20.11.2012 Aufrufe

Diplomarbeit - Institut für Germanistik

Diplomarbeit - Institut für Germanistik

Diplomarbeit - Institut für Germanistik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

deutschlands sieht, so steht doch längst außer Frage, dass die österreichische<br />

Bevölkerung in nicht unbeträchtlichem Ausmaß an den Verbrechen des Zweiten<br />

Weltkrieges beteiligt war. Verdrängung der Vergangenheit, der eigenen wie der<br />

kollektiven, war also angesagt. Die Schatten des Nationalsozialismus reichten<br />

tief in die ländlichen Gebiete hinein. Man war zu sehr damit beschäftigt die eigenen<br />

Identitäten zu verschleiern oder zu wechseln, als dass man sich mit dem<br />

Aufbau von Heimatgefühlen beschäftigen konnte. Österreich war ein Staat auf<br />

der Landkarte, zustande gekommen am Verhandlungstisch, aber als Heimat tabuisiert.<br />

Anschließend daran setzte die, schon nach dem Anschluss 1938 begonnene,<br />

Vermarktung des Landes als Tourismusregion voll ein, Heimat wurde<br />

zu einer „Event-Landschaft“ 96 . Zwar brachte der Tourismus Wohlstand in bis dato<br />

rückständige Regionen, zerstörte aber vollends die Identität der dort lebenden<br />

Menschen. 97<br />

In literarischer Hinsicht fehlten der österreichischen Generation von Nachkriegsschriftstellern<br />

die Vorbilder. Viele von Österreichs renommiertesten Namen<br />

waren im Exil verstorben (Robert Musil, Franz Werfel) oder kehrten nach<br />

Kriegsende nicht mehr nach Österreich zurück (Hermann Broch, Elias Canetti).<br />

<strong>Institut</strong>ionen und Autoren wie die Gruppe 47 oder Wolfgang Borchert in<br />

Deutschland gab es im Nachkriegsösterreich nicht. 98 Angesichts dieser Entwicklungen<br />

scheint es <strong>für</strong> Menasse nur logisch, dass „in Österreich mit der sogenannten<br />

´Anti-Heimat-Literatur` eine im internationalen Vergleich völlig eigenständige,<br />

neue literarische Gattung entstanden ist: Österreich ist die Anti-<br />

Heimat par excellence.“ 99<br />

Menasse ist der erste, welcher der österreichischen Anti-Heimat-Literatur den<br />

höchsten Stellenwert einräumt: „Aber die Anti-Heimat-Literatur ist nicht nur eine<br />

eigenständige österreichische Gattung, sie ist vor allem auch die wichtigste, die<br />

dominanteste Form der Literatur in der Zweiten Republik.“ 100<br />

96<br />

Aspetsberger, in: Plener/Zalan (Hg.) 1997, S. 65.<br />

97<br />

Vgl. Menasse, in: Ders. 2005, S. 94 – 101.<br />

98<br />

Vgl. Olson, Michael P.: Robert Menasse`s Concept of Anti-Heimat Literature. In: Daviau,<br />

Donald G. (Hg.): Austria in Literature. Riverside: Ariadne Press 2000, S. 153 – 165, S. 155 –<br />

156.<br />

99<br />

Menasse, in: Ders. 2005, S. 101.<br />

100<br />

A. a. O.<br />

30

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!