SFB600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier

PROJEKTBEREICH B
Projektbereich B
„Armut und Armenfürsorge“
Hilfe in existenzbedrohenden Notlagen legt, angesichts von
Mangel und Bedürftigkeit, die Grenzen des Zusammenhalts
von sozialen Gruppen, von ganzen Gesellschaften konkret
fest und definiert praktisch die Reichweite von Solidarität
und Zugehörigkeit. Seit der Spätantike hat sich der Begriff
der Armut in enger Wechselbeziehung mit seiner religiösen
Bewertung und Deutung als zentraler Bezugspunkt für die
Regeln und Praktiken gesellschaftlicher Solidarität etabliert.
Die Legitimität und das Selbstverständnis politischer und
sozialer Ordnungen wurden immer auch daran gemessen,
wie es ihnen gelang, Armenfürsorge zu organisieren und Ar-
mut selbst zu bekämpfen. Rückweisung von Versorgungsan-
sprüchen und die Ausgrenzung von Armen gehörten und ge-
hören dabei angesichts unzureichender Mittel und sozialer
Ungleichheit zu wesentlichen Begleiterscheinungen.
In diesem weiten
Feld historischer und
sozialwissenschaft-
licherArmutsfor- schung konzentriert
sich der SFB 600
auf einige Schlüs-
selthemen: Er fragt
nach Kontinuität und
Wandel des christ-
lich-jüdischen Deu-
tungsmusters von Ar-
mut seit der Spätan-
tike, nach Konflikten
zwischen Praktiken
und Organisations-
formen der Armen-
hilfe und der Armen-
politik einerseits und
den religiösen, philosophischen und politischen Redeweisen
über Armut andererseits. Das Gewicht christlicher Inklusi-
onssemantiken legt es nahe, genauer die Grenzsituationen
zu untersuchen, in denen Ansprüche delegitimiert und Hilfs-
leistungen verweigert wurden. Die Inklusion oder Exklusion
von Armen, die als Fremde gelten, ist dabei ein höchst auf-
schlussreiches Untersuchungsterrain am Schnittpunkt zum
Projektbereich A „Fremdheit“.
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Armut ist immer wieder kommentiert und neu interpretiert
worden: Den Umbruchphasen in den Redeweisen über
Arme und Armut gilt das besondere Interesse des SFB.
In bestimmten Perioden scheinen sich Umdeutungen und
Neubewertungen von Armutsphänomenen zu verdichten
und zu beschleunigen.
Methodisch kombiniert dieser Teilbereich Fallstudien mit
räumlich und zeitlich breiter angelegten Längsschnittunter-
suchungen, um auf diesem Weg der Leitthematik langfristi-
ger Kontinuitäten in Armutssemantiken und Unterstützungs-
praktiken gerecht zu werden.
Projektbereich B: Armut und Armenfürsorge
Teilprojekt B 2 13
Christliche Gemeinschaften in ihrer Bedeutung für Armut,
Fürsorge und Seelsorge im hohen und späten Mittelalter
Teilprojekt B 3 14
Katholische und protestantische Armenfürsorge in der
Frühen Neuzeit zwischen kirchlicher, staatlicher und
kommunaler Zuständigkeit
Teilprojekt B 4 15
Armut und Armenpolitik in europäischen Städten
im 19. und 20. Jahrhundert
Teilprojekt B 5 16
Armut im ländlichen Raum im Spannungsfeld zwischen staatlicher
Wohlfahrtspolitik, humanitär-religiöser Philanthropie
und Selbsthilfe im industriellen Zeitalter (1860-1975)
Teilprojekt B 6 17
Armenfürsorge in Zentral- und Oberitalien – Konstanten
und Wandlungen von der christlichen Spätantike bis ins
Hochmittelalter
Teilprojekt B 7 18
Armenfürsorge und katholische Identität: Armut und Arme
im katholischen Deutschland des frühen 19. Jahrhunderts
Teilprojekt B 8 19
Binnenstaatliche Wohlfahrtsstaatskonstruktionen und
internationale Armutsbekämpfung: Die Europäische Union
als entwicklungspolitischer Akteur