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Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann

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wert. Oft sind wir früh zusammen in den Sandberg gegangen, um den Taubenhabicht zu erwischen, der mir oft<br />

Tauben holte. Aber vergeblich, seinen Horst haben wir nicht gefunden.<br />

Später befreundete sich mein lieber alter Jagdkollege und Freund, Herr Gotter, mit Herrn Bettermann an und<br />

manche schöne Stunden haben sie dann zusammen verlebt.<br />

Herr Heinrich Bettermann lernte unter dem strengen aber sehr tüchtigen Rentmeister Bothmann. Die Herrschaft<br />

Jannowitz besaß damals der alte Graf Wilhelm zu Stolberg-Wernigerode. Dieser war Kom. General gewesen<br />

und hatte sich 1864 und 66 ausgezeichnet, auch vorher schon in Polenaufständen. Graf Wilhelm besaß den<br />

Zunamen, der „Wegebauer“; denn er erschloß erst die 2000 ha große Herrschaft durch gute Abfuhrwege in<br />

den Wäldern. Der schöne Weg im Münztal nach den Edelsteinen ist auch sein Werk. Unter diesem tatkräftigen<br />

Grafen war Bothmann Rentmeister und wenn die Ansprüche mancher Leute zu groß wurden, wegen billigen<br />

Brennholz oder sonstigen Streitigkeiten, so schlug er auch mal auf den Tisch und sagte: „Ich bin der Graf!“<br />

Damit war die Streitigkeit erledigt. Später, nach dem Tode des Grafen Wilhelm, kam Graf Konstantin.<br />

Dieser war Oberpräsident von Hannover gewesen. Danach kam dessen Sohn, Graf Eberhard, <strong>über</strong> dessen<br />

tragischen Tod ich nicht schreiben möchte. Bei der Beerdigung dieser drei Grafen war ich stets mit. Der<br />

jetzige Graf Christian-Friedrich hat unser aller Los getragen. Wohl noch bedeutend schlimmer als wir. Graf<br />

Christian-Friedrich war von der polnischen Miliz nach Hirschberg gebracht worden. und dort ca. 5 Wochen<br />

in einem Keller des Frauenarztes Bierenda, Warmbrunner Straße, eingekerkert. Er hat dort unmenschliche<br />

Behandlungen erfahren. Geschlagen und geschunden wurden die armen Deutschen in dem feuchten, finsteren<br />

Keller ohne jeden Grund. Nur weil sie eben Deutsche waren. Einige Bekannte von mir sind in seinen Armen<br />

den furchtbaren Qualen erlegen; so Herr Maiborn und Herr Beiwe. Von diesen Qualen hat sich Graf Christian-<br />

Friedrich bisher noch nicht erholt und ist dauernd krank.<br />

Nach dieser Abgleitung in die jüngsten schrecklichen Zeiten unter den Polen, an die man nicht gern denkt,<br />

will ich wieder in meine Jugend <strong>zur</strong>ückkehren und zu schildern versuchen, wie ich meinen liebsten und<br />

treuesten Freund, Herrn Gotter, kennenlernte. Herr Gotter war schon als recht junger Kaufmann in <strong>Kupferberg</strong><br />

Filialleiter des Gottesberger Kaufhauses Köhler. Die Filiale war im Haus des Malermeisters Brauer, d.h., die<br />

Billardstube vom Ratskeller welche durch Durchbruch mit diesem verbunden war. In diesem kleinen Laden<br />

sah ich Herrn Gotter zum erstenmal, und obgleich ich noch in die Schule ging, freundeten wir uns an. Außer<br />

im Turnverein, wo wir uns trafen, hatten wir gemeinsame Interessen entdeckt. Ich besaß schon ein Techin<br />

Kal. 6 mm und Herr G. entpuppte sich als leidenschaftlicher Schütze. Später kaufte er sich ein 9 mm Techin<br />

mit Kugel und Schrotlauf. Damit haben wir beide unsere spätere Jägerlaufbahn begonnen. Eichhörnchen und<br />

Nußhacker auf der riesigen Eiche im Garten an der Straße hinter den Scheunen waren die erste „Jagdbeute“.<br />

Nach meiner Lehrzeit bis nach der Militärzeit haben wir uns dann wenig gesehen. Als ich aber 1904 wieder<br />

heimkam von meinen Reisen als junger Brauer, hielten wir wieder Freundschaft. Wie stolz waren wir, als wir<br />

<strong>zur</strong> ersten Treibjagd in Rohnau eingeladen wurden und wie oft haben wir von diesem Tage gesprochen und <strong>über</strong><br />

unsere seinerzeitige „Ausrüstung“ gelacht. Dann nahm Herr Gotter aber die Verbindung mit dem damaligen<br />

Jagdpächter von Rohnau, Herrn Mühlen bes. Maiwald auf und bekam von ihm die Aufschußerlaubnis. In diesen<br />

Jahren ist Herr Gotter wöchentlich wohl 3-4mal nach Rohnau <strong>zur</strong> Pirsch gegangen und um 7.00 stand er dann<br />

wieder im Laden bis zum Abend. Was das bedeutet, kann nur der ermessen, welcher unsere gebirgige Gegend<br />

kennt und welche Jagdpassion in dem sehnigen, hageren Herrn Gotter steckte. Seine Jagdbeute mußte er erst<br />

Rohnau bringen und einen Bock im Rucksack, denn das war seine einzige Passion, war keine leichte Arbeit.<br />

Gern erinnere ich mich noch an sein Waidmannsheil, als er auf einem dieser Jagdgänge einen guten Hirsch<br />

schoß. Dieses Geweih, eine gute Zwölfer, nahm immer den Ehrenplatz im Jagdzimmer ein und hing inmitten<br />

seiner besten Rehgehörne. Herr Gotter war nicht nur ein passionierter, sondern auch ein äußerst waidgerechter<br />

Jäger. Seine Böcke beobachtete er erst sehr gründlich, ehe er einen abschoß. Oft habe ich mich <strong>über</strong> seine<br />

Geduld gewundert. Jeden Bock kannte er und seinen Standort und den besten Bock schoß er nach der Brunst.<br />

Groß war seine Wildpflege in den strengen schneereichen Wintern bei uns. Kastanien wurden gesammelt<br />

und Kleeheu und Hafer an die Futterplätze von ihm mit Hilfe der Schneeschuhe gebracht, denn Herr Gotter<br />

war der erste Schneeschuhläufer in <strong>Kupferberg</strong> gewesen. Später im Alter, als ihm diese Arbeit schon schwer<br />

fiel, half ihm seine Tochter, Frau Franke, gern dabei. Oder es wurden einige Jungs dazu engagiert. Daß seine<br />

Jagdpassion sich vererbt hatte, zeigten seine beiden Töchter damit. Frau Käthe schoß sogar am Kunstgraben

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