BundespsychotherapeutenkammerMitteilungen derBundespsychotherapeutenkammerKonsequenzen der neuen Bedarfsplanung – neue Niederlassungsmöglichkeiten undverantwortungsbewusste Vorbereitung der NachbesetzungsverfahrenVerbesserung auf dem LandDas Positive zuerst: In ländlichen bzw. eigenversorgtenRegionen (neuer Typ 5)wird es bundesweit etwa 1.350 zusätzlichePraxissitze geben. Nicht überall, aber dochin vielen Regionen (Beispiele siehe Tabelle1). Interessenten können sich dort umeine Zulassung bewerben. Die Bedarfsplanungs-Richtlinieschreibt vor, dass die neuenVorgaben bis zum 1. Juli <strong>2013</strong> umgesetztsein und somit zu diesem Zeitpunktauch neue Sitze ausgeschrieben werdenmüssen. Die Anzahl der neuen Niederlassungsmöglichkeitenergibt sich aus demvon der Kassenärztlichen Vereinigung (KV)im Einvernehmen mit den Krankenkassenerstellten Bedarfsplan. Es besteht dieMöglichkeit, aufgrund regionaler Besonderheitenvon den Vorgaben der Bundesrichtlinieabzuweichen.Nicht alle Sitze können sofort besetzt werden.Denn bis Ende <strong>2013</strong> sind noch etwa200 Sitze für psychotherapeutisch tätigePatientenrechtegesetz in KraftAm 26. Februar <strong>2013</strong> ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Das Gesetz regeltim Wesentlichen bereits durch richterliche Urteile begründete Patientenrechte im BürgerlichenGesetzbuch. Dazu gehören insbesondere die Informations- und Aufklärungsrechteim Behandlungsvertrag sowie Dokumentation und Einsicht in die Patientenakte.Der Gesetzgeber beabsichtigt mit dem Gesetz, die Patientenrechte transparenter zugestalten und dazu beizutragen, bestehende Vollzugsdefizite in der Praxis abzubauen.Die Bundespsychotherapeutenkammer prüft derzeit eine Ergänzung der Muster-Berufsordnung,um die dort verankerten Rechte von Patienten in der Praxis zu unterstützen.Ärzte reserviert und für die Zulassung vonPsychologischen Psychotherapeuten undKinder- und Jugendlichenpsychotherapeutengesperrt. Die reservierten Arztsitzewerden als vergeben gezählt, egal ob sietatsächlich besetzt sind oder nicht.Vor der Zulassung läuft das reguläre Bewerbungsverfahren.Interessenten solltensich bei der jeweiligen KassenärztlichenVereinigung informieren. Es gibt eine Besonderheit:Offene Planungsbereiche, alsoPlanungsbereiche, in denen Zulassungenohne Praxiskauf und Nachbesetzung möglichsind, gab es in diesem Umfang bisherkaum.Bestenfalls Sicherung des Statusquo in den StädtenTabelle 1: Auswahl von Planungsbereichen mit zusätzlichen Praxissitzen 1)Planungsbereich KV Einwohner PT 2) PT/100.000EinwohnerzusätzlichePraxissitzedavon Praxissitze, die ggf. durch denMindestversorgungsanteil Ärzte bisEnde <strong>2013</strong> blockiert werdenEmsland Niedersachsen 313.056 33,5 10,7 26,5 10,5Hochsauerlandkreis Westfalen-Lippe 267.601 25,4 9,5 24,5 4,5Kleve Nordrhein 307.807 34,3 11,1 24,0 2,5Ostalbkreis Baden-Württemberg 310.733 35,0 11,3 23,5 9,0Dessau-Roßlau, Stadt/ Sachsen-Anhalt 263.548 23,0 8,7 23,0 10,5Anhalt-BitterfeldGörlitz, Stadt/Niederschlesischer Sachsen 276.924 28,0 10,1 20,0 6,0OberlausitzkreisHarz Sachsen-Anhalt 232.343 21,4 9,2 20,0 6,5Schwäbisch Hall Baden-Württemberg 188.420 17,7 9,4 18,5 3,0Stralsund, Hansestadt/NordvorpommernIn Großstädten (alter Kreistyp 1) jedochnimmt der Gemeinsame Bundesausschuss(G-BA) einen um etwa 20 Prozentniedrigeren Versorgungsbedarf als 1999an. Das führt dazu, dass Kreis- und Großstädtezukünftig einen noch höheren Ver-Mecklenburg-Vorpommern163.217 11,0 6,7 18,5 4,0Bautzen Sachsen 321.511 38,5 12,0 18,5 5,5Quelle: eigene Berechnungen, Niederlassungszahlen Anfang 2011, Einwohnerstand nach BBSR, 31. Dezember 20101) Die Zahlen sind vorläufig. Verbindlich sind die voraussichtlich ab Juli <strong>2013</strong> vorliegenden Bedarfspläne.2) Psychotherapeut56 <strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2013</strong>
Mitteilungen der BundespsychotherapeutenkammerBundespsychotherapeutenkammerTabelle 2: Anstieg des Versorgungsgrades (VSG) in Großstädten ohne Neuzulassungen 1)Planungsbereich KV PT 2) /100.000EinwohnerKreistyp AVZ 3) bis 2012 Versorgungszone AVZ ab<strong>2013</strong>VSG bis2012VSG ab<strong>2013</strong>Leverkusen, Stadt Nordrhein 56,9 1 2.577 2 7.641 146,5 434,4Remscheid, Stadt Nordrhein 46,6 1 2.577 2 7.617 120,0 354,8Fürth, Stadt Bayern 44,0 1 2.577 2 7.360 113,3 323,6Solingen, Stadt Nordrhein 40,3 1 2.577 2 7.588 103,8 305,6Bremen, Stadt Bremen 61,3 1 2.577 1 3.102 157,9 190,0Bielefeld, Stadt Westfalen-Lippe 58,6 1 2.577 1 3.078 150,9 180,2Berlin, Bundeshauptstadt Berlin 61,9 1 2.577 1 3.031 159,4 187,5Frankfurt am Main, Stadt Hessen 67,6 1 2.577 1 2.969 174,2 200,7Hamburg, Freie und Hansestadt Hamburg 54,7 1 2.577 1 3.022 140,9 165,3Nürnberg, Stadt Bayern 46,9 1 2.577 1 3.082 120,9 144,6Quelle: BPtK, eigene Berechnungen nach den Vorgaben der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie auf Basis der Niederlassungszahlen,Stand: Frühjahr 20111) Die Zahlen sind vorläufig. Verbindlich sind die voraussichtlich ab Juli <strong>2013</strong> vorliegenden Bedarfspläne.2) Psychotherapeut3) Allgemeine Verhältniszahlsorgungsgrad aufweisen, ohne dass esdort einen einzigen Psychotherapeutenmehr gibt (siehe Tabelle 2).Entscheidung überNachbesetzungDie irreführenden Versorgungsgrade könnennegative Konsequenzen haben, wennsie bei der Frage, ob eine Praxis nachbesetztwerden kann, eine Rolle spielen sollten.Der Zulassungsausschuss kann seitdem 1. Januar <strong>2013</strong> einen Antrag aufNachbesetzung einer Praxis in rein rechnerischüberversorgten Gebieten ablehnen,„wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzesaus Versorgungsgründen nichterforderlich ist“ (§ 103 Absatz 3a Satz 2SGB V). Da die Versorgungsgrade wenigzur Versorgungslage in einem Planungsbereichaussagen, werden die Zulassungsausschüssewahrscheinlich regelmäßigandere Kriterien hinzuziehen. In erster Linieist an die Wartezeiten auf ein Erstgesprächbeim Psychotherapeuten zu denken.Ab <strong>2013</strong> sollen Krankenkassen undKVen in ihren Gesamtverträgen für diefachärztliche Versorgung Wartezeiten vereinbaren,die den Patienten im Regel- undim Ausnahmefall noch zumutbar sind.Wenn gleichzeitig sichergestellt wird, dassWie Bedarfsplanung bisher funktionierteDie Bedarfsplanungs-Richtlinie regelt in erster Linie, wie viele Ärzte und Psychotherapeuten sich in einer Region niederlassen dürfen.Sie enthält darüber hinaus Regelungen zur Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung – beispielsweise bei Sonderbedarf – soweitdiese nicht bereits im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) enthaltensind.In der alten Bedarfsplanungs-Richtlinie wurde grundsätzlich jedem Landkreis bzw. jeder kreisfreien Stadt (Planungsbereich) für jedeArztgruppe eine Allgemeine Verhältniszahl (AVZ) zugeordnet. Die Verhältniszahl regelt das Verhältnis von Einwohnern zu einem Arzt/Psychotherapeuten und damit, für wie viele Einwohner jeweils ein Arzt/Psychotherapeut der jeweiligen Arztgruppe für die Versorgungausreichen soll. Gilt beispielsweise für eine Arztgruppe eine AVZ von 5.000 und leben in einem Landkreis 100.000 Einwohner, so folgtdaraus, dass dort 20 Ärzte/Psychotherapeuten dieser Arztgruppe arbeiten sollen. Es gab bis Ende 2012 14 Arztgruppen (Hausärzte,fachärztliche Internisten, Psychotherapeuten, Augenärzte, Frauenärzte etc.).Die Verhältniszahlen wurden aber nicht anhand eines realen Versorgungsbedarfs ermittelt, sondern anhand eines Stichtags. Dem lagdie Überlegung zugrunde, dass Versorgungsstrukturen, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben, irgendwie den Bedarf abbilden. ZurErmittlung der AVZ wurden die Landkreise und Städte in neun Kategorien von Planungsbereichen und die Sonderregion Ruhrgebieteingeteilt. Für jede Kategorie wurde ermittelt, wie viele Einwohner zum Stichtag tatsächlich im Durchschnitt auf einen Arzt/Psychotherapeutender jeweiligen Arztgruppe kamen. Dieser Durchschnitt wurde dann als bedarfsgerecht definiert und festgelegt, dass diesesVerhältnis unabhängig von der Entwicklung der Krankheiten und des Fortschritts der Behandlungsverfahren auch zukünftig beibehaltenwerden soll.Für die Arztgruppen wurde grundsätzlich ein Stichtag im Jahre 1990 festgelegt. Für Psychotherapeuten galt abweichend ein Stichtagim Jahr 1999, obwohl es die neu geschaffenen Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutenüberhaupt erst seit dem 1. Januar 1999 gab und somit keine entwickelten Versorgungstrukturen vorhanden waren.1990 wurde für die Ermittlung der AVZ der Durchschnitt Westdeutschlands zugrunde gelegt, 1999 hingegen der Durchschnitt Gesamtdeutschlands.Durch die Einbeziehung der aufgrund des Systemumbruchs weitaus ungünstigeren Versorgungslage in der ambulantenPsychotherapie in Ostdeutschland ergaben sich dadurch für die Arztgruppe „Psychotherapeuten“ schlechtere Verhältniszahlen als beiden anderen Arztgruppen.<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2013</strong>57