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SFB600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier

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TEILPROJEKT B 7<br />

Armenfürsorge <strong>und</strong> katholische Identität:<br />

<strong>Armut</strong> <strong>und</strong> Arme im katholischen Deutschland des frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Die Untersuchung befasst sich mit dem katholischen <strong>Armut</strong>s-<br />

diskurs in Deutschland <strong>und</strong> dessen Beitrag zur Konstruktion<br />

einer katholischen Identität im Zeitraum zwischen Säkularisa-<br />

tion <strong>und</strong> Jahrh<strong>und</strong>ertmitte. Damit treten katholische <strong>Armut</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Armenfürsorgetheorie(n), die Verkündigung zu Themen<br />

der Caritas sowie sozio-ökonomische Fragestellungen in der<br />

aufblühenden katholischen Presse in den Blick.<br />

Barmherzige Schwestern bei der Armen- <strong>und</strong> Krankenpflege<br />

Prof. Dr. Bernhard Schneider<br />

Mittlere <strong>und</strong> Neuere Kirchengeschichte<br />

Patrick Bircher, Lic.Phil., Lic.Theol.<br />

18<br />

Für die Selbstthematisierung des deutschen Katholizismus in<br />

seiner Konstituierungsphase war das <strong>Armut</strong>sproblem schon<br />

angesichts der traditionsreichen Rolle kirchlicher Institutio-<br />

nen <strong>und</strong> Gruppen in diesem Feld sowie der langen theologi-<br />

schen Überlieferung von erheblicher Relevanz. Zudem ent-<br />

standen mit den letzten Hungerkrisen <strong>und</strong> dem sich in der<br />

ersten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts dramatisch verschärfen-<br />

den Pauperismus aktuelle Problemlagen, welche die kirch-<br />

lich-religiöse Deutungskompetenz herausforderten.<br />

Der katholische <strong>Armut</strong>sdiskurs blieb stets in umfassendere<br />

Kontexte <strong>und</strong> Diskurse eingeb<strong>und</strong>en. Staatliche Armenpoli-<br />

tik <strong>und</strong> deren expandierende Zuständigkeit beeinflussten die<br />

kirchlichen Positionierungsversuche ebenso wie die liberal-<br />

bürgerlichen Vorbehalte gegen katholische Armenfürsorge<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene ökonomisierte Neudefinition von<br />

<strong>Armut</strong>. Die konfessionelle Polarisierung <strong>und</strong> die innerkatho-<br />

lischen Richtungskämpfe („Aufklärer“ versus „Ultramonta-<br />

ne“) prägten den Diskurs zur <strong>Armut</strong>sfrage entscheidend mit.<br />

Diese Auseinandersetzungen spielten sich vor dem Hinter-<br />

gr<strong>und</strong> divergierender Gesellschaftsbilder ab <strong>und</strong> führten zu<br />

abweichenden Konzepten der Armenfürsorge, ließen eine<br />

größere Nähe zu staatlichen Einrichtungen zu oder verwar-<br />

fen diese zugunsten rein katholischer Wege (karitativ tätige<br />

Orden).<br />

Mit dem methodischen Instrumentarium der Diskursanalyse,<br />

das durch Ansätze der historischen Semantik <strong>und</strong> der Stere-<br />

otypenforschung erweitert wird, lässt sich sichtbar machen,<br />

wie das Bild von Armen <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> in den unterschiedlichen<br />

Textgattungen <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Kontexten vari-<br />

iert. Die Semantik legt spannungsreich offen, wie Arme als<br />

Brüder im Glauben <strong>und</strong> Ziel von Nächstenliebe inkludiert<br />

<strong>und</strong> ebenso als gesellschaftliche Problemgruppe ausgegrenzt<br />

werden können.

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