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1/2013 - Psychotherapeutenjournal

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Der Bericht an den Gutachter als sinnvollesQualitätssicherungsinstrumentBernd UbbenZusammenfassung: Niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten 1erleben die Berichtspflicht im Rahmen des Gutachterverfahrens der Psychotherapie-Richtlinien häufig als sehr belastende Arbeitsanforderung. Ihre Berufsverbände setzensich zum Teil vehement für eine Erleichterung des Antragsverfahrens ein, und auchvonseiten der Krankenkassen wird nach Reformmöglichkeiten gesucht. Der Autor möchtedie teilweise sehr einseitig und emotional geführte Diskussion um eine andere Sichtweiseergänzen: Er stellt für das Verfahren Verhaltenstherapie dar, wie sich der Berichtan den Gutachter als Instrument zur Qualitätssicherung nutzen lässt: Die vorgesehenenacht Berichtspunkte bilden einen sinnvollen Pfad, der zu einer diagnostisch begründetenevidenzbasierten Behandlungskonzeption führt. Damit verknüpft lässt sich durch dieBeantwortung einer umgrenzten Fragenliste parallel ein Berichtstext generieren. Weiterhinwird aufgeführt, welche diagnostischen und konzeptuellen Kompetenzen hierfür aufPsychotherapeutenseite vorhanden sein sollten oder gegebenenfalls zu verbessernsind.Die Aufgabe des Berichteverfassens imRahmen des Antragsverfahrens der Psychotherapie-Richtlinienwird von den dazuverpflichteten Psychotherapeuten und ihrenBerufsverbänden immer wieder außerordentlichnegativ bewertet. Die Kritikpunktezur Berichtspflicht werden von Sievers(2012, S. 11-17) zusammengefasst. Erzweifelt an, dass es sich hierbei um einesinnvolle Maßnahme der Qualitätssicherunghandelt, sieht hierin einen „chronischenStress“ für die Behandler und bezeichnetdie Patienten als „Leidtragendedes Systems“. Weiterhin weist er daraufhin, dass die Berufszufriedenheit von Psychotherapeutendurch das belastende Verfassenvon Antragsberichten erheblich eingeschränktwürde und infolge dieses Belastungserlebensnur „mangelnde Zeit füradäquate Fortbildung“ bestehe.<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2013</strong>Entgegen einer solchen Einschätzung sollim Folgenden auf die qualitätsförderndenRessourcen des Berichteverfassens hingewiesenwerden. Es werden drei Merkmalebeschrieben, die den Bericht an den Gutachterals hilfreiches, rational begründetesund zeitökonomisches Qualitätssicherungsinstrument darstellen. Jedem deracht Punkte des Berichts werden Kompetenzenzugeordnet, über die planende undberichtende Psychotherapeuten verfügensollten. In einer Übersicht werden zu klärendePlanungsaspekte und die im Berichtzu beantwortende Fragen aufgeführt.QualitätssicherndeMerkmale des Berichtsan den GutachterDer Bericht strukturiert aufsinnvolle Weise den diagnostischenund konzeptionellenProzessVersteht man den Bericht an den Gutachterals Psychotherapieplanung in schriftlicherForm, dann dient er dem Zwecke einersorgfältigen Fallkonzeptualisierung (vgl.Ubben, 2010). Bevor die Interventionsphaseeiner verhaltenstherapeutischen Krankenbehandlungerfolgt, ist es notwendig,diese in einer Orientierungsphase, der Probatorik,sorgfältig diagnostisch und konzeptionellvorzubereiten. Eine solche explizitePlanungsarbeit ist notwendige undselbstverständliche Bedingung für ein verantwortungsvolles,professionelles Arbeiten.Der Aufbau des Berichtes, so wie erim Informationsblatt der KBV zur Erstellungvon Berichten an den Gutachter vorgegebenwird (vgl. Faber & Haarstrick, 2012,S. 71ff.), gliedert die Konzeptualisierungeiner Verhaltenstherapie auf sinnvolle Weise(vgl. Tabellen 1 und 2). Zunächst werdenmit den Punkten 1 bis 3 die Beschwerdendes Patienten aus der Person-Perspektive erfasst: Die spontane Symptomschilderung(Punkt 1) stellt die persönlicheBeschwerdeschilderung des Patientendar, die lebensgeschichtliche Störungsanamnese(Punkt 2) entwickelt Hypothesenzu dessen Prädispositions- und Dekompensationsbedingungen,der PsychischeBefund (Punkt 3) beurteilt den Interaktionsstildes Patienten, prüft bei diesemdas Vorliegen psychopathologischer Merkmaleund stellt relevante testdiagnostischeErgebnisse dar. Die Punkte 4 bis 6 desBerichtes beschreiben und erklären aktuelleAspekte der Störung: Der somatischeBefund (Punkt 4) beurteilt den Einflusskörperlicher Faktoren auf die Störung,weist auf relevante sozialmedizinische Befundehin und benennt die ggf. erfolgende(z. B. pharmakotherapeutische) ärztlicheMitbehandlung. Die Verhaltensanalyse(Punkt 5) beschreibt die Symptomatik underklärt deren aktuellen Aufrechterhaltungsbedingungen,die Diagnosestellung (Punkt6) ordnet die Störung des Patienten in dasKlassifikationssystem der ICD-10 ein und1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werdenim Folgenden nicht durchgängig beideFormen genannt. Selbstverständlich sind jedochimmer Männer und Frauen gleichermaßengemeint.27

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