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sprungbrett uni? - Kupferblau

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Das fremde Geschlechtein Gastbeitrag von Jasper*Ein transsexueller Student erzählt seine Geschichte„Ab wann wolltest du ein Mannwerden?“ Diese Frage höre ich öfter. DieAntwort ist einfach: „Nie“. Es ist nichts,was ich werden wollte, ich konntenicht anders. Gerne wäre ich einfachgeblieben, wie ich bin. Dies war aberkeine Option, da mein Körper nicht mitmeiner Identität übereinstimmte. Ichhoffte jahrelang, mit einer kindlichenNaivität, dass das Gefühl im falschenKörper zu sein, irgendwann wiederwegginge. Aber das tat es nicht.Vor einem Jahr hatte ich meinegeschlechtsangleichende Operation.Im April meinen Gerichtstermin zurVornamens- und Personenstands-Änderungnach dem Transsexuellengesetz,im Mai war ich dann ganz offiziellein Mann und im J<strong>uni</strong>bekam ich meinen neuenPass. Das klingt einfachund schnell, doch das hatjahrelange Vorbereitung,unzählige Therapiesitzungenund Gutachten, Selbstzweifel,Depressionen undZeit gekostet - viel Zeit.Meine Geschichte begannjedoch viel früher, weitzurück in einer Zeit, an dieich mich ungern erinnere.Im Kindergarten dachteich, irgendwann kommtein Zauberer und fragtmich, ob ich ein Jungeoder Mädchen sein will.Aber er kam nie. MeineKindheit verbrachte ichsomit als „Mädchen“ inJungenkleidung und mitKurzhaarschnitt.Irgendwann war ich aneinem Punkt angekommen,an dem es nur nochin eine Richtung ging.Eine Alternative gab esnicht. Auch belastetenmich damals gewisseSituationen bei Ämternund Ärzten, die mir dasneuer Studentenausweisnoch vorVornamensänderungLeben mit unzähligen Vorschriften zuerschweren schienen. Es gab aber auchgute, kompetente Fachkräfte, Gutachterund Ärzte, die mich begleiteten unddenen ich viel verdanke. Aber irgendwannhatte ich alle Schwierigkeitenhinter mir gelassen, egal wie unüberwindbarsie auch schienen.Studieren an der Universität als transsexuellerStudent ist nicht immereinfach. Im Mai 2011 bekam ich zumIdentität ist nichts,was man will,sondern was man istersten Mal das TestosteronpräparatNebido und litt sehr unter der Tatsache,dass mein Studentenausweis noch aufmeinen alten weiblichen Namen lief,da die offizielle Vornamensänderungnoch in weiter Ferne lag. Ich hatte dasGlück, dass ich mit Hilfe der DeutschenGesellschaft für Transidentität undIntersexualität e.V. meinen Studentenausweismit Erlaubnis des Studentensekreteriatsnoch vor der offiziellenVornamensänderung abändern lassenkonnte. Um einen Ergänzungsausweiszu bekommen, brauchte ich lediglichden Nachweis, dass ich transsexuell bin.Als mein Studentenausweis auf meinenneuen Namen ausgestellt wurde, liefes wie von selbst. Plötzlich war ichin jedem Kurs als männlich und mit¦ Illustration: Charlotte Hüttenneuem Namen, was ein gutes Gefühlwar. Als ich meine alten Scheine jedochwegen des neuen Namens ändernlassen musste, blieb mir ein Outing vorden Dozenten leider nicht erspart. Dieswar für mich sehr unangenehm, verliefüberraschenderweise aber problemlos.Die Dozenten habe ich als sehr offenerlebt. Bei der Verwaltung musste ichmehrere Hürden überwinden, bis ichmeinen Studentenausweis mit meinemneuen Namen bekam. Jedoch habenmeine Bemühungen etwas bewirkt, inZukunft wird es für andere Studierendein Tübingen einfacher sein, einen neuenStudentenausweis auf einen neuenNamen zu bekommen.Meine Vergangenheit konnte ich allerdingsnicht einfach hintermir lassen. Auch wenn ichnicht mit jedem darüberrede, ist sie ein wichtigerTeil von mir. Ich startetemein Leben nicht neu, wiemanche denken, sondernich änderte einfach einkleines Detail.Ob ich an meinem Wegund meinen Entscheidungenirgendetwas bereue?Ich bereue nur eins: solange gewartet zu haben.Ich wartete so lange, bisfür mich alles auf demSpiel stand, es keineandere Lösung mehr gab.Aber so ist es wohl oft beischwierigen Entscheidungen,oftmals warte ich zulange. Denn einfach loslassenund in ein neues Lebenzu springen, ohne vorherzu wissen, ob alles gut gehtoder ob ich auch weichlanden werde, erfordertMut und auch irgendwo einStück „Verrücktheit“. Sokann ich die Meinung desein oder anderen, der esnur als Verrücktheit ansahIch bin froh, esgewagt zu habenverstehen. Jedoch wäre es verrücktergewesen es nicht zu tun. Es war dieeinzige Möglichkeit, die ich hatte undich bin froh es gewagt zu haben, trotzaller Schwierigkeiten.24*Name v.d.R. geändert

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