestehen in der Reinigung des Volkstums,<br />
der Ausscheidung oder der Aufsaugung des Fremden, Vernichtung des Entarteten.“<br />
49 Entsprechend dieser Philosophie lässt sich als beliebtes Motiv in vielen<br />
Werken die Gesundung kranker Menschen beobachten. Hauptfigur ist dabei oft<br />
ein kranker, reicher, eventuell adeliger Mann, der von der Großstadt aufs Land<br />
zieht, in der Hoffnung dort gesund zu werden. Die Landschaft, die Kräfte des<br />
Volkstums und vielleicht noch ein hübsches, natürliches Mädchen bewirken die<br />
Genesung. 50 Sehr oft ist es auch ein Heimkehrer, der das Lob des Dorfes ausspricht<br />
und die Gegensätze zwischen Stadt und Land hervorhebt:<br />
16<br />
Die Konnotationen spielen in den Bereich des Wiedergewinnens, der<br />
schrittweisen Wiederaneignung von ehemals Gehabtem und Unverändertem.<br />
Längere Abwesenheit bringt zudem häufig die Jugendperspektive<br />
ins Bild. Wesentliche Komponenten eines so gesehenen<br />
Heimatdorfes sind: die Suggestion von Einheit und Geschlossenheit,<br />
aber ohne Enge; […] weiters Rauch, Herd, Nestwärme, Nahrung:<br />
das alles sind Attribute eines Ortes, an dem gut sein ist. 51<br />
In Anlehnung an die Unterscheidung, die Bastian getroffen hat, kann man den<br />
Heimatbegriff der Heimatkunst als primär räumlichen definieren. Der „Aspekt<br />
von Schollenverhaftetheit“ 52 steht im Vordergrund, der Bereich der Gesellschaft<br />
ist ausgeklammert, das Regionale und Dörfliche ist dem Sozialen vorgelagert:<br />
„Eine wahre Heimat hat der Mensch erst, wenn er Grundbesitz und insbesondere<br />
Landbesitz hat.“ 53<br />
Diese Verbindung von Heimatgefühl mit einer primär räumlichen Fixierung impliziert<br />
natürlich eine Ablehnung weniger stark verwurzelter Individuen. Fremden<br />
und Wandernden wird mit Misstrauen und Ablehnung begegnet. Wer von außerhalb<br />
kommt, also der „outgroup“ angehört, hat es schwer, sich in das festge-<br />
49 Wachler, zit. n. Rossbacher 1975, S. 54.<br />
50 Vgl. Rossbacher 1975, S. 54.<br />
51 Rossbacher 1975, S. 141.<br />
52 A. a. O. 1975, S. 106.<br />
53 Langbehn, Julius, zit. n. Rossbacher 1975, S. 108.