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1 Rechtsgeschäftliche Errichtung von Grundpfandrechten ... - Vischer

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VISCHER - Publikationen Prof. Dr. Ch. Brückner 21<br />

<strong>Rechtsgeschäftliche</strong> <strong>Errichtung</strong> <strong>von</strong> <strong>Grundpfandrechten</strong> - Umfang des Formzwangs und zeitl. Beginn der Pfandsicherheit<br />

Die an das Grundbuchamt adressierte Begebungsermächtigung ist seitens des Verpfänders so lange<br />

widerruflich, als der Titel die Räume des Grundbuchamtes noch nicht verlassen hat 57 .<br />

Mit dem Widerruf der Begebungsermächtigung verhindert der Verpfänder, dass ein zirkulationsfähiges<br />

Wertpapier in den Verkehr gerät. Dazu hat er möglicherweise guten Grund, so etwa, wenn die<br />

Gläubigerin im Nachhinein Anstalten macht, das zugesagte Darlehen nicht auszubezahlen oder sich<br />

der Erfüllung Zug um Zug - Geld gegen Titel - zu entziehen. - Hat die Gläubigerin den Schuldbrief<br />

aber bereits valutiert, so ändert der Widerruf nichts an dem seit dem Grundbucheintrag ausgewiesenen<br />

Pfandrecht und an der auf den Tagebucheintrag zurückbezogenen, seit dann bestehenden dinglichen<br />

Sicherheit der Gläubigerin.<br />

**ZBGR 77 (1996), S. 240**<br />

Die in BGE 60 III 27 vertretene und <strong>von</strong> SCHÜPBACH, S. 146, übernommene Rechtsauffassung,<br />

wonach die Begebungsermächtigung unwiderruflich wird, sobald die Gläubigerin den Schuldbrief<br />

valutiert hat, vermag nicht zu überzeugen. SCHÜPBACHS Argumentation - "si l'irrévocabilité de la<br />

réquisition est admise, nous ne voyons guère comment il serait logiquement possible de soutenir la<br />

révocabilité du consentement à délivrance en main tierce" - geht an der Möglichkeit einer erst teilweisen<br />

Valutierung vorbei. Diese Möglichkeit rechtfertigt sowohl die Unwiderruflichkeit der<br />

Grundbuchanmeldung als auch die Widerruflichkeit der Begebungsermächtigung: Die Gläubigerin<br />

braucht auf ihr Pfandrecht nicht zu verzichten, wenn sie bereits teilweise valutiert hat; der Verpfänder<br />

braucht die Begebung nicht hinzunehmen, wenn die Gläubigerin den anderen Teil des Schuldbriefbetrags<br />

zurückbehält.<br />

Gegen SCHÜPBACHS Auffassung spricht auch eine praktische Erwägung: Ob die Valutierung gültig<br />

oder ungültig, für den ganzen Schuldbriefbetrag oder nur für einen Teil desselben erfolgt sei etc.,<br />

entzieht sich der grundbuchamtlichen Prüfung. Aus Art. 857 Abs. 3 ZGB ergibt sich, dass das<br />

Grundbuchamt den Schuldbrief weder an die Gläubigerin noch an eine Stellvertreterin derselben<br />

herausgeben darf, wenn der Schuldner dies erklärtermassen nicht will. An diesen klaren Gesetzeswortlaut<br />

hat sich das Grundbuchamt zu halten. Hat der Schuldner also die Begebungsermächtigung<br />

widerrufen, bevor der Titel die Räume des Grundbuches verlassen hat, so darf der Titel niemandem<br />

mehr herausgegeben werden, bis entweder der Schuldner <strong>von</strong> neuem eine Begebungsermächtigung<br />

zugunsten der Schuldbriefgläubigerin schriftlich erteilt oder bis Schuldner und Gläubigerin gemeinsam<br />

die Löschung des Titels beantragen oder bis ein Gerichtsurteil die Rechtslage klärt.<br />

Wurde der Namenschuldbrief durch eine Urkundsperson beim Grundbuchamt angemeldet, ohne<br />

dass dem Grundbuchamt eine schriftliche Begebungsermächtigung zugunsten der Schuldbriefgläubigerin<br />

erteilt wurde, so händigt das Grundbuchamt den ausgefertigten Titel der anmeldenden Urkundsperson<br />

aus. Die Urkundsperson ergreift in diesem Falle den Besitz am Titel im Sinne <strong>von</strong> Art.<br />

923 ZGB als Stellvertreterin des Verpfänders. Ihm hat sie den Titel auszuhändigen. Der Verpfänder<br />

steht seinerseits unter der öffentlich beurkundeten Vertragspflicht, den Titel an die Gläubigerin weiterzugeben.<br />

Widersetzt sich der Verpfänder der Begebung des bereits valutierten, aber noch beim Grundbuchamt<br />

liegenden Titels an die Gläubigerin, so hat diese ihren Anspruch auf den Titelbesitz durch Klage<br />

gegen den Verpfänder geltend zu machen. Das Grundbuchamt ist in diesem Prozess nicht Partei.<br />

Das Rechtsbegehren geht auf Verurteilung des Verpfänders zur Verschaffung des Titelbesitzes und<br />

auf richterliche Anweisung des Grundbuchamtes, den Titel an die Gläubigerin herauszugeben. Zur<br />

57 Vgl. BK-LEEMANN (1925), N 21 zu Art. 857 ZGB.

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