Zur Morphologie.Die Gehäusemorphologie der Sphaeriiden ist meist außerordentlich variabel, so daß in früherenZeiten zahlreiche Arten, Unterarten und Formen beschrieben wurden, die später nur als ökologischeModifikationen angesehen wurden. So beschrieb beispielsweise CLESSIN (1876) S. corneum var. nucleusrecht ausführlich, während GEYER (1927) und EHRMANN (1933) es nur nebenbei als Formen bestimmterGewässertypen erwähnten. Ab den 1960er Jahren wurden ökologische Formen nicht mehr ernstgenommen, so daß diese in den Bestimmungsbüchern (JAECKEL 1961, GLÖER & MEIER-BROOK 2003)kaum oder keine Erwähnung mehr fanden. Dies führte zu einem "taxonomic lumping", wie wir es inder Gattung Sphaerium derzeit erkennen. KORNIUSHIN (1994, 1998, 2001) stellte heraus, daß es in Mitteleuropainnerhalb der Gattung Sphaerium neben S. rivicola, S. solidum und S. corneum noch die Arten S.nucleus und S. ovale gibt. S. nucleus wurde in früherer Zeit beispielsweise schon von BORCHERDING(1886) in seiner faunistischen Arbeit über die Mollusken der Nordwestdeutschen Tiefebene als Varietätvon S. corneum erwähnt und vermutlich auch im heutigen Sinne richtig gedeutet. Dies Beispiel zeigt,wie wichtig es ist, Formvarietäten zu beachten und nach möglichen konstanten Merkmalen zu suchen,die sie eventuell von anderen Individuen der Art unterscheiden.Hier wird gezeigt, welche Variabilität in der Gehäusemorphologie die Sphaeriiden in der NorddeutschenTiefebene besitzen, um zu erkennen, inwieweit die Gehäuseform, aber auch der Glanz und dieOberflächenstruktur als Bestimmungsmerkmale für die Arten der behandelten Gattungen geeignetsind.2Material und Methoden.Die in der vorliegenden Studie verwendeten Daten sind alle von den Autoren in den letzten 10 Jahrenselbst erhoben worden, wobei nur Daten aus der Norddeutschen Tiefebene Berücksichtigung fanden.Einige Nachweise beruhen auf Material, welches von anderen Sammlern zur Überprüfung vorlag.Die Schwerpunkte waren, bedingt durch die Kartierungsarbeiten, unterschiedlich verteilt. Die Datenkamen aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern [3486 Daten, det. ZETTLER], Hamburg [1423,det. GLÖER], Brandenburg [168, det. ZETTLER], Schleswig-Holstein [43, det. ZETTLER, GLÖER], Nordrhein-Westfalen[40, det. ZETTLER] und Sachsen-Anhalt [22, det. ZETTLER]. Aus Niedersachsen wurdenur ein Fund von Musculium transversum aus Ostfriesland integriert. Insgesamt konnten 5183 Datenzusammengetragen werden.Jedem Fundort wurde ein Habitattyp zugeordnet, um eine ökologische Klassifizierung zu ermöglichen.Wir haben versucht die Habitattypenzuordnung weitestgehend objektiv durchzuführen, dennochist ein subjektiver Fehler nicht auszuschließen. Wir denken jedoch, daß sich dieser Fehler aufGrund der Vielzahl an Angaben relativiert. Folgende Habitattypen wurden unterschieden, in Klammernsind jeweils die Anzahl der zugehörigen Fundorte angegeben: Quelle [14], Moor [17], Graben[218], Bach [275], Fluß [193], Kanal [155], Brackwasser [19], See [283], Teich [50], Torfstich [26],Waldtümpel [28], Erlenbruch [32], Ried [16], Senke [15] und Soll [17]. Insgesamt wurden 1358 Fundorteausgewertet. Die Definition der Habitattypen erfolgt im Ergebnisteil. Ebenfalls klar ist, daß die Aufsplittungin spezifische Habitattypen noch viel differenzierter erfolgen könnte. Z. B. sind bei Seenunterschiedlichste Typen zu unterscheiden, anhand der Morphologie (durchflossen und abgeschlosseneSeen), anhand der Trophie und des pH-Werts (mesotroph-basenarme und mesotroph-kalkreicheSeen, dystrophe Seen und eutrophe Seen) und der Morphogenese bzw. Sukkzession (glaziale Seen,künstliche Seen, verlandete Seen). Die vorliegende Studie versucht möglichst für jeden nachvollziehbaraus den eingeteilten Habitattypen Verallgemeinerungen abzuleiten, die es uns erlauben, ökologischeAnsprüche der Arten zu erkennen.Die Daten wurden hinsichtlich der Frequenzen (relative Häufigkeiten) und Vergesellschaftungenausgewertet. Mit Hilfe der Clusteranalyse wurden die Wahrscheinlichkeit bzw. Häufigkeit des gemeinsamenAuftretens von Sphaeriiden-Arten analysiert. Dazu wurde das Computerprogramm Primer5.2.2 für Windows (Plymouth) benutzt.Um morphologische Variabilitäten aufzuzeigen, wurde jede Art von möglichst unterschiedlichen
Standorten photographiert. Es wird deutlich, daß es Arten mit hoher Formstabilität gibt, währenddessenandere Arten eine relativ große Schalenvariabilität aufweisen. Den Grad der Variabilität der behandeltenArten zu beurteilen, ist zwar subjektiv, doch kann in vielen Fällen eine Korrelation mit der ökologischenValenz der betreffenden Arten hergestellt werden. Da sind einerseits die Arten, die lotischeBereiche präferieren, wie Sphaerium solidum, S. rivicola, Pisidium amnicum und P. supinum, und andererseitsdie Arten der typisch lenitischen Bereiche wie Pisidium personatum, P. globulare, P. hibernicum, P. lilljeborgiiund P. pseudosphaerium, die alle eine geringe Variabilität ihrer Gehäusemorphologie zeigen. DiejenigenArten, die ein weites Spektrum in ihrer Habitatwahl besitzen, wie besonders Sphaeriumcorneum, Pisidium casertanum und P. subtruncatum zeigen auch eine entsprechende Variationsbreite inder Gehäusemorphologie. Lediglich bei Pisidium henslowanum und P. milium läßt sich ein Bezug zwischenVariabilität und ökologischer Valenz nicht erkennen.Ergebnisse und Diskussion.Bei der Auswertung des Datenmaterials haben wir zwei Herangehensweisen gewählt. Die erstewird über die Habitattypen, deren Charakterisierung und deren Besiedlung durch die SphaeriidaeAussagen treffen. Die zweite behandelt die einzelnen Arten in monographischer Form. Dabei wird aufdie Verbreitung, die ökologischen Ansprüche und die Schalenmorphologie eingegangen.Häufigkeiten der Arten in der Norddeutschen Tiefebene.Im Untersuchungsgebiet gehören mit über 500 Nachweisen die Arten Sphaerium corneum, Pisidiumcasertanum, P. nitidum, P. henslowanum und P. subtruncatum zu den am häufigsten nachgewiesenenSphaeriidae (Tab. 1). Mit jeweils über 100 Nachweisen sind weitere 8 Kleinmuscheln vertreten. 10 Artenwaren seltener anzutreffen. Die Fundortdichte lag zwischen 14 (P. lilljeborgii) und 95 (P. moitessierianum).Zu den seltensten und durch die vorliegende Studie kaum erfaßten Arten zählen Musculiumtransversum, P. tenuilineatum und P. conventus. Für diese konnten kaum Aussagen zur Ökologie getroffenwerden.Tab. 1: Absolute Fundortanzahl (FO) der Sphaeriidae in der Norddeutschen Tiefebene sortiert nach deren Häufigkeiten.Art Fundorte Art FundorteSphaerium corneum 743 Pisidium moitessierianum 95Pisidium casertanum 591 Sphaerium solidum 80Pisidium nitidum nitidum 568 Pisidium crassum 78Pisidium henslowanum 524 Pisidium pulchellum 65Pisidium subtruncatum 507 Sphaerium nucleus 61Pisidium milium 310 Sphaerium ovale 60Pisidium amnicum 299 Pisidium pseudosphaerium 49Musculium lacustre 258 Pisidium hibernicum 31Pisidium supinum 246 Pisidium globulare 21Pisidium obtusale 186 Pisidium lilljeborgii 14Pisidium ponderosum 156 Musculium transversum 4Pisidium personatum 132 Pisidium tenuilineatum 3Sphaerium rivicola 101 Pisidium conventus 1Summe 5183Habitattypen und deren Besiedlung.Die unterschiedlichen Habitattypen zeigen ein sehr spezifisches Besiedlungsmuster (Diagramm 1).Während Extremstandorte wie Quellen, Senken und Sölle ein niedriges Artenspektrum (3 bis 8 Arten)3
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Die Abbildungen 42 und 43 basieren
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Zusammenfassung.In der vorliegenden
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GLÖER, P. & ZETTLER, M. L. (2005):
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KUIPER, J. G. J., ØKLAND, K. A., K
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ZETTLER, M. L. (1999): Zur Verbreit
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Erklärungen zu den Tafeln 1-18.Taf
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Tafel 13.Vergr. 15:1.Pisidium obtus
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