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Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann

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vom Deutschen Turnfest in Hamburg kam. Manchen Ausflug habe ich schon in der Jugendriege mitgemacht.<br />

Allerdings gab es damals noch keine Jugendherbergen. Es hieß eben, abnds wieder zu Hause zu sein. Für die<br />

Anschaffung der Turngeräte hatte Papa auch sehr viel getan, und die Turnhalle war in Pestingers Saal, also im<br />

Schwarzen Adler.<br />

Die Freiwillige Feuerwehr wurde in unserem Saal gegründet. Ich erinnere mich noch der aufgeregten Stimmung<br />

bei der Gründung. Erst die neue Feuerspritze konnte die alten Herren davon <strong>über</strong>zeugen, daß die alte, hölzerne,<br />

nur stoßweisende Wasser gebende Spritze, veraltet war. Trotzdem mußte dieses schwerbewegliche Monstrum<br />

bei den Übungen noch jahrelang erscheinen und wurde von den „Jüngsten“ bedient. Als Steigerturm dienten<br />

die Fenster an unserer Mälzerei, ehe das Sudhaus gebaut wurde. Der 1. Brandmeister war der Klempnermeister<br />

Paul Gober. Erst viel später wurde der Steigerturm in die Baulücke zwischen Schütz und Iser gebaut.<br />

Der Gesangverein war auch einer der ältesten Vereine von <strong>Kupferberg</strong> und ist in dem späteren Ratskeller<br />

gegründet worden. Die Gesangstunden fanden bei uns im Billardzimmer statt unter der Leitung von Herrn<br />

Kantor Triebs. Jede Gesangstunde mußte ich die durstigen Männer bedienen. Später waren die Gesangstunden<br />

im Ratskeller und die Leitung nahm nach der Pensionierung von Herrn Kantor Triebs, Herr Kantor Woike, als<br />

bewährter Chorleiter.<br />

Hier sei auch der einige Jahre bestehenden Bauhütte gedacht, welche von Herrn Pfarrer Kaufmann gegründet<br />

wurde. Der Zweck waren die Reparaturen an den <strong>zur</strong> Pfarrei <strong>Kupferberg</strong> gehörenden Kirchen mit zu<br />

finanzieren. Die Beiträge waren freiwillig, aber für Ausflüge in die nähere Umgebung und für gelegentliche<br />

Vergnügungen wurde durch Sammlungen nachgeholfen. Die Rudelstädter Kirche wurde meines Wissens aus den<br />

Freiheitskriegen mit Hilfe der Bauhütte renoviert. Es ist ein uralter Bau aus der Ritterzeit. Ein in dieser Kirche<br />

beerdigter, bekannter Offizier, den Namen* habe ich leider vergessen, wurde im Beisein der kirchlichen und<br />

weltlichen Behörden in ein neues Grab an dem Wege Boberbrücke, Wietmut (Alexanderbüschel) beigesetzt.<br />

*Friedrich Graf von Moltke<br />

Die <strong>Kupferberg</strong>er Frauen waren im Vaterländischen Frauenverein. Fast jeder Verein veranstaltete im Winter ein<br />

Vereinsvergnügen. Es war also für gesellschaftliche Abwechslung gesorgt und es war immer recht gemütlich.<br />

Von dem jeweiligen Vorstand wurde auch gesorgt, daß alles nett und anständig ablief. Falls jemand aus der<br />

Rolle fiel, dann waren es Auswärtige, sie wurden aus dem Saal verwiesen. Bei diesem Vereinsvergnügen<br />

wurde immer ein Theaterstück aufgeführt und dabei zeigte sich, daß die <strong>Kupferberg</strong>er Jugend die geborenen<br />

Schauspieler waren, jedenfalls sehr viele. So Frau Schiedek, das Fräulein Lukaschek, mein Braumeister Ernst<br />

Neuburger, der Brauer Burkert und viele andere.<br />

Nicht vergessen möchte ich die sogenannte Zunft. Das war ein Begräbnisverein. Eigentlich waren zwei<br />

Zünfte, und zwar für die Handwerker und für die Ackerbürger. Es bestand zuletzt nur noch die Zunft der<br />

Handwerker. Wie oft habe ich mich als Kind vor diesen schwarzen Männern gefürchtet. Die Mitglieder der<br />

Zunft trugen ein schwarzes Gewand, wie ein Talar und einen Dreispitz auf dem Kopf. Der Führer, Paul Wiemer,<br />

hatte noch einen Federbusch an seinem Dreispitz und hat sich um die Erhaltung dieser jahrhunderte alten<br />

Zunft sehr viel Mühe gegeben. Er schaffte auch noch vor dem I. Weltkrieg neue Talare an. Ich glaube, diese<br />

Begräbniszunft ist einmalig für <strong>Kupferberg</strong>. Nirgendwo habe ich so etwas gesehen. Wo mögen die alten Akten<br />

und Überlieferungen geblieben sein, die Wiemer mit soviel Sorgfalt verwaltete und mit Liebe seine traurigen<br />

Eintragungen der Verstorbenen, denen die Trägerzunft die letzte Ehre erwiesen hatte, machte.<br />

Eine ganz besondere kirchliche Einrichtung und wohl einzig dastehend, war unser Herz-Jesu-Fest. Diese<br />

besondere Verehrung des Herzens Jesu war durch den Prälaten Stulpe, der vor mehr als 250 Jahren in<br />

<strong>Kupferberg</strong> Pfarrer war, durch persönliche Audienz beim Hl. Vater in Rom, eingeführt worden. Verbunden<br />

damit war die Erzbruderschaft, die viele Mitglieder zählte. Das Herz-Jesu-Fest wurde alljährlich am 3.<br />

Sonntag nach Ostern gefeiert. Und dann war im Städtel viel Betrieb. Die Lokale brachten die Menschen<br />

nicht unter und Privatquartiere mußten bezogen werden. Auch für uns Ministranten war Hochbetrieb, denn es<br />

kamen viele Geistliche.Um 5 Uhr früh war schon die erste Hl. Messe, dann Hl. Messen mit Predigt und dann<br />

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