Das Leuchtturm-ProjektWas haben wir Studierenden eigentlich vom Elitestatus?ein Kommentar von Miriam KennerknechtWas genau hat sich denn für uns Studierendein den letzten Monaten geändert,seit wir nun an einer Elite<strong>uni</strong>versitätstudieren? Im Grunde geht doch allesseinen gewohnten Gang wie damals,als wir noch eine „normale“ Uni hatten.Natürlich war allen klar, dass die Gelderder Exzellenzinitiative vor allem fürVerbindung vonForschung und Lehredie Forschung gedacht sind, trotzdemwaren die Erwartungen groß, was esnun mit sich bringen würde an einerElite<strong>uni</strong>versität zu studieren.Hakt man bei der Universitätsleitungnach, heißt es, dass das Projekt ja nochin der Anlaufphase sei und sich dieExzellenzinitiative auch auf die Studierendenauswirke, da Lehre und Forschungja eng miteinander verwobenseien. Durch die Einrichtung speziellerStudienangebote soll den Studierendendie Möglichkeit gegeben werden,entsprechende Kompetenzen fürihre Arbeit als künftig Forschende zuerwerben. Beispielsweise im Bereichder Geisteswissenschaften oder derLebenswissenschaften soll es Lehrangebotegeben, in denen der Umgangmit Datensätzen geübt wird. Außerdemsoll es zum kommenden Sommersemestereinige neue Professuren geben.Leuchtturm-Programm„Für den Otto-Normal-Bachelor-Studenten bringt es nichts“Illustratorin: Charlotte HüttenDoch eine gute Forschung bedeutet nunmal noch lange nicht, dass es auch einegute Lehre für uns Studierende gibt.Die Elite<strong>uni</strong> scheint mehr ein Leuchtturm-Projektzu sein. Nach außen hinund vor allem im Ausland wird die UniversitätTübingen mehr wahrgenommen,aber dieser Schein dringt ebennicht bis ins Innere und somit zu unsStudierenden vor. Die Doktorandenerhalten sicherlich eine gute Förderungdurch die Graduiertenschulen undeiner besseren Unterstützung bei ihrenPublikationen, aber für den Otto-Normal-Bachelor-Studentenbringt eseben nichts.12
AuslandsreportC’est la vie parisienneDie Stadt der Liebe und derMode. Sie zieht am meistenTouristen an in Europa und amdrittmeisten weltweit – Paris.Ich habe das Glück, mein Auslandssemesterin dieser schönenStadt zu verbringen, und ihreVielfalt jenseits von Eiffelturmund Louvre kennen zu lernen.von Veronika WulfWenn ich vor meine Haustür trete,sehe ich die Spitze des Eiffelturms. DerWeg zur Metro ist gesäumt von kleinenBoutiquen, Cafés und Restaurants,vor denen Stühle in einer Reihe hinterkleinen Tischchen aufgereiht sind undPatisserien, in denen das Gebäck wiekleine Kunstwerke aussieht. In derMetro spielt ein Straßenmusiker Akkordeon– Paris, wie man es sich vorstellt.40 Minuten später bin ich bei meinerUni angekommen: graue Plattenbauteninmitten einer Betonwüste mitHochhäusern – Paris, wie man es sichnicht vorstellt.Es ist eben nicht die Sorbonne, an derich studiere, sondern die Universitévon Nanterre, einem Vorort von Paris,wo man sich schon eher vorstellenkann, dass Autos abgebrannt werden.Das Partnerinstitut der EmpirischenKulturwissenschaft in Tübingen heißt„Information et Comm<strong>uni</strong>cation“ undhat wenig mit EKW zu tun. Es ist ehereine Art Medienwissenschaft – zufälligerweisemeinNebenfach inTübingen, sodass esfür mich sogar nochSinn ergibt.Doch die Vorlesungen bringen michin erster Linie nicht inhaltlich weiter,sondern sprachlich. Aber in Paris gibtes genug außerhalb der Uni zu erleben:Museen, Konzerte, Kino und Partys.Ganz zu schweigen von der Architektur,den Parks und den Einkaufsstraßen.Problemlos kann ich einen Tagausschließlich damit verbringen, durchdie Straßen zu spazieren und das Flairdes Viertels einzufangen; über 130 verschiedeneNationalitäten in Saint-Dénis,„Künstler“ beim Montmartre, Studierendeim Quartier Latin, Touristenbeim Louvre und die Crème de la Crèmeim 16. Arrondissement. Jeden Abendkönnte ich weggehen, jeden Tag etwasNeues erleben, wenn ich will. Nur zumSchlafen komme ich wenig. Und seltsamerweisewird dieListe mit meinenVorhaben währendmeiner Zeit hierZimmer in Tübingenoder Garage in Paris?nicht kürzer,sondern länger.Jenseits touristischer Pfade finde ichbald schöne Plätzchen sowie bezahlbareRestaurants, Bars und Clubs. DennParis ist nicht nur schön, sondern auchganz schön teuer! Die Mietpreise sind,je nach Viertel, exorbitant hoch. Für einkleines WG-Zimmer zahlt man schnellmal 700 Euro warm. Der deutsche Journalistund Autor Sascha Lehnartz, derals Auslandskorrespondent in Parisarbeitet, hat Recht, wenn er schreibt,dass ein Tiefgaragenplatz in Parisfast so viel kostet, wie ein WG-Zimmerin Tübingen. Als ich erfuhr, dassich keinen Wohnheimplatz bekomme,habe ich gefühlte 200 Vermieter angeschriebenvor meiner Abreise, ein paarhaben geantwortet. Im Vergleich zurWohnungssuche in Paris, macht esin Tübingen fast Spaß, nach einemZimmer zu schauen.Von einem Gemeinschafts-Plumpskloüber ein Zimmer, in dem vier Personengemeinsamwohnen bis hinzu einer Absageder Vermieterineinen Tag vor derAbreise habe ich schon viele Geschichtengehört – und zum Glück nicht selbsterlebt.Da sich Frankreich und Deutschlandgesellschaftlich und kulturell sehrähneln, blieben der Kulturschock unddas Heimweh aus. Es sind eher kleineUnterschiede, die mir begegnen. InRestaurants beispielsweise gibt esfür Damen und Herren meist nur eineEinfach alles in denMüllschluckerToilette und Sonderwünsche bei derBestellung werden eher unflexibelgehandhabt. Fragt man nach einemvegetarischen Gericht, bekommtman Fisch oder Quiche Lorraine (mitSpeck) angeboten. Das ist in Tübingenbekanntlich leichter.Die Kinofilme laufen meist in der Originalfassung(ggf. mit Untertiteln)und dass auf demCampus gekifftwird, ist keine Seltenheit.Dafür wirdin der Vorlesungjedes Wort fleißigmitgeschrieben - notfalls diktiert derProf auch mal sein Skript. Die Müllentsorgungwäre jedem grünen Tübingerein Dorn im Auge: Getrennt wirdkaum, man wirft einfach alles in denMüllschlucker, einen Schacht, der vonder Küche aus ins Nichts führt. Früherlandete dort wohl auch der ein oderandere ungewollte Säugling.Dafür würden sich die Pariser bei unswohl über den Stil so mancher Deutscherwundern, denn bei ihnen ist eingewisser Chic Standard.Trotz zahlreicher Warnungen über dieangeblich distanzierte, arrogante Artder Pariser, habe ich einige freundlicheFranzosen kennengelernt. Genauso wieBrasilianer, Spanier, Italiener, Chinesen...Die bunte Menge unterschiedlicherNationen und Kulturen ist einesder Dinge, die mir an Paris so gefällt.In manchen Vierteln falle ich als Weißemit blonden Haaren schon auf.Die vielen Menschen und die täglicheHektik in der Metro haben mir ebenfallsvon Anfang an gefallen. Zum Glück!Denn in den öffentlichen Verkehrsmittelnverbringt man viel Zeit, bei denEntfernungen, die man in einer großenStadt wie Paris zurücklegt. Doch mit dertäglichen kostenlosen Metrozeitunggeht die Zeit recht schnell vorbei. Ichschwimme einfach in der Menschenmengemit und werde Teil der Masse.Zurück in Tübingen werde ich michüber die kurzen Entfernungen und dieniedrige Preise freuen – und Paris ganzschön vermissen.13