SFB600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier
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TEILPROJEKT C 7<br />
Formen <strong>und</strong> Funktionsweisen politischer Repräsentation<br />
von Fremden <strong>und</strong> Armen in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Die Rolle des Nationalstaats, Staatsbürgerstatus <strong>und</strong> Sozial-<br />
staat sind in allen westlichen Industrieländern einem starken<br />
Wandel unterworfen. In der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
reflektiert sich dies in den Debatten um die Reform der<br />
sozialen Sicherungssysteme <strong>und</strong> des Zuwanderungsrechts.<br />
Die Veränderungen, um die es in beiden Bereichen geht,<br />
werfen gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen nach dem Staatsverständnis,<br />
der Inklusion der Bürger ins politische Gemeinwesen <strong>und</strong><br />
dem gesellschaftlichen Status ganzer Gruppen auf. Gleich-<br />
zeitig scheinen die politischen Entscheidungen über weitrei-<br />
chende Reformen immer weniger in den von der Verfassung<br />
vorgesehenen Institutionen zu fallen. Seit dem Amtsantritt<br />
Schröders drückten zahlreiche Kommissionen <strong>und</strong> Räte dem<br />
politischen Prozess ihren Stempel auf (Rürup-, Hartz-, Süß-<br />
muthkommission). Prominente Verfassungsrechtler warnen<br />
vor einer Entparlamentarisierung der Politik. Demgegenüber<br />
hat die Politikwissenschaft im Rahmen neuerer demokratie-<br />
theoretischer Diskussionen Ansätze entwickelt, die politische<br />
Inklusion weniger von Staatsbürgerstatus, Wahlbeteiligung<br />
<strong>und</strong> parlamentarischer Repräsentation abhängig machen als<br />
vielmehr von der Repräsentation der Betroffenen in delibe-<br />
rativen Prozessen.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> fragt das Teilprojekt C 7 nach der<br />
Funktionsweise <strong>und</strong> der Leistung verschiedener Repräsen-<br />
tationsformen für die politische Inklusion bzw. Exklusion<br />
von Fremden <strong>und</strong> Armen. Es knüpft damit an die Debatte<br />
um die Repräsentation sogenannter schwacher Interessen<br />
an <strong>und</strong> überprüft die These, in deliberativen Gremien seien<br />
schwache Interessen, insbesondere durch advokatorische<br />
Repräsentation, besser vertreten als in traditionellen Re-<br />
präsentationsformen. Demgegenüber geht das Teilprojekt<br />
von der Vermutung aus, dass deliberative Politikformen,<br />
im Gegensatz zu dem von ihren Befürwortern erhobenen<br />
Anspruch auf höhere Inklusivität, neue Mechanismen der<br />
Exklusion implizieren: Als erste Indizien dafür können z.B.<br />
das von der Süssmuth-Kommission vorgeschlagene Punkte-<br />
Prof. Dr. Winfried Thaa<br />
Politische Theorie <strong>und</strong> Ideengeschichte<br />
Nora Blaes, M.A.<br />
Dr. des. Markus Linden<br />
24<br />
System für Zuwanderer gewertet werden oder auch dieje-<br />
nigen Elemente der Hartz-Reformen, die auf eine stärkere<br />
Eigenverantwortung der Betroffenen <strong>und</strong> eine Vermarktli-<br />
chung des Sozialstaates hinauslaufen.<br />
Um diese Hypothese zu überprüfen, werden aufbauend auf<br />
einem Vergleich verschiedener Repräsentationstheorien<br />
zwei Fallstudien durchgeführt. Zum einen werden die Reprä-<br />
sentationsleistungen verschiedener Repräsentationsformen<br />
gegenüber den genannten Gruppen anhand von relevanten<br />
Dokumenten <strong>und</strong> Befragung von Beteiligten untersucht.<br />
Zum anderen geht es darum, die Auswirkungen der Arbeit<br />
deliberativer Gremien auf die gesellschaftliche Wahrneh-<br />
mung von <strong>Fremdheit</strong> <strong>und</strong> <strong>Armut</strong> über den öffentlichen Dis-<br />
kurs – <strong>und</strong> damit die symbolische Repräsentation der Be-<br />
troffenen – durch eine Analyse der Berichterstattung von<br />
Tageszeitungen zu beleuchten. In beiden Teiluntersuchun-<br />
gen sollen Erkenntnisse über die inkludierende/exkludieren-<br />
de Wirkung beratender Gremien gegenüber Fremden <strong>und</strong><br />
Armen gewonnen werden.