Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann
Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann
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Im Jahre 1871 starb dann mein Großvater und meine Großmutter leitete alles allein. Landwirtschaft, Brauerei<br />
und Gastwirtschaft. Die Brennerei, welche mein Großvater noch betrieben hatte, ging ein und es wurden Ställe<br />
aus den Gebäuden gemacht.<br />
Die schönen alten Gewölbe der Brennerei stehen noch heute. (jetzt nicht mehr) Auch von dem großen Brand<br />
in <strong>Kupferberg</strong> im Jahre 1824 hörte man als Kind noch Einzelheiten. So ist der Brand in dem Hause, wo<br />
der Weißgerber Manche wohnte, ausgebrochen und durch brennende Speckseiten, die seine Frau zu stark<br />
geräuchert hatte, verursacht worden. Da noch alle Häuser mit Holzschindeln gedeckt waren und die üblichen<br />
Winde bei uns im Herbst dazu kamen, ist es kein Wunder, daß nur noch das Oberstädtel übrig blieb. Dieses<br />
letztere wurde immer als ein Gegenstück zu den „12 Aposteln“ in Schömberg so bezeichnet. Es ist schade, daß<br />
diese Häuserreihe durch das Gemeindehaus verschandelt wurde. Übrigens war <strong>Kupferberg</strong> schon in den vorigen<br />
Jahrhunderten zweimal abgebrannt. Nach diesem furchtbaren Brande mußte es mit den noch vorhandenen<br />
Steinen ziemlich rasch wieder aufgebaut werden und zwar mit Unterstützung durch die Herrschaft in<br />
Jannowitz. Unsere Kirche, nach einem Entwurf des berühmten Baumeisters und Erbauers des Brandenburger<br />
Tores, Schinkel, wurde wohl 1826 wieder geweiht. Allerdings blieb es unserem Ortsgeistlichen, Herrn Pfarrer<br />
Roter, vorbehalten, diesen Schinkel-Bau nach ca. 115 Jahren erst wieder zu dem zu machen, was Schinkel in<br />
seiner Zeichnung vorgeschwebt hatte, denn man hatte seinen Entwurf verschandelt. Schinkel soll auch diesem<br />
Ausdruck gegeben haben, gelegentlich seines Besuches in <strong>Kupferberg</strong>.<br />
In unserem Städtchen hatten wir verhältnismäßig viele Handwerksbetriebe, jedenfalls mehr, als in den letzten<br />
Jahren. Außer einer altprivilegierten Apotheke, welche dem Jugendfreund meines Vaters, Herrn Chaussy,<br />
gehörte, hatten wir mehrere Tischlermeister, einen Buchbinder, Herrn Kannitz, Sohn des ehemaligen Pastors<br />
von <strong>Kupferberg</strong>, 2 Schmiedemeister, 2 Klempner, 2 Nagelschmiede, 1 Damastweber, Herrn Peter Reuss, 1<br />
Drechslermeister, 3 Bäcker, Wolf, Menzel und Jung, und trotzdem gab es nur selten frische Semmeln, 3<br />
Fleischer, 1 Kürschner, 1 Seiler, 1 Schlossermeister, 1 Gerber, den alten Manche. Es war ein Faktotum, das<br />
immer mit seiner Frau auf dem Kriegsfuß stand, aber beide haben niemals an eine Scheidung gedacht. Dann<br />
hatten wir noch mehrere Schuhmachermeister. Einer, der alte liebe Wahn Schuster mit seiner Kugel und seinen<br />
Singvögeln und Bienen, der so gern einen Tarok, zusammen mit seinem Vater und Schiedeck Fleischer in<br />
unserm Lokal spielte. Dann der liebe uralte Wiemersattler neben der Brauerei. Er machte mir die Bolzen zu<br />
meinem Blasrohr, er war <strong>über</strong>haupt die Gefälligkeit in Person. Oft ist er nach Breslau gelaufen, (120 km)<br />
um dort Möbel einzupacken. So auch zu einem Umzug für Dr. Leicht und unseren Kantor Metzner. Ja, auch<br />
schon ein Arzt war früher in <strong>Kupferberg</strong>. Eben dieser Dr.Leicht, welche alle auf unserem Friedhof ruhen. Zwei<br />
Barbiere hatten wir, der eine, Herrn Knoll, zog mir die ersten Zähne. Als er sich modernisierte und Dentist<br />
wurde, bekam ich mit seinem Sohne, Bruno, einmal den Auftrag, einen Apparat zu betreuen, unter dem eine<br />
Spiritusflamme brannte. Mit einemmal platzte dieser bombenähnliche Apparat und wir standen in Dampf<br />
gehüllt. Ich konnte mich retten vor der Wut des herbeieilenden frischgebackenen Zahnkünstlers, nicht aber<br />
sein Filius. Dies war im Haus 77 / 78 vor dem Umbau. Papa baute dieses Haus 1900 um.<br />
Unser Klempnermeister Gober war ein Lebemann und man könnte viel von diesem erzählen. Er war auch<br />
Brandmeister und fuhr das ersteVeloziped in <strong>Kupferberg</strong>, das er immer meinem Vater schmackhaft machte,<br />
aber er wollte nicht. Gober wanderte, nicht mehr jung, nach San Francisco aus und kam gerade <strong>zur</strong>echt, als<br />
dort das große Erdbeben war. Er schilderte es meinem Vater in einem Brief mit großer Aufregung. Aber dort<br />
hat der gute Gober erst Arbeiten gelernt.<br />
Nun, auch zwei Botaniker lebten in <strong>Kupferberg</strong>. Es waren die beiden Brüder Sintenis, Max und Paul. Max war<br />
ein richtiges Sumpfhuhn und taugte nicht mehr für die weiten Reisen, die er wohl schon gemacht hatte, denn er<br />
erzählte uns Kindern viel davon. Am Himalaja sei er gewesen und Pflanzen und Tiere habe er dort gesammelt.<br />
Und das mußte wahr sein, denn die Schmetterlingssammlung haben wir gesehen. Aber von den vielen Affen,<br />
die er mitgebracht haben wollte, lebend oder präpariert, haben wir nichts zu Gesicht bekommen. Sicher hat<br />
er die Affen gemeint, die er sich angetrunken hatte. Und das kam oft vor. Wenn er dann im Städtchen lärmte,<br />
kam er ins „Gefängnis“. Dieses befand sich im Armenhaus. Dort hatten wir Jungens unsere Freude, denn<br />
„Max“ kam an das vergitterte Fenster und erzählte uns von seinen Reisen. Mir sagte er bestimmt zu, daß sein<br />
Bruder Paul mir einen kleinen Affen mitbringen würde, er habe ihm im Brief extra darum für mich gebeten. In