1 Rechtsgeschäftliche Errichtung von Grundpfandrechten ... - Vischer
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VISCHER - Publikationen Prof. Dr. Ch. Brückner 24<br />
<strong>Rechtsgeschäftliche</strong> <strong>Errichtung</strong> <strong>von</strong> <strong>Grundpfandrechten</strong> - Umfang des Formzwangs und zeitl. Beginn der Pfandsicherheit<br />
7. Unzulässigkeit notarieller Interimsbescheinigungen bei nicht-vertraglicher Titelerrichtung<br />
und bei Faustverpfändung <strong>von</strong> Schuldbriefen<br />
Da bei nicht-vertraglicher Titelerrichtung und bei der Faustverpfändung <strong>von</strong> Schuldbriefen die<br />
grundpfändliche Sicherheit erst im Zeitpunkt der Titelbegebung beginnt, darf die Urkundsperson<br />
keine Interimsbescheinigung an die Gläubigerin abgeben, welche den unrichtigen Anschein erweckt,<br />
die Gläubigerin erhalte dingliche Sicherheit bereits mit dem Grundbucheintrag. Fällt der Verpfänder<br />
nach der Valutierung, aber vor der Begebung des Titels in Konkurs, so kommt die Gläubigerin in<br />
diesen Fällen zu Schaden 63 .<br />
Notarielle Einlieferungsverpflichtungen gegenüber Gläubigerinnen, im Sinne <strong>von</strong> Art. 111 OR, gelten<br />
nur unter dem ausdrücklichen oder stillschweigenden, nicht wegbedingbaren Vorbehalt, dass das<br />
Grundbuchamt der Urkundsperson den Titel befugterweise aushändigen wird. Blockiert der<br />
Verpfänder diese Aushändigung durch den Widerruf der Ermächtigung gemäss Art. 857 Abs. 3, so<br />
entfällt die Auslieferungspflicht für die Urkundsperson; eine persönliche Haftungsübernahme der<br />
**ZBGR 77 (1996), S. 244**<br />
Urkundsperson für das Wohlverhalten des Verpfänders oder des Grundbuchamtes muss als standeswidrige<br />
Übernahme einer mit der Beurkundungstätigkeit nicht vereinbaren kommerziellen Garantieleistung<br />
aleatorischen Charakters qualifiziert werden. Die Urkundsperson ist nicht Versichererin. Sie<br />
kann und darf nicht mehr als ihre sorgfältige Berufsausübung versprechen. Dass die Banken in einigen<br />
wenigen Kantonen <strong>von</strong> den Notaren Garantien mit persönlicher notarieller Haftung verlangen<br />
und erhalten, reflektiert bankenseitigen Machtmissbrauch und zugleich eine pflichtwidrige Passivität<br />
der Notariatsverbände und der Aufsichtsbehörden, welche dieser Praxis längst einen Riegel hätten<br />
schieben müssen. Der einzelne Notar kann sich dagegen nicht wehren. Die Verbände und Behörden<br />
in den betreffenden Kantonen mögen sich die Frage stellen, weshalb die Banken nur gerade bei ihnen<br />
solche Garantien verlangen, während sie in der grossen Mehrheit der Kantone diskussionslos<br />
darauf verzichten.<br />
8. Kritik an der gesetzlichen Regelung des Schuldbriefs<br />
8.1 Das geltende Recht<br />
Der Schuldbrief des ZGB entspringt den Zuständen des 19. Jahrhunderts, als das nicht-kommerzielle<br />
Kreditgeschäft noch überwiegend zwischen Privatpersonen abgewickelt wurde. Der Gesetzgeber<br />
dachte sich Private, welche einen Teil ihres Vermögens in Grundpfandforderungen anlegten und bei<br />
eigenem Liquiditätsbedarf solche Forderungen an andere Private verkauften. Aus diesem Grunde<br />
sollte der Schuldbrief gläubigerseits zirkulationsfähig sein.<br />
Seit dem Aufkommen eines institutionalisierten Hypothekarkreditsystems haben Schuldbriefe jedoch<br />
aufgehört, gläubigerseitig zu zirkulieren; es gibt für Grundpfandtitel keinen Markt mehr. Die<br />
Hypothekarkreditinstitute hüten ihr Schuldbriefportefeuille sorgfältig und geben Titel nur dann an<br />
die Konkurrenz weiter, wenn der Schuldner dies ausdrücklich verlangt.<br />
Der Schuldbriefschuldner schuldet der Gläubigerin - nach der Meinung und den Absprachen der<br />
Parteien - den jeweiligen Sollsaldo seines Kreditkontos, nicht den Schuldbrief-Nennbetrag. Im Verhältnis<br />
zwischen Schuldner und Gläubigerin stehen dem Schuldner die Einwendungen der nicht<br />
empfangenen Valuta bzw. der geleisteten Rückzahlungen zur Verfügung. Der Titel-Nennbetrag<br />
bleibt in unveränderter Höhe verbrieft und wird dem schwankenden Saldo der tatsächlichen Schuld<br />
63 Vgl. einen solchen Tatbestand im Urteil des OG ZH vom 20.10.1987, ZBGR 72 (1991), S. 86-90.