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LANDLEBENzu wirken; der Grossteil der Bevölkerunghatte noch direkten Kontakt zu ihr.Der Weg der Produkte vom Stall undAcker auf den Tisch war transparent,die Zusammenhänge zwischen Produzierenund Konsumieren überschaubar,und deshalb die Ansprüche der einenmit den Möglichkeiten der anderenkongruent.Fehlender Mist am Ärmel Mehrnoch: Der Landwirt war Garant für volleSpeicher und Mägen, der Sämann aufmehr sich Veredler und Vermarkter zwischenUrproduzent und Endverbraucherstellten. Das Verständnis für Zusammenhängezwischen Hervorbringen undVerschlingen ging der Bevölkerung, weilihr der Mist am Ärmel abhanden gekommenwar, mehr und mehr verloren.Touri und Agra Folge davon: AufKonsumentenseite erwachten, mit zunehmenderAbnabelung von der eigenenbäuerlichen Vergangenheit, zweineue Gefühle: eine nostalgisch-ver-Verchilbisierung der BergeFreiheit erleben und durchatmen – wasfrüher der Lohn nach einer Anstrengungam Berg war, ist heute Werbeslogan füralpine Vergnügungsattraktionen, dieebenso gut auf einem Chilbiplatz einerAgglomeration im Unterland stehenkönnten. So spriessen denn die alpinenVergnügungsparks wie exotische Pilzeaus felsigem Boden: Rodelbahnen,Klettertürme und Trotinett-Rennstrecken,Hängebrücken und Seilrutschen,Kunststoffkühe, Hüpfburgen und Tipi -zelte oder Partys und Rockkonzerte.Solch alpiner Chilbibetrieb scheint zwarkurzfristig Wirkung zu zeigen; langfristigjedoch, so sehen es sowohl Ökonomenals auch Naturschutzorganisationensowie der Schweizer Alpenclub, wohlkaum. Der bayrische Alpinpublizist KarlStrankiewitz meint in seinem Buch «Wieder Zirkus in die Berge kam», mit derVerchilbisierung der Berge erreiche manbloss Leute, «die auch sonst überall hin -rennen und bald wieder weg sind».Symptomatisch auch die Imagewerbungder Landwirtschaft selber. Die WerbekuhLovely hat Auftritte mit Sportlern undPrimaballerinen. Derjenige, der sie be -treut, der Bauer, bleibt ein Phantom.Kurz: Vielleicht wären etwas mehrNorma lität, Echtheit und Naturnähe –ohne gleich in Heidi-Romantik abzu -gleiten – eine nachhaltigere Strategie füreine erfolgreichere Berg-Sommersaison.Wohl leben und arbeiten sie in Gottes freier Natur, doch das Tagewerkder Bergbauern ist mühsam und hart. Bilder: ABTdem Feld Symbol für Heimat und derBauer auf dem Melkstuhl, die schwieligenHände am warmen Euter der bravenKuh, war Inbegriff einer partnerschaftlichenNutztierhaltung. Kurz: Die Landwirtschaftvon damals war volksverwurzelt,von natürlichem Charme. Ihr Imagepflegte sich von selbst.Doch als sich die Bauernnation zumIndustriestaat mauserte, änderten sichdie Vorzeichen: Die schollenverbundeneBauernsame schmolz wie Schnee unterder Sonne, dieweil die anonymeKonsumgesellschaft und deren Hungerexplodierten. Ihre Entfremdung von derLandwirtschaft bahnte sich indirekt proportionalzur Modernisierung und Rationalisierungletzterer an.Das parallel verlaufende Sterben derheimeligen Kleingehöfte liess die Schaufensterfrontder Landwirtschaft zunehmendkleiner werden. Zudem schwanddie Tuchfühlung zum Konsumenten, jebrämte Heile-Welt-Sehnsucht und einunterschwelliges Mitschuldempfinden,welches liebend gern reziprok alsSchuldzuweisung an die Gegenseite vonsich geschoben wird. Beides lässt sichvon Drittseite schüren.Dabei sind es gerade auch die hohenAnsprüche der Konsumenten (weissesKalbfleisch, kein Schorf am Apfel) gewesen,die unökologisches Handeln seitensder Landwirtschaft initiierten. ZumGlück sind die Weichen jetzt neu gestellt.Ein vermehrtes Zusammengehenvon Tourismus und Agrikultur könnte indiesem Prozess die Hefe im Teig sein.Man bedenke: Kein anderer Berufsstandverfügt über derart viele Sympathietrümpfewie die in und mit der Natur arbeitendeBerglandwirtschaft samt ihrerViehhabe (Tiere bauen Brücken). Sie istder ungeschliffene Diamant des Tourismus.Ergo: Touri und Agra, ein Flirt genügtnicht, heiratet!Der Erhalt der Schön -heit der Kulturlandschaft– eine Wohlfahrts-Nebenfunktionder Berglandwirtschaft.Bild: ABTAutor Heini Hofmann, Jona (SG) istTierarzt und Publizist und betätigt sichals Brückenbauer zwischen Landwirtschaftund Nichtlandwirtschaft.www.ufarevue.ch 7-8 · 13<strong>UFA</strong>-REVUE · 7-8 2013 87

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