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Vorwort zur Chronik über Kupferberg - Heinz Kornemann

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Kleinasien, wo sein Bruder sei, gäbe es viele dieser kleinen Affen. Bei diesen Erzählungen bekam „Max“ dann<br />

auch Durst und ich als Brauerssohn mußte diesen stillen. Also bekam er einige Flaschen Bier durch das Gitter<br />

gereicht und ich bekam dann nochmals meinen kleinen Affen zugesichert. Unser Bürgermeister Schmude,<br />

mit dessen Kindern ich viel verkehrte, ließ „Max“ am nächsten Tag wieder frei. Anders war sein Bruder Paul.<br />

Dieser verschmähte durchaus nicht einen herzhaften Trunk. Paul Sintenis reiste viel und wenn er nach einem<br />

Jahr oder länger heimkam, ordnete er fleißig sein Herbarium. Es nahm mehrere Räume seines Hauses ein. Es<br />

war das gleiche, wo Dr. Leicht wohnte, zuletzt von Glyczinskis. Paul Sintenis war ein bekannter Botaniker in<br />

Deutschland, eine von ihm zuerst gefundene Pflanze trägt seinen Namen. Er reiste im Kaukasus, Kleinasien<br />

und Himalaja.Viel erzählte er von Erzeru, es ist mir noch gut erinnerlich. Einer Harlemer Blumenfirma sandte<br />

er die Blumenzwiebeln aus diesen Gegenden und belieferte auch botanische Gärten. Der arg wuchernde<br />

Sachalin-Knöterich, den man bei uns in <strong>Kupferberg</strong> häufig sah, stammt auch von ihm. Während der letzten<br />

Jahre brachte er einen Türken mit. Wir Jungens freuten uns schon riesig auf diesen. Aber der Türke war ein<br />

ganz normaler Mensch, nur, daß er einen schwarzen Knebelbart trug und einen Fez. Aber den Fez kannten wir<br />

schon von seinem Herrn her, der ihn oft trug. Dieser „Türke“ hieß Fuss, seine Mutter war Österreicherin, sein<br />

Vater ein Deutscher. Aber Fuss war in Konstantinopel geboren und sprach daher mehrere Sprachen. Deshalb<br />

wurde er von Herrn Sintenis engagiert und auf seinen Reisen mitgenommen. Fuss hat sich auch Kenntnisse<br />

der Botanik angeeignet und half seinem Herrn getreulich. Wenn Wissenschaftler Herrn Sintenis besuchten<br />

und viel von Botanik die Rede war, bei einem Schoppen in unserem Lokal, wurde er mit Kustos angeredet.<br />

Aber Fuss war nur ein ganz gewöhnlicher „Türke“ und litt, wie er sagte, an wiederkehrende Folge einer<br />

Malaria. In diesen Perioden hatte Fuss besonders großen Durst. Er hatte sein Stammglas für Rum und Bier bei<br />

uns. In den letzten Jahren kam es oft zu Reibereien zwischen Sintenis und seinem Dolmetscher (Fuss sprach<br />

türkisch, griechisch, persisch und perfekt deutsch), was sehr unangenehm für uns war, wenn es in unserem<br />

Lokal stattfand. Nach dem Tode von Herrn Sintenis war es aus mit Fuss. Arbeiten konnte und wollte er nicht,<br />

darum beging er Selbstmord mit Gift. Gern erinnere ich mich noch an Paul Sintenis, an seine warme Stube im<br />

Winter, die immer voll Tabakqualm war. An seine Fee, eine riesige Angorakatze und an seine drei kreischenden<br />

Papageien. Manche Stunde habe ich dort als Kind gesessen. Sein Herbarium, seine sonstigen Sammlungen an<br />

Tierbälgen, meistens Vögel, die vielen Schmetterlinge in den Kisten auf präparierten Kork aufgespießt. Seine<br />

Steinsammlung usw. vermachte Herr Sintenis schon zu Lebzeiten dem naturwissenschaftlichen Museum in<br />

Görlitz. Dort habe ich seine Herrlichkeiten nach Jahren noch einmal wiedergesehen. Ich bat den Direktor des<br />

Museums, ein Oberbergrat a.D. aus Breslau, der oft wegen des Bergwerkes der Gebrüder Schönfelder bei<br />

uns gewohnt hatte, um Renovierung des Grabstein des Herrn Sintenis. Dies wurde bereitwillig getan. Dieser<br />

Bergrat, dessen Namen ich leider vergessen habe, war äußerst nett. Er zeigte mir ein Bild von Sintenis und<br />

Fuss zusammen mit einem deutschen Konsul von irgendeiner Stadt in Persien (dasselbe Bild hing jahrelang<br />

<strong>über</strong> dem Schreibtisch von Papa) und erkundigte sich eingehend nach unserer Großtante, Tante Anna, nach<br />

unseren Eltern, nach der Grube und dem Bier.<br />

In den 80er Jahren kamen die Gebrüder Schönfelder nach <strong>Kupferberg</strong>. Drei Brüder, Richard, Hermann der<br />

Lange, Robert und eine Schwester. Diese haben jahrelang gebuddelt, und zwar unter den denkbar schlechtesten<br />

wirtschaftlichen Verhältnissen. Oft schickte mich Mama mit Essen zu ihnen, nach dem Weber´schen Hause,<br />

wo zuletzt Lukaschek wohnten. Dieses Haus ist übrigens das Bergamt gewesen, als die <strong>Kupferberg</strong>er Grube<br />

noch dem Fiskus gehörte. Deshalb war es auch großzügiger gebaut als die anderen Häuser. Die alte Frau<br />

Klose hatte früher darin gewohnt. Die Gebrüder Schönfelder, von denen Richard und die Schwester starben,<br />

verkauften die Grube an einen Herrn Ahrend, einem Juden aus Berlin. Die Grube wurde eingeweiht durch<br />

einen Fackelzug am frühen Morgen und vielen schönen Reden und viel Glück-Auf im Zechenhaus auf dem<br />

Adlerschacht in Rudelstadt. Und tatsächlich lief die Sache in den ersten Jahren gut. Man trieb hinter dem<br />

Friedhof den Tonischacht und im zweiten Kalkbüschel noch einen. Zwei Steiger waren da, ein Betriebsleiter,<br />

Herr Bytomski, und ein Bergassessor, Dr. Kossmann als Repräsentant und ca. 100 Knappen. Herr Ahrend<br />

betrieb die Sache viel moderner als die Geschwister Schönfelder. Er hatte bei der Auflassung der Grube durch<br />

das Oberbergamt in Breslau die Erlaubnis erhalten, 1.000 Cuxe à 1.000,-- Mark zu vertreiben. Es standen<br />

ihm also praktisch eine Million Mark <strong>zur</strong> Verfügung. Da man aber für Cuxe, so lange eine Grube im Aufbau<br />

ist und nichts abwirft, Zubuße zahlen muß und das war bei unserer Grube dauernd der Fall, so gab man<br />

diese lieber wieder <strong>zur</strong>ück und verzichtete auf den Ankaufpreis. Dies muß häufig geschehen sein, denn auf<br />

deutschen Börsen kaufte niemand mehr <strong>Kupferberg</strong>er Cuxe. Dann verlegte Herr Ahrend seine Tätigkeit nach<br />

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