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1 Rechtsgeschäftliche Errichtung von Grundpfandrechten ... - Vischer

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VISCHER - Publikationen Prof. Dr. Ch. Brückner 5<br />

<strong>Rechtsgeschäftliche</strong> <strong>Errichtung</strong> <strong>von</strong> <strong>Grundpfandrechten</strong> - Umfang des Formzwangs und zeitl. Beginn der Pfandsicherheit<br />

nämlich nur solche Willenserklärungen öffentlich beurkunden, deren Inhalt sie aus eigener Wahrnehmung,<br />

d.h. in persönlicher Anwesenheit der erklärenden Personen, selber ermittelt hat. In einfacher<br />

Schriftform belegte Erklärungen Abwesender können nicht zum Gegenstand einer Erklärungsbeurkundung<br />

gemacht werden. Die Urkundsperson kann die ihr auf dem Korrespondenzweg zugesandten<br />

Erklärungen<br />

**ZBGR 77 (1996), S. 220**<br />

nicht als den <strong>von</strong> ihr ermittelten Parteiwillen bezeugen 11 . Ebensowenig kann sie beim Vorliegen<br />

brieflicher Willensäusserungen das "Schriftlich-erklärt-worden-Sein" und die daraus abgeleitete<br />

Rechtsfolge des Zustandekommen des Vertrags als bestehende Tatsachen bezeugen 12 .<br />

Angesichts dieser Bedenken braucht das "Berner Modell" nicht als grundsätzlich schlechter beurteilt<br />

zu werden. Um die Beurkundung <strong>von</strong> Verpfändungserklärungen auszuschliessen, denen kein Vertragswille<br />

der Gläubigerin gegenübersteht, erheischt die notarielle Sorgfalt, dass sich die Urkundsperson<br />

den Vertragswillen der Gläubigerin anlässlich der Vorbereitung des Geschäftes brieflich oder<br />

mündlich bestätigen lässt 13 . Die Zulässigkeit dieser Verfahrensweise ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1<br />

OR. Diese Bestimmung bezieht sich gemäss ihrem Wortlaut zwar nur auf die einfache Schriftform,<br />

ist nach herrschender Lehre aber auch für die öffentliche Beurkundung massgebend 14 . Die Pfandgläubigerin<br />

geht anlässlich des Pfandvertragsschlusses keine Verpflichtungen ein 15 .<br />

**ZBGR 77 (1996), S. 222**<br />

Das "Berner Modell" wurde <strong>von</strong> HANS HUBER im Jahre 1958 kritisiert 16 , blieb im übrigen aber<br />

weitgehend unangefochten und hat im Rechtsverkehr bis heute weder zu Zweifeln noch zu Konflikten<br />

Anlass gegeben 17 .<br />

11 Die in einzelnen Kantonen ehemals bestehende Praxis, gemäss welcher die Urkundsperson auf einem <strong>von</strong> den Parteien<br />

bereits unterzeichneten schriftlichen Vertrag einen Beurkundungsvermerk anbrachte, ist seit Jahrzehnten als<br />

bundesrechtswidrig anerkannt. Das Bundesgericht vollzog den Schritt allerdings erst mit BGE 90 II 274, d.h. im<br />

Jahre 1964, während es 6 Jahre zuvor im BGE 84 II 636 (Solco) noch nicht gewagt hatte, eine solche kantonale Urkunde<br />

als unwirksam zu qualifizieren.<br />

12 Vgl. BRÜCKNER, Beurkundungsrecht (1993), Ziff. 126 und 3064-3068. - Die Unzulässigkeit <strong>von</strong> Erklärungsbeurkundungen<br />

aufgrund der notariellen Kenntnisnahme brieflicher Erklärungen <strong>von</strong> Abwesenden ergibt sich aus der<br />

Erwägung, dass der Beweis einer privatschriftlich abgegebenen Erklärung unmittelbar und ausschliesslich durch den<br />

privatschriftlichen Erklärungsbeleg selber zu führen ist. Ein solcher privatschriftlicher Beleg kann nicht dadurch zu<br />

öffentlichem Glauben emporgehoben werden, dass die Urkundsperson sein Vorhandensein und die Rechtswirkungen<br />

der darin dokumentierten Erklärung als bestehende Tatsachen beurkundet.<br />

13 In der Regel beginnt das Geschäft damit, dass die Gläubigerin (meist eine Bank) der Urkundsperson ein Instruktionsschreiben<br />

mit den genauen Spezifikationen des zu errichtenden Grundpfandtitels zukommen lässt. Hierauf bereitet<br />

die Urkundsperson den <strong>Errichtung</strong>sakt vor, worauf der Verpfänder persönlich erscheint und die Verpfändungserklärung<br />

im Beurkundungsvorgang abgibt. - Bei dieser Vorgehensweise besteht praktisch kein Risiko der Beurkundung<br />

simulierter Verpfändungserklärungen.<br />

14 Vgl. in diesem Sinne INGEBORG SCHWENZER, Basler Kommentar zum Obligationenrecht I, Basel 1992, N 2 zu<br />

Art. 13; EUGEN BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allg. Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, S. 166; BK-<br />

SCHMIDLIN (1986), N 2 zu Art. 13 OR; P. GAUCH/W. SCHLUEP/P. TERCIER, OR AT I., 2. Aufl., Zürich 1982,<br />

Rz 386 ff.; PIERRE ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, Neuchâtel 1973, S. 178; a.A. JÖRG SCHMID,<br />

Die öffentliche Beurkundung <strong>von</strong> Schuldverträgen, Fribourg 1988, S. 151; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil<br />

des schweizerischen Obligationenrechts I (Zürich 1974 und 1979), S. 239.<br />

15 Dies im Gegensatz zum Beschenkten bei der Grundstückschenkung; die mit dem Grundbesitz verbundenen Steuerfolgen,<br />

die Grund- und Werkeigentümerhaftung sowie die öffentlichrechtlichen Pflichten bezüglich Altlastenbeseitigung,<br />

Denkmalschutz etc. verbieten es, die Entgegennahme eines geschenkten Grundstücks als nicht-belastend zu<br />

qualifizieren.<br />

16 HUBER, Grundpfandrecht (1958), S. 193 ff., hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Grundbuchführer beim<br />

Fehlen des Nachweises der Gläubigerzustimmung den Rechtsgrund der Grundbucheintragung nicht umfassend zu<br />

überprüfen vermöge. - Dem ist jedoch beizufügen, dass es für die Gültigkeit des Pfandrechts auf diese Überprüfung<br />

nicht ankommt. Nachdem sich seit Einführung des ZGB aus dieser Prüfungslücke kein einziger Fall ungerechtfertig-

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