BundespsychotherapeutenkammerMitteilungen der Bundespsychotherapeutenkammerstarken Veränderungen ihrer Stimmungenunterscheiden. Wichtiges Ziel in der Psychotherapiesei es deshalb, den Patientenfür Alarmsignale zu sensibilisieren, mit deneneine neue Krankheitsphase beginnenkann. Dies ermögliche es häufig, eine manischePhase z. B. durch tägliche Therapeutenkontakteund/oder eine Veränderungder Medikation abzufangen. Zudemsei es wichtig, den Patienten mögliche Risikofaktorenbewusst zu machen, zu denenein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus sowie Alkohol- und Drogenmissbrauchebenso wie eine unzureichendePharmakotherapie zählten. Das Rückfallrisikokönne durch die Kombination vonPsychotherapie und Pharmakotherapie umbis zu 40 Prozent verringert werden (verglichenmit der Standardbehandlung), ergänzteHautzinger.Phasenübergreifende therapeutischeBegleitungWie erfolgreich eine sektorenübergreifende,vernetzte Behandlung von Patientenmit bipolaren Störung sein kann, berichteteProf. Dr. Thomas Bock, Leiter der Spezialambulanzfür Psychosen und BipolareStörungen am UKE Hamburg. Die Zahlder stationären Behandlungen konnte im„Hamburger Modell“ halbiert werden. Eskam zu einer deutlichen Verringerung vonZwangseinweisungen und der Anteil derPsychotherapie an der Behandlung konntevon fünf auf 52 Prozent gesteigert werden.Gleichzeitig konnten die Kosten derGesamtbehandlung deutlich gesenkt werden.Bestandteile des integrierten Versorgungsmodellsseien eine kontinuierlicheBegleitung durch niedergelassene Psychiaterund Psychotherapeuten, Home-Treatment, eine Krisentagesklinik und eineKrisenstation sowie Selbsthilfegruppen.Alle Beteiligten verbinde außerdemeine psychotherapeutische Grundhaltung.Eine gute Beziehung sei die Voraussetzungfür eine erfolgreiche Medikationund nicht umgekehrt.Vernetzte Behandlung auchambulant möglichDass eine vernetzte und multiprofessionelleBehandlung auch in einer ambulantenPraxis möglich ist, zeigte der Vortrag vonDr. Britta Bernhard, niedergelassene Psychotherapeutinaus Olching bei München.Häufig wüssten Psychiater und Psychotherapeutenzu wenig über die Arbeit der jeweilsanderen Berufsgruppe. InterdisziplinäresWissen über bipolare Erkrankungenund Offenheit seien auf beiden Seitennotwendig für eine gute Zusammenarbeit.Eine vernetzte ambulante Behandlung belasseden Patienten in seinem gewohntenUmfeld und helfe somit, die Krankheitsbelastungzu verringern. Viele ambulanteMonika Konitzer, Vizepräsidentin der BPtKTherapeuten scheuten jedoch davor zurück,Patienten mit bipolaren Störungen zuübernehmen. Eine bessere Verankerungentsprechender Inhalte in Ausbildungscurriculaund Fortbildungsangeboten sei deshalbwünschenswert.Barrieren in den KöpfenabbauenDem pflichtete auch BPtK-VizepräsidentinMonika Konitzer in ihrem Schlusswort bei.Nach einer Studie der KassenärztlichenBundesvereinigung von 2012 tauchen bipolareStörungen unter den 20 häufigstenDiagnosen in der ambulanten psychotherapeutischenVersorgung nicht auf. Gemessenan dem hohen Anteil der Patienten,die wegen ihrer Erkrankung in Kontaktmit dem Gesundheitswesen waren, deutetdies auch auf Probleme hin, solche Patientenan ambulante Therapeuten zu vermitteln.v. l.: Prof. Dr. Martin Hautzinger, Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Britta Bernhard60 <strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2013</strong>
Anstellung im Fokus – BPtK & ver.diMitteilungen der BundespsychotherapeutenkammerBundespsychotherapeutenkammerVergütung und Leitungsfunktionen vonPsychotherapeuten in Krankenhäusernund Rehabilitationskliniken waren die zentralenThemen der ersten gemeinsamenFachtagung der Bundespsychotherapeutenkammer(BPtK) und der Dienstleistungsgewerkschaftver.di am 18. Januar<strong>2013</strong> in Berlin, an der rund 70 Interessierteteilnahmen.Ausbildung und NiederlassungVer.di-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschkeschilderte in ihrem Grußwort den Einsatzihrer Gewerkschaft für eine neue Entgeltordnungim Gesundheitsbereich. BPtK-Vizepräsident Dr. Dietrich Munz erläuterte,dass bei der Entwicklung des Psychotherapeutengesetzesder Fokus auf der ambulantenVersorgung gelegen habe. Für denstationären Bereich fehle es daher zumTeil an den gesetzlichen Anpassungen imSGB V, um eine Gleichstellung von PsychologischenPsychotherapeuten (PP)und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten(KJP) mit Fachärzten sicherzustellen.Ein zweites zentrales Problem seider Status und die Bezahlung der Psychotherapeutenin Ausbildung (PiA) währendder „Praktischen Tätigkeit“. Bei der diskutiertenReform der Psychotherapeutenausbildungmüssen das Berufsbild weiterentwickeltund stärker die verschiedenen stationärenTätigkeitsfelder berücksichtigtwerden.Gleichstellung im stationärenBereichJohann Rautschka-Rücker, Geschäftsführerder Landespsychotherapeutenkammer Hessen,beschrieb die rechtlichen Besonderheitenim stationären Bereich: Das Nebeneinanderder gesetzgeberischen Kompetenzenvon Bund und Ländern, die ausgeprägtenHierarchien im Krankenhaus undden Machtanspruch des ärztlichen Berufsrechts.Der Begriff der Facharztgleichstellungsei rechtlich nicht definiert, sondernAusdruck professionellen Selbstverständnissesvon Psychotherapeuten aufgrundeiner gleichwertigen Qualifikation. PP undKJP erfüllten den Facharztstandard im Haftungsrechtaufgrund ihrer Befugnis zur Diagnostik,IndikationsstellungundpsychotherapeutischenBehandlungvon Störungen mitKrankheitswert.Entsprechend seienPP und KJPauch im Krankenhausstets selbstständigund eigenverantwortlichundnie als Heilhilfsberuftätig, auchwenn sie ggf. inAm Rednerpult: Ellen Paschke, Bundesvorstandsmitglied ver.diDelegation durcheinen Facharzt tätig seien. Bei der Krankenhausleitungdurch einen PsychotherapeutenPsychotherapeuten in Leitungsfunktionedochbestehe – so Rautschka-Rücker – je-ein Auslegungsproblem, weil PsychotherapeutenZum Abschluss fand eine Podiumsdiskussionkeine Krankenhausbe-zu Psychotherapeuten in Leitungsfunktionenstatt, die durch zwei Impulsrehandlungenveranlassen dürften.ferate der leitenden PsychotherapeutenAus tariflicher Sicht berichtete Frau GabrieleGröschl-Bahr, Bereichsleiterin Tarifpolitik,Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrtund Kirchen bei ver.di, über die seit überfünf Jahren laufenden Eingruppierungsverhandlungenim Gesundheitsbereich. Eineangemessene Berücksichtigung der psychotherapeutischenAusbildung in der Entgeltordnungund die facharztanaloge Eingruppierungund Vergütung von PP undKJP sei unvermindert das Verhandlungszielvon ver.di.Peter Missel, AHG-Kliniken Daun, undTilman Kluttig, Zentrum für Psychiatrie Reichenau,eingeleitet wurde. Die Beispielezeigten, dass die Übernahme von Leitungsfunktionendurch Psychotherapeutenhäufig Folge eines längeren Entwicklungsprozessesist, der eng mit deren gewachsenerKompetenz und Verantwortung zusammenhängt.Zukünftig sei es wichtig,dass die Stellen der sogenannten „LeitendenPsychologen“ tatsächlich mit Psychotherapeutenbesetzt würden und Stellenausschreibungensowohl für LeitungspositionenTarifarbeit und Mitbestimmungals auch auf Stationsebene für PPerfolgten. Eine Novellierung des Psychotherapeutengesetzessei eine Chance, diezu einer Erweiterung der Befugnisse vonPsychotherapeuten führen müsse, um insbesondereauch Einweisungen ins Krankenhausund Rehabilitationsbehandlungenveranlassen zu können.Praxisbeispiele erfolgreicher betrieblicherMitbestimmung und Tarifarbeit von Psychotherapeutenin Krankenhäusern stelltenJuliane Dohren und Klaus Thomsenvor. Diese Beispiele umfassten sowohl dieEinführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagementswie auch den Abschlusseiner Rahmenvereinbarung zurAusbildung von PP und KJP im Pfalzklinikumbzw. im Damp-Tarifvertrag. In den Verhandlungenkonnten jeweils erfolgreichVergütungen von PiA, approbierten Psychotherapeutenund Psychotherapeutenin Leitungsfunktion erreicht werden, dieihren Tätigkeiten angemessen sind.GeschäftsstelleKlosterstraße 6410179 BerlinTel. 030 278785-0Fax 030 278785-44info@bptk.dewww.bptk.de<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2013</strong>61