Ausgabe Herbst - 2005 - Patientenliga Atemwegserkrankungen e.V.
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MetaForum<br />
„Allergische Rhinitis bei Asthmatikern –<br />
ein vernachlässigtes Problem?“<br />
„Berliner Manifest <strong>2005</strong>“<br />
Vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an Asthma,<br />
fast 15 Millionen an Heuschnupfen – mit steigender<br />
Tendenz. Man weiß inzwischen, dass diese beiden Erkrankungen<br />
aufgrund anatomischer und physiologischer<br />
Gemeinsamkeiten zwei Erscheinungsformen desselben<br />
Entzündungsprozesses darstellen. Außerdem gibt es bereits<br />
Medikamente, mit denen durch Entzündungshemmung<br />
sowohl Asthma als auch Heuschnupfen gleichzeitig behandelt<br />
werden können. Den Ärzten liegen zudem verschiedene<br />
Leitlinien der einzelnen Fachgesellschaften vor, wie<br />
diese Erkrankungen optimal diagnostiziert und therapiert<br />
werden sollten. Dennoch werden noch zu viele Patienten<br />
– obwohl sie schon Medikamente einnehmen – unzureichend<br />
behandelt. Sie müssen deshalb erhebliche Einbußen<br />
bei ihrer Gesundheit und ihrer Lebensqualität hinnehmen.<br />
Woran liegt dies? Wie kann man die Erkenntnisse moderner<br />
Forschung praktisch nutzbar machen? Wie kann man<br />
die Situation der Betroffenen verbessern? Und wie können<br />
Ärzte ebenso wie die Patienten selbst diese Probleme lösen?<br />
Diese Fragen diskutierten klinisch tätige und niedergelassene<br />
Ärzte sowie Vertreter von Patientenorganisationen,<br />
u.a. auch der <strong>Patientenliga</strong> <strong>Atemwegserkrankungen</strong>,<br />
im April auf dem ersten deutschen MetaForum in Berlin.<br />
Das Gremium verabschiedete das „Berliner Manifest<br />
<strong>2005</strong>“, eine Handlungsempfehlung nicht nur für die<br />
Ärzte, die Patienten mit Asthma und/ oder Heuschnupfen<br />
behandeln, sondern auch für die gesundheitspolitischen<br />
Entscheider in Deutschland.<br />
1. Allergische Erkrankungen sind Systemerkrankungen.<br />
Sie sind Folge eines falsch programmierten Immunsystems.<br />
Verschiedene Organe wie Lunge, Nase,<br />
Haut oder Darm können betroffen sein. Die ersten<br />
Anzeichen allergischer Krankheiten treten zumeist im<br />
frühen Kindesalter auf.<br />
2. Hinter einzelnen allergischen Krankheiten können die<br />
gleichen Auslöser und Entwicklungsprozesse stehen.<br />
So liegen dem Heuschnupfen (= allergische Rhinitis)<br />
und dem Asthma ähnlich ablaufende Entzündungsprozesse<br />
zugrunde.<br />
3. Die meisten Allergiker leiden in der Regel nicht nur<br />
unter einer einzelnen Erkrankung, sondern unter mehreren<br />
gleichzeitig. Dies macht eine ganzheitliche<br />
Diagnostik und Therapie erforderlich. Eine Begrenzung<br />
der ärztlichen Aufmerksamkeit auf einzelne<br />
Organe ist dann nicht ausreichend.<br />
4. Die allergische Rhinitis ist keineswegs immer eine nur<br />
lästige Erkrankung, denn sie kann in vielen Fällen<br />
eine Vorerkrankung eines allergischen Asthma<br />
Zu Ihrer Information Luftpost<br />
bronchiale sein. Rhinitispatienten haben ein drei bis<br />
siebenfach höheres Risiko, ein Asthma zu entwickeln<br />
als Nicht-Allergiker. Und Asthma ist auch heute noch<br />
in Deutschland eine potentiell lebensbedrohliche<br />
Erkrankung.<br />
5. Die allergische Rhinitis hat zusätzlich zu den gesundheitlichen<br />
Aspekten soziale, schulische und berufliche<br />
Probleme zur Folge, die Kinder ebenso wie Erwachsene<br />
betreffen und die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen<br />
können.<br />
6. Bei der Diagnose und der Behandlung ist eine Vernetzung<br />
zwischen Hausärzten und Spezialisten unverzichtbar,<br />
um den individuellen Bedürfnissen aller Patienten<br />
gerecht zu werden.<br />
7. Gleichzeitig müssen die Bedürfnisse und die Anforderungen<br />
der Patienten an eine optimale Versorgung bedacht<br />
werden. Ganzheitliche und patientenorientierte<br />
Behandlungskonzepte müssen die Möglichkeiten der<br />
a)Allergenkarenz (Vermeidung von Kontakten mit<br />
allergieauslösenden Stoffen)<br />
b)antiallergischen und antientzündlichen<br />
Medikamente<br />
c) Immuntherapie und der<br />
d)Patientenschulung einbeziehen.<br />
8. Die Behandlung muss auf das individuelle Beschwerdebild<br />
des Patienten abgestimmt sein und alle möglicherweise<br />
betroffenen Organe sowie alle potentiell<br />
assoziierten Erkrankungen einbeziehen. Dies wird<br />
durch eine Selbstmedikation des Patienten allein nicht<br />
gewährleistet.<br />
9. Den Ärzten liegen mit den aktuellen Leitlinien Empfehlungen<br />
zur Behandlung verschiedener Krankheiten<br />
vor, wobei aber in der Regel für einzelne Krankheiten<br />
auch getrennte Leitlinien entwickelt wurden (z.B. für<br />
Asthma und allergische Rhinitis getrennt). Die in diesen<br />
Leitlinien empfohlenen Medikamente müssen<br />
basierend auf einem ganzheitlichen, fachübergreifenden<br />
Krankheitsmanagement vom Arzt verordnet werden.<br />
Diese Medikamente sind von den Krankenkassen<br />
zu erstatten.<br />
10. Von entscheidender Bedeutung für die Lebensperspektive<br />
allergisch Erkrankter sind die Früherkennung und<br />
die Frühbehandlung. Bereits heute gibt es<br />
Möglichkeiten der Primär-, Sekundär- und Teritär-<br />
Prävention, die aber auch angewandt und weiterentwickelt<br />
werden müssen.<br />
Die zehn Punkte des „Berliner Manifest<br />
<strong>2005</strong>“ wurden in ihrem Wortlaut leicht verändert,<br />
um sie für Nicht-Mediziner verständlicher<br />
zu machen.<br />
Autor:<br />
Dr. rer. pol. Helmut Berck<br />
Lindenstraße 26 ● 55130 Mainz<br />
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