Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann
Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann
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Verkehr und Post<br />
Der Bahnhof Jannowitz, an der Hauptstrecke Görlitz- Hirschberg-Breslau gelegen war Haltestelle für Personen- und Eilzüge und<br />
hatte auch einen ansehnlichen Güterumschlag. Über die vor dem ersten Weltkrieg neu erbaute Kreisstraße Jannowitz - <strong>Kupferberg</strong><br />
- Merzdorf war der Bahnhof, etwa 1 1/2 km entfernt, gut zu erreichen. Eine Postautoverbindung zum und vom Bahnhof Jannowitz<br />
gab es auch. Haltestelten waren heim Gasthaus <strong>zur</strong> Brauerei und beim “Schwarzen Adler“. Mit dieser Verbindung wurde auch der<br />
Post- und Paketdienst abgewickelt. Wegen des geringen Verkehrsaufkommens während der Wirtschaftskrise wurde Verbindung<br />
zeitweise eingestellt. Ansonsten war es möglich früh, mittags und abends die am Bahnhof ankommenden oder abfahrenden Züge<br />
mit dieser Postautoverbindung zu erreichen. Eine Verbindung mit Fischbach bestand auf diese Weise ebenfalls.<br />
Straßen und Wege zu den umliegenden Orten wurden bereits im 1. Abschnitt der <strong>Chronik</strong> (Bergwacht Nr.20/1985) geschildert. Die<br />
Postagentur in <strong>Kupferberg</strong> wurde vom Rendanten Hermann Breuer und seiner Frau betrieben. Für die Hauszustellung gab es einen<br />
Briefträger. “Postbreuers“ Haus, in dem die Agentur eingerichtet war, stand als letztes Haus vor dem Eingang zum Dominium.<br />
Mit der Übernahme der Postagentur durch Rudi Wiemernd seine Frau befand sich diese im Wiemer-Haus in der Mitte der oberen<br />
Marktseite.<br />
Bahngüter, die im Bahnhof Jannowitz für <strong>Kupferberg</strong> ankamen, wurden vom Rollfuhrunternehmer Hermann Kleinert, zuletzt von<br />
Sohn Gottfried Kleinert aus Jannowitz, den Empfängern ins Haus gebracht.<br />
Hermann Hirsch<br />
Die letzten zehn Jahre<br />
Eigene Erfahrungen und Berichte von Mitbürgern, die diese Zeit erlebten, sind die Grundlage für den folgenden Abschnitt der<br />
<strong>Chronik</strong>. Schönfärberei, aber auch jede noch so berechtigte Feindseligkeit wurde vermieden.<br />
Das Dritte Reich begann, als ich noch <strong>zur</strong> Volksschule ging. Unser Lehrer, Herr Kantor Müller hing an den Kartenständer im<br />
Klassenzimmer eine schwarz-weiß-rote Fahne, nicht anders als sonst - zum Beispiel zum „Verfassungstag“ eine schwarz-rotgoldene.<br />
Er verlas uns eine Mitteilung, die er wohl vom Schulamt erhalten hatte und gab dazu noch einige Erklärungen ab. Was wußten<br />
wir Kinder schon, welche Zeit nun begann.<br />
A m 1.4.1935 trat ich meine Lehrzeit als Verwaltungslehrling bei der Stadtverwaltung <strong>Kupferberg</strong> an. Wirtschaftlich ging es aufwärts.<br />
Es gab keine Arbeitslosen mehr. Deren Not und Elend zu Zeiten der Wirtschaftskrise vor 1933 war fast vergessen. Autobahnbau<br />
und andere Aktivitäten forderten aber den Einsatz von Arbeitern und Fachkräften auch fern der Heimat. Warum der Bürgermeister<br />
als Ortspolizeibehörde vertrauliche Auskünfte <strong>über</strong> private und politische Einstellung dieser auswärts arbeitenden <strong>Kupferberg</strong>er<br />
erteilen musste, erfuhr ich erst später, als die Wehrpflicht eingeführt und die Aufrüstung Deutschlands offen betrieben wurde<br />
Es gab in <strong>Kupferberg</strong> Leute, die als „Schwarzseher“ betrachtet wurden, weil sie meinten, dass Hitler Krieg bringe. Wie recht diese<br />
Leute hatten, die eben schon weit vorausblickten Mit der Wehrpflicht kamen die ersten Einberufungen. Die dann abgehaltenen<br />
Herbstmanöver brachten Einquartierungen und Manöverbälle. In der Stadtverwaltung ging es immer turbulenter zu, denn das<br />
Erfassungswesen und die Statistiken brachten zusätzliche Arbeit genauso wie der von vielen geforderte arische Nachweis. der<br />
besonders Standesämter belastete. Staat und Partei waren fast nicht mehr auseinander zu halten. So kamen <strong>über</strong>raschend zivile<br />
Polizeibeamte aus Liegnitz und alle bekannten Bibelforscher mußten <strong>zur</strong> Vernehmung herbeigeholt werden.<br />
Der Bürgermeister, selbst ein Alt-Parteimitglied, konnte nicht verhindern, dass diese Mutbürger festgenommen wurden und für<br />
einige Zeit verschwanden. Als sie wieder daheim waren, war nicht zu erfahren, was ihnen geschehen ist.<br />
Die im Amtsbezirk wohnenden Juden wurden zwar registriert, blieben aber alle unbehelligt.<br />
Noch während meiner Lehrzeit kamen Flüchtlinge aus dem Osten nach <strong>Kupferberg</strong>: Herr Stolpe mit Familie aus Lissa in der<br />
ehemaligen Provinz Posen und Herr Rose mit Frau aus der russischen Ukraine. Von den Verfolgungen, die sie als deutsche<br />
Volkszugehörige in Polen und in der Sowjetunion erdulden mußten, wußten sie einiges zu berichten.<br />
Ansonsten verlief das Leben in <strong>Kupferberg</strong> in den Jahren vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges in jeder Hinsicht harmonisch. Die<br />
Menschen waren bei ihren bescheidenen Ansprüchen zufrieden, da sie einen Arbeitsplatz und somit auch ihr Auskommen hatten. Auf<br />
den Bauplätzen am Wege von der Gärtnerschmiede nach Waltersdorf entstanden drei Eigenheime. Als erster bezog Herr Reimann,<br />
Mühlenbesitzer aus Oberschlesien, mit seiner Familie sein neu erbautes Haus. Das neue Schulgebäude wurde 1938 fertig.<br />
Mit dieser Fortsetzung sollte von den Kriegsjahren 1939 – 1945 berichtet werden, Doch ein Brief, den ich heute von Heimatfreund<br />
Erich Gläser aus <strong>Kupferberg</strong> erhielt, veranlaßt mich, noch einiges <strong>über</strong> die Jugendbewegung nach 1933 zu schreiben.<br />
“Turner auf zum Streite“ sangen wir <strong>Kupferberg</strong>er Volksschüler, wenn wir <strong>zur</strong> Turnstunde mit Kantor Müller oder Kantor Triebs<br />
zum Sportplatz marschierten. Das linderte sich, als noch vor der Macht<strong>über</strong>nahme ein Spielmannszug. bestehend aus den Knaben<br />
der beiden Volksschulen, aufgestellt wurde. Blockflöten und Trommeln wurden angeschafft und die musikalische Ausbildung<br />
<strong>über</strong>nahmen Bruno und Wilhelm Baumgart, beide Mitglieder des Spielmannszuges der freiwilligen Feuerwehr <strong>Kupferberg</strong>. Bald<br />
war es soweit, daß wir mit dieser Schulkapelle zum Turnen zogen. Sogar Märsche, wie der Hohenfriedeberger und der Torgauer,<br />
wurden eingeübt und gespielt. Die Blockflöten waren nicht gerade lautstark und wurden von den Trommlern oft <strong>über</strong>tönt. Doch<br />
später wurden Querpfeifen mit Mundstücken verwendet, die besser zu hören waren. Tambourmajor war Kurt Gläser.<br />
Zu dieser Zeit waren Schüler und Jugendliche in <strong>Kupferberg</strong> bei verschiedenen Organisationen gruppiert. Es gab die Kreuz-<br />
Pfadfinder (Sitz in Jannowitz), die St.-Georg-Pfadfinder, die Scharnhorstjugend, später auch die Landjugend und natürlich auch<br />
die Hitlerjugend. Ich war bei der Scharnhorstjugend, die von Wolfgang Keßler. einem Sohn des damaligen Gutsverwalters Kessler<br />
geführt wurde. Die Landjugend, die Heinrich Hepe aus Dreschburg leitete, konnte sich neben der Hitlerjugend am längsten halten.<br />
Alle anderen Vereinigungen wurden ab 1933 nach und nach aufgelöst, bzw. von der Hitlerjugend “geschluckt“. Nach einer bekannten<br />
Weise wurde gesungen:<br />
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