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KUV-Magazin EINS (pdf 3 MB) - Klinikverbund der gesetzlichen ...

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<strong>EINS</strong> | Füreinan<strong>der</strong> da sein 63Bereits auf <strong>der</strong> Intensivstation arbeiten Physiotherapeutenmit dem frisch verletzten Patienten. Dabei richtet sich dieBehandlung an den Verletzungen und dem Alter <strong>der</strong> Betroffenenaus. „Unser oberstes Ziel ist es, jede Patientin undjeden Patienten so selbstständig wie möglich zu machen“,sagt Privatdozent Dr. Andreas Badke, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> TübingerKlinik den Bereich Wirbelsäulenchirurgie leitet. Wenn möglichsollen die Rückenmarkverletzten zurück in ihre gewohnteUmgebung und in den Arbeitsalltag.Angehörige einbeziehenAnfangs stehen die Betroffenen vor <strong>der</strong> großen Herausfor<strong>der</strong>ung,die mit <strong>der</strong> Verletzung einhergehenden enormen Einschränkungenzu akzeptieren. „Für viele Patienten ist esallerdings schwieriger, damit klarzukommen, dass sie Blaseund Darm nicht kontrollieren können, als dass sie nichtmehr laufen können“, sagt Patrick Mayer, psychologischerPsychotherapeut am Unfallkrankenhaus Berlin (ukb). Indiesen Zeiten sind Psychologen und Seelsorger Ansprechpartner.Ihre Arbeit ist in den berufsgenossenschaftlichen Klinikenfest in das stationäre Behandlungskonzept integriert.In einer ersten Phase kurz nach <strong>der</strong> Diagnose schützthäufig eine Art emotionaler Airbag vor einem psychischenZusammenbruch. „Viele Patienten setzen plötzlich unglaublicheKräfte frei“, hat Patrick Mayer beobachtet. Es sind eherdie Angehörigen, die in dieser Phase überfor<strong>der</strong>t sind undStresssymptome zeigen. Daher werden Angehörige von Beginnan in die Therapie einbezogen. „Vor ihnen liegt einMarathonlauf und wir müssen dafür sorgen, dass sie nichtihre gesamte Kraft in die ersten Kilometer investieren“, erläutert<strong>der</strong> Psychotherapeut. Das Berliner Behandlungszentrumfür Rückenmarkverletzte veranstaltet regelmäßigSeminare für Patienten und Angehörige, in denen sie Informationenund Unterstützung im Umgang mit <strong>der</strong> neuenSituation erhalten. Ziel ist es körperliche, seelische undsoziale Komplikationen, die ihre Krankheit o<strong>der</strong> Verletzungmit sich bringt, zu vermeiden o<strong>der</strong> zu minimieren.Mobiler als je zuvorEine Heilung ihrer Krankheit ist jedoch <strong>der</strong>zeit nicht inSicht. Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerarbeiten an dem Ziel, einen Rückenmarkdefekt zu überbrückenund dem Patienten die Lähmung zu ersparen. „Hierzugibt es interessante Ansätze, <strong>der</strong> große Durchbruch imSinne einer Reparatur des Rückenmarkschadens ist jedochnoch nicht geglückt“, sagt Prof. Dr. Christian Jürgens, ÄrztlicherDirektor des BG Unfallkrankenhauses Hamburg.Zumindest hat sich die Lebensqualität Querschnittgelähmterin den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert:„In <strong>der</strong> Rehabilitation und den Möglichkeiten <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>unghaben wir große Fortschritte erzielt“, betont<strong>der</strong> Tübinger Arzt Badke. Das Training motorischer Funktionenmacht den Patienten heute erheblich mobiler als früher,zudem sind elektronische Hilfen und Assistenzsystemeweiterentwickelt worden und im Alltag unentbehrlich.Hand in Hand arbeiten Ärzte, Physio- und Ergotherapeuten,Logopäden, Sozialarbeiter, Psychotherapeuten, Seelsorger,Sporttherapeuten sowie Krankenschwestern und-pfleger an dem jeweiligen Therapieziel. Sie alle sind speziellfür die Behandlung und Betreuung Querschnittgelähmterausgebildet. In <strong>der</strong> Physiotherapie werden Muskelkräftigungen,Körperkontrolle und Bewegungsübergänge erarbeitet.In <strong>der</strong> Ergotherapie steht das Alltagstraining im Vor<strong>der</strong>grund:Fähigkeiten, die verloren gegangen sind, werden durchneue ersetzt.Im Rahmen eines Rollstuhltrainings wird <strong>der</strong> Patientbeispielsweise auf die Hürden des Alltags vorbereitet. Außerhalb<strong>der</strong> Klinik sind Straßen und Wege nicht so glatt und barrierefreiwie die Krankenhausflure. Klaus Greif erinnert sich:„Die ersten Wochen in <strong>der</strong> realen Welt waren wirklich hart.“„Man muss Geduld haben.“Doch Schritt für Schritt arbeitete sich <strong>der</strong> Fahrradhändlerin den Alltag zurück. Am Anfang konnte er nicht aufrecht imRollstuhl sitzen und hatte ständig Angst nach vorn zu fallen.Mit intensiver und dauerhafter Physio- und Ergotherapie schaffteer es schließlich, seinen Rollstuhl zu beherrschen. „Man mussGeduld haben“, sagt Klaus Greif. Auch sein Optimismus undsein Wille halfen bei den sichtbaren Fortschritten. Den Tübingerspornte es an, zu sehen, dass an<strong>der</strong>e Patienten mit ähnlichenVerletzungen nach einigen Monaten Dinge tun konnten,von denen er kurz nach seinem Unfall noch weit entfernt war.Das kann ich bald auch – war sein Motto. Und tatsächlichfuhr er in seinem Rollstuhl schon bald durch den Klinikpark.Klaus Greif half es in dieser Zeit, dass er offen war und aufdie Kom petenzen des Teams vertraute. „Ich wusste, das sindExperten, die ihr Bestes für mich tun.“In allen Kliniken ist das Sportprogramm ein wichtigerBaustein <strong>der</strong> Therapie (siehe Beitrag Seite 66). Auch die Vorbereitungauf den neuen Alltag nach <strong>der</strong> Klinik nimmt vielRaum ein. Wer will, kann noch während <strong>der</strong> Reha-Phase dasAutofahren in speziell umgebauten Fahrzeugen lernen. DerSozialdienst berät den Patienten hinsichtlich <strong>der</strong> häuslichenVersorgung und meist notwendiger Umbaumaßnahmen,beispielsweise in Küche und Bad.Fünf Monate nach seinem Unfall, im Sommer 2010,konnte Klaus Greif die Klinik verlassen. Er kehrte nicht nurin seine Wohnung, son<strong>der</strong>n auch in seine berufliche Selbstständigkeitzurück: in sein Fahrradfachgeschäft „Rad & Tat“,mit dem er sich vor dem Unfall einen guten Namen in <strong>der</strong> Radszeneund ein gutes Einkommen gesichert hatte. Dort arbeiteter an drei Tagen pro Woche im Verkauf und gelegentlich auchin <strong>der</strong> Werkstatt.

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