Interdisziplinäres Fachgespräch „Gonarthrose“ - Deutsche ...

Diskussion zum Beitrag
von Prof. Bolm-Audorff
Prof. Schiele, Jena:
Herr Kollege Bolm-Audorff, Sie haben
viele Studien ausgewertet und ich hatte
den Eindruck, dass Knien insgesamt weniger
schädlich ist als Hocken. Nach diesen
Ergebnissen ist es sicher nicht immer
leicht zu trennen, aber da wo es versucht
wurde, sah es so aus, dass das Knien
weniger schädlich ist als Hocken. Ist es
denn gerechtfertigt, beide zusammenzufassen?
Prof. Bolm-Audorff, Wiesbaden:
Ich weiß jetzt nicht, auf welche Studie
Sie sich beziehen. Die Kronzeugenstudien
kommen eigentlich zum selben Risiko
durch Knien und Hocken. Wenn Sie Sandmark
und Coggon nehmen, haben Sie für
Knien und Hocken ein etwa verdoppeltes
Risiko – da gibt es keinen Unterschied. Die
einzige Studie, die dort einen Unterschied
fi ndet, das ist die thailändische Studie,
die ich hier vorgestellt habe, die für Knien
kein signifi kantes erhöhtes Risiko gefunden
hat, aber Knien war auch mit zwei
Minuten pro Tag keine relevante Exposition
dieser Population. Ansonsten
erinnere ich mich an keine Studie aus
dem berufl ichen Bereich, wo ich Unterschiede
fi nde.
Die Frage, die Sie stellen, ist trotzdem
berechtigt. Sie haben völlig Recht, es ist
erst einmal eine Hypothese, die der Ärztliche
Sachverständigenbeirat gesetzt hat,
dass die Exposition durch Knien, Hocken,
Fersensitz und Kriechen uni sono mit
demselben Gewicht in die kumulative
Lebensdosis eingeht. Das ist wahrscheinlich
falsch. Wir haben keine anderen
Informationen. Ich sehe dringenden Forschungsbedarf
im Bereich der Biomechanik,
dass wir messgestützte Informationen
haben über die Höhe der Druckkraft und
des Druckes pro cm² – da mögen mir die
Biomechaniker helfen –, die es uns
gestatten, diese vier Expositionsarten zu
differenzieren. Ich gehe keineswegs davon
aus, dass die Druckkräfte gleich sind. Ich
erwarte beispielsweise beim Knien eine
höhere Exposition als beim Hocken und
Fersensitz. Beim Hocken und Fersensitz
wird die Last des Körpers auf die Ferse
abgeleitet, aber da kann ich mir nicht vorstellen,
dass die Druckkraft gleich ist. Es
fi ndet sich auch in der Studie von Tambia
bei Messung mit einer Druckaufnehmerfolie,
die ich hier präsentiert habe, dass
das Knien höher belastet ist als das
Hocken. Da haben wir viel Forschungsbedarf.
Aber solange das nicht bekannt
ist, der Zusammenhang zwischen diesen
Expositionen und Gonarthrose vom Beirat
nicht in Frage gestellt oder positiv bejaht
wurde, muss man, wenn man eine Dosis
will, dies annehmen. Man kann ja auch
sagen, ich will keine Dosis, dann braucht
man das auch nicht. Aber das Ministerium
wollte eine Dosis, dann hat es sie auch
bekommen.
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