DGM-Handbuch Mit der Krankheit leben lernen - Deutsche ...
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In einigen dieser Zentren gibt es sogar auf die ALS<br />
spezialisierte Sprechstunden. Neben den neurologischen<br />
Fachabteilungen sind in diesen Zentren<br />
auch an<strong>der</strong>e wichtige Fachbereiche wie Fachärzte<br />
für Erkrankungen des Bewegungsapparates (Orthopäden),<br />
Lungenfachärzte (Pneumologen), Fachärzte<br />
für Herzerkrankungen (Kardiologen) und an<strong>der</strong>e<br />
vertreten. Damit wird eine kompetente, interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit erreicht. Für den Betroffenen<br />
ist es möglich, an einer Stelle zu den verschiedenen<br />
Problemen, die sich im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung<br />
entwickeln können, beraten und betreut<br />
zu werden. Darüber hinaus sind die Ärzte dort über<br />
den Stand <strong>der</strong> medizinischen Forschung aktuell informiert<br />
und forschen auch vielfach selbst.<br />
Über die rein medizinische Betreuung hinaus sind<br />
aber bei <strong>der</strong> Betreuung von Betroffenen mit einer<br />
ALS weitere Fachleute von großer Bedeutung:<br />
Ein/e Physiotherapeut/in und Ergotherapeut/in, die<br />
u.U. auch ins Haus kommen, muss gefunden werden.<br />
Ein/e Logopäde/in zur Unterstützung bei Störungen<br />
des Schluckens o<strong>der</strong> des Sprechens sollte<br />
miteinbezogen werden. Ein/e Sozialberater/in, die<br />
bei den lei<strong>der</strong> so häufig vorkommenden Fragen zu<br />
sozialrechtlichen Problemen und natürlich auch<br />
psychosozialen Fragestellungen wichtige Hilfestellung<br />
geben können.<br />
Auch die pflegenden Angehörigen o<strong>der</strong> gegebenenfalls<br />
auch die <strong>Mit</strong>arbeiter/innen eines unterstützenden<br />
Pflegedienstes zählen im weiteren Sinne<br />
zum Team.<br />
Alle diese Spezialist/inn/en zusammen bilden das<br />
Behandlungsteam, welches zur optimalen Betreuung<br />
auch untereinan<strong>der</strong> im Austausch stehen sollte.<br />
AKTUELLER STAND DER THERAPIE DER<br />
AMYOTROPHEN LATERALSKLEROSE<br />
Dr. med. Katja Kollewe, Prof. Dr. med. Susanne<br />
Petri, Hannover<br />
aus: Management of Neuromuscular Diseases,<br />
Letter Nr. 33 „Aktueller Stand <strong>der</strong> Therapie <strong>der</strong><br />
ALS“, überarbeitet im Juni 2010 entsprechend <strong>der</strong><br />
aktuellen Leitlinien <strong>der</strong> European Fe<strong>der</strong>ation of<br />
Neurological Societies (EFNS task force on Management<br />
of Amyotrophic Lateral Sclerosis. Revised-Guidelines<br />
for diagnosing and clinical care of<br />
patients and relatives. An evidence-based review<br />
with Good Practice Points. An<strong>der</strong>sen et al. 2010).<br />
19<br />
Neuroprotektive Therapie<br />
Bisher ist nur die antiglutamaterge Substanz Riluzol<br />
zur kausalen Therapie <strong>der</strong> ALS zugelassen. In<br />
zwei placebokontrollierten, doppelblinden Studien<br />
konnte gezeigt werden, dass Riluzol bei einer täglichen<br />
Einnahme von 100 mg in zwei Einzeldosen<br />
von 50 mg über einen Zeitraum von 18 Monaten<br />
den Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung verzögert und die Lebenserwartung<br />
um etwa 3 Monate erhöht. An Nebenwirkungen<br />
traten in den beiden Studien am<br />
häufigsten Müdigkeit, Übelkeit und Erhöhungen<br />
<strong>der</strong> Werte in Leberfunktionstests auf.<br />
Therapieempfehlungen<br />
Patienten mit ALS sollten möglichst früh 2x<br />
täglich 50 mg Riluzol als Dauertherapie einnehmen.<br />
Retrospektive Analysen haben gezeigt,<br />
dass dadurch die Patienten länger in den<br />
früheren Stadien <strong>der</strong> Erkrankung verbleiben.<br />
Bislang konnten keine weiteren Medikamente<br />
mit neuroprotektiver Wirkung bei ALS entwickelt<br />
werden. Umso mehr hat die symptomatische<br />
Therapie einen hohen Stellenwert für die<br />
Besserung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> Patienten.<br />
Symptomatische Therapie <strong>der</strong><br />
Sialorrhoe (Speichelfluss)<br />
Die Sialorrhoe resultiert aus <strong>der</strong> Schluckstörung<br />
und nicht aus einer Überproduktion von Speichel<br />
(Pseudosialorrhoe). Sie ist sozial stigmatisierend,<br />
kann aber gut behandelt werden.<br />
Der Einsatz von Amitriptylin ist weit verbreitet,<br />
da es eine sehr gute anticholinerge Wirkung hat<br />
und kostengünstig ist. Eine Dosierung von 25-<br />
50mg 2-3x täglich ist meist ausreichend.<br />
In einer Studie zeigte sich eine signifikante Reduktion<br />
<strong>der</strong> Speichelproduktion unter Atropin-<br />
Tropfen. Für ALS-Patienten wird auf empirischer<br />
Datenlage eine Dosierung von 0,25-0,75<br />
mg Atropin-Tropfen sublingual 3x täglich empfohlen.<br />
Scopolamin kann oral verabreicht o<strong>der</strong> als Pflaster<br />
appliziert werden. Bei Patienten mit sehr starkem<br />
Speichelfluss können bis zu 2 Pflaster alle 3<br />
Tage notwendig sein.<br />
Eine mo<strong>der</strong>ne Alternative ist Botulinumtoxin: In<br />
Studien an ALS-Patienten zeigte sich eine Reduktion<br />
des Speichelflusses durch Injektion von<br />
Botulinumtoxin Typ A in die Speicheldrüsen.