1 Rechtsgeschäftliche Errichtung von Grundpfandrechten ... - Vischer
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VISCHER - Publikationen Prof. Dr. Ch. Brückner 17<br />
<strong>Rechtsgeschäftliche</strong> <strong>Errichtung</strong> <strong>von</strong> <strong>Grundpfandrechten</strong> - Umfang des Formzwangs und zeitl. Beginn der Pfandsicherheit<br />
sich um die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung oder zur Faustverpfändung einer beweglichen<br />
Sache. Solange der Titel noch im Gewahrsam des Grundbuchamtes ist, kann der Schuldner die zugunsten<br />
der Gläubigerin erteilte Begebungsermächtigung frei widerrufen, weil er bis zum Zeitpunkt<br />
der Begebung - mangels öffentlicher Beurkundung eines Verpfändungsversprechens - nicht verpflichtet<br />
ist, zugunsten der Gläubigerin grundpfändliche Sicherheit zu schaffen.<br />
4.4 Abgrenzung zwischen vertraglicher und nicht-vertraglicher Schuldbrieferrichtung<br />
Wenn Schuldner und Gläubigerin formfrei vereinbaren, dass der Schuldner zur Sicherung einer bestimmten<br />
Forderung einen auf den Namen des Verpfänders lautenden Namenschuldbrief oder einen<br />
Inha-<br />
**ZBGR 77 (1996), S. 235**<br />
berschuldbrief errichten und anschliessend der Gläubigerin begeben werde, so erfolgt diese Absprache<br />
in der Regel in der irrigen Meinung, die Gläubigerin erhalte sogleich einen mindestens obligatorischen<br />
Anspruch auf Pfandsicherheit 48 .<br />
Die <strong>von</strong> SCHÜPBACH vorgeschlagene Interpretation, wonach solche Absprachen als bedingte Begebungsverträge<br />
zu verstehen seien 49 , vermag nicht zu überzeugen. Die potestativ-bedingte schuldnerische<br />
Verpflichtung ("sofern ich freiwillig den Schuldbrief errichten sollte, will ich mich hiermit<br />
bindend zur anschliessenden Begebung des Titels verpflichten ...") ist realitätsfremd und kann nicht<br />
als der <strong>von</strong> den Parteien gewollte Vertragsinhalt präsumiert werden.<br />
Wurde eine formfreie und demgemäss rechtlich unverbindliche Verpfändungs- oder Begebungszusage<br />
gemacht, bevor der Titel durch das Grundbuchamt ausgestellt worden ist, so kann dies hinwiederum<br />
nicht zur Folge haben, dass die nicht-vertragliche <strong>Errichtung</strong> des Schuldbriefs fortab verunmöglicht<br />
wäre oder dass sie nun ihrerseits der öffentlichen Beurkundung bedürfte. Solange keine<br />
Verpflichtung zur <strong>Errichtung</strong> des Schuldbriefs öffentlich beurkundet ist, hat der Grundeigentümer<br />
die Freiheit, auf seiner Parzelle so viele Schuldbriefe in nicht-vertraglicher Form zu errichten, wie er<br />
will und wann er will, und er hat die Freiheit, die gefertigten Titel zu begeben, wem er will. Er verliert<br />
diese Freiheit nicht, wenn er einer gegenwärtigen oder künftigen Gläubigerin die Begebung<br />
eines (noch zu errichtenden) Schuldbriefs formlos verspricht. Der (ungültige) Rechtsgrund des<br />
formlosen Pfandvertrags hindert den Grundeigentümer nicht daran, in einem nächsten Schritt den<br />
Schuldbrief nicht-vertraglich zu errichten und ihn der Gläubigerin alsdann auszuhändigen.<br />
Die gegenteilige Auffassung, wonach eine nicht öffentlich beurkundete Zusage der Titelbegebung<br />
an eine bestimmte Gläubigerin den Grundeigentümer in seiner Fähigkeit blockiere, nichtvertragliche<br />
Schuldbriefe zu errichten, führt zu unhaltbaren Konsequenzen. Zum einen müsste sich<br />
die Frage stellen, welche Absprachen zur Blockierung führen - mündliche Absichtserklärungen,<br />
unbestimmte mündliche Zusagen, bestimmte mündliche oder schriftliche Zusagen etc. - Unbeantwortbar<br />
wäre auch die Frage, während welcher Zeit eine solche Blockierung andauert bzw. mit welchen<br />
rechtlichen Mitteln sich der Grundeigentümer daraus wieder lösen kann. Sodann müsste sich<br />
die Frage stellen, wie die während der Blockierungszeit nicht-vertraglich errichteten Schuldbriefe zu<br />
qualifizieren sind. Sind sie nichtig? Sind sie anfechtbar? Sind sie gültig? - Wollte man Nichtigkeit<br />
annehmen, so müssten die Banken, um sicher zu gehen, <strong>von</strong> ihrem Hypothekarkunden regelmässig<br />
nicht<br />
48 Vgl. einen solchen Fall in BGE 71 II 265; ferner TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Zivilgesetzbuch (1995), S. 824.<br />
49 SCHÜPBACH, Gestation (1990), S. 135: "La forme écrite ne fait naître qu'une obligation conditionnelle de transférer<br />
le titre, respectivement de le nantir, la condition étant la création, mais la création spontanée, du titre."