Dieser Satz folgt aus der Transformationsformel für zweidimensionale Integrale. Um unshiervon zu überzeugen, nehmen wir an, dass für eine Fläche S zwei Parametrisierungen vorliegen,einmal r = r(u,v) mit Parametern (u,v) ∈ D 1 und eine andermal r = r(s,t) mit Parametern(s,t) ∈ D 2 . Die Parameterwechselabbildung (s,t) ↦→ (u,v) sei ein DiffeomorphismusD 2 → D 1 mit positiver Jacobideterminante J > 0. Mit der Kettenregel und den Rechenregeln fürdas Kreuzprodukt rechnet man wie folgt:∂ s r × ∂ t r = ( (∂ s u)∂ u r + (∂ s v)∂ v r ) × ( (∂ t u)∂ u r + (∂ t v)∂ v r )= ( (∂ s u)(∂ t v) − (∂ s v)(∂ t u) )( ∂ u r × ∂ v r )= J ( ∂ u r × ∂ v r ) .Hieraus folgt mit der Substitutionsregel∫ ∣ ∂ s r × ∂ t r ∣ ∫ ∣ d(t,s) =∂ u r × ∂ v r ∣ ∫ ∣∣J d(s,t) =∂ u r × ∂ v r ∣ d(u,v),D 1 D 1 D 2also die behauptete Unabhängigkeit der Definition des Flächenintegrals von der Wahl der Parametrisierung.Oft liegt eine Fläche anfänglich nicht in parametrisierter Form vor. Um ein Flächenintegralüber sie zu bilden, ist dann zunächst eine Parameterdarstellung zu finden.2.6 Beispiel. Es soll der Fluss Φ = ∫ S F · dA berechnet werden für das Vektorfeld F(x,y,z) =[2z,x + y,0] T durch das Flächenstück S der Ebene x + 2y + 3z = 4, welches im ersten Oktantenliegt. Die vom Nullpunkt abgewandte Seite ist die positive Seite (Oberseite) von S. Wir lösen dieGleichung für S nach x auf und verwenden u = y und v = z als Parameter:⎡ ⎤4 − 2u − 3vS : r(u,v) = ⎣ u ⎦, für 0 ≤ u,v und 2u + 3v ≤ 4.vMan berechnet n = [1,2,3] T , F · n = 2(x + y + z) = 2(4 − u − 2v) undΦ = ··· =∫ 2 ∫ (4−2u)/300(8 − 2u − 4v) dv du = ··· = 17627 .Man könnte S auch anders parametrisieren, beispielsweise so:⎡ ⎤4 − s −tS : r(s,t) = ⎣ s/2t/3⎦, für 0 ≤ s,t und s +t ≤ 4.Nach Satz 2.5 ist klar, dass man bei Verwendung dieser Parametrisierung auch den eben berechnetenWert für Φ erhält. In der Rechnung treten jedoch andere Integranden und Integrationsgrenzenauf.Eine Orientierung einer Fläche S ist die Festlegung einer Oberseite (positive Seite) von S.Meist wird diese Festlegung durch Wahl einer Normalenrichtung n getroffen, welche zur Oberseitevon S zeigt. Eine Parametrisierung definiert automatisch eine Orientierung der Fläche.20
Möchte man von S zur entgegengesetzt orientierten Fläche −S übergehen, dann genügt es dieParameter u und v zu vertauschen, dennn S = ∂ u r × ∂ v r = −∂ v r × ∂ u r = −n −S .Die Jacobideterminante J eines orientierungsumkehrenden Parameterwechsels ist negativ. Flächenintegralezweiter Art (14) hängen, anders als Flächenintegrale erster Art, von der Orientierungab:∫∫F · dA = − F · dA.−SSWie im Falle von Kurven können Flächen meist nicht in einem Stück parametrisiert werden.Sie werden dann als Vereinigung (Summe) von parametriserten (Teil-)Flächen dargestellt: S =S 1 + ··· + S N . Das Integral über S ist dann wie folgt gegeben:∫F · dA =S∫F · dA + ··· +S 1∫F · dA.S N2.7 Beispiel. Die Oberfäche S des VollzylindersZ = {(x,y,z) ; x 2 + y 2 ≤ R 2 , 0 ≤ z ≤ h}lässt sich in Deckel, Boden und Mantel zerlegen:S = D + B + M,D : r(x,y) = [x,y,h] T , x 2 + y 2 ≤ R 2 ,−B : r(x,y) = [x,y,0] T , x 2 + y 2 ≤ R 2 ,M : r(ϕ,z) = [Rcosϕ,Rsinϕ,z] T , −π < ϕ ≤ π, 0 ≤ z ≤ h.Hier ist S durch die aus dem Zylinder zeigende Normale orientiert. Die Normalenfelder sindn D = −n B = [0,0,1] T und n M = [Rcosϕ,Rsinϕ,0] T . Wir berechnen I = ∫ S F · dA für das VektorfeldF(x,y,z) = [x + y,0,z] T :∫I ==∫∫D+∫F · dA +B∫F · dA +x 2 +y 2 ≤R 2 1 · h dx dy −∫ h ∫ π0−π2.2 Der Gauß’sche Integralsatz∫∫MF · dAx 2 +y 2 ≤R 2 (−1) · 0 dx dy(Rcosϕ + Rsinϕ) · Rcosϕ dϕ dz∫ π= hπR 2 + hR 2 cos 2 ϕ dϕ = 2hπR 2−πDieser Satz besagt die Gleichheit des Volumenintegrals einer Ableitung – genauer: der Divergenzeines Vektorfeldes – mit einem Integral über die Oberfläche des Volumens. Die Divergenz21