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Sylter Spiegel 21.12.2015

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Insel Sylt<br />

Seite 36 · Nr. 52 SYLTER SPIEGEL · 21. Dezember 2015<br />

C.-P.-Hansen-Preis geht in diesem Jahr an Alfred Bartling – Feierstunde im Muasem Hüs<br />

Morsumer mit Migrationshintergrund<br />

Ein Mann,<br />

der mit dir redet,<br />

der Mann,<br />

mit dem du streitest,<br />

der Mann,<br />

den du überzeugen musst,<br />

der Mann,<br />

der dich um Rat fragt,<br />

der Mann,<br />

der den Rat nutzt,<br />

der Mann,<br />

der dein Kumpel ist.<br />

(Bürgervorsteher Peter<br />

Schnittgard in seiner<br />

Laudatio auf Alfred Bartling)<br />

Von Sabrina Müller<br />

Morsum. Auf Sylt geboren,<br />

auf Sylt aufgewachsen, auf<br />

Sylt geblieben: Alfred Bartling.<br />

„Einer, der sich keine<br />

Ruhe gönnt“ und „seine<br />

Aufgabe darin findet, sich<br />

einzumischen, teilzuhaben,<br />

Sprachrohr zu sein, Antworten<br />

zu fordern“. Mit diesen<br />

Worten charakterisierte Bürgervorsteher<br />

und Laudator<br />

Peter Schnittgard Bartling.<br />

Wie berichtet ist der 76-Jährige<br />

seit Kurzem Träger des<br />

C.-P.-Hansen-Preises. In feierlichem<br />

Rahmen hatte ihm<br />

Maren Jessen vom Vorstand<br />

des C.-P.-Hansen-Kuratoriums<br />

der <strong>Sylter</strong> Gemeinden<br />

die Urkunde im Muasem Hüs<br />

in Morsum überreicht, der<br />

Heimatgemeinde Bartlings.<br />

Der Geehrte werde oft als<br />

„Morsumer Urgestein“ bezeichnet,<br />

„dabei bist Du<br />

ein gebürtiger Lister – also<br />

ein Morsumer mit Migrationshintergrund“,<br />

sagte<br />

der schleswig-holsteinische<br />

CDU-Landesvorsitzende und<br />

Landtagsmitglied Ingbert<br />

Liebing, der selbst in Morsum<br />

lebt. Seiner Ansicht nach<br />

ist Bartling die „personifizierte<br />

Heimatliebe“. Er sei eins<br />

mit der Heimat.<br />

Liebing war von 1996 bis 2005<br />

hauptamtlicher Bürgermeister<br />

der damaligen Gemeinde<br />

Sylt-Ost, Bartling war sein<br />

Stellvertreter. „Du hast mich<br />

an die Hand genommen,<br />

mir viel gezeigt und mir den<br />

Zugang zum Dorf Morsum<br />

ermöglicht.“ Liebing sagte,<br />

dass man Nachahmer brauche<br />

– mehr Typen wie Alfred<br />

Bartling.<br />

„Du bist ein bekennender<br />

Friese, der sich mit seiner<br />

Heimat und den Menschen<br />

hier identifiziert“, sagte<br />

Kreispräsident Heinz Maurus<br />

in Richtung Bartling. „Und<br />

du bist jemand, der mit seiner<br />

Meinung nicht hinterm Berg<br />

hält.“ Kurzstrecke liege ihm<br />

nicht – Bartling sei ganz klar<br />

ein Langstreckenläufer, so<br />

Maurus.<br />

Zahlreiche Ehrenämter<br />

Die Liste von Bartlings Aktivitäten<br />

ist lang: Er war unter<br />

anderem stellvertretender<br />

Kreispräsident, ehrenamtlicher<br />

Richter am Oberverwaltungsgericht<br />

Schleswig,<br />

stellvertretendes Vorstandsmitglied<br />

im Verwaltungsausschuss<br />

beim Arbeitsamt<br />

Flensburg, Personalrat am<br />

Landwirtschaftsministerium<br />

in Kiel, Ortsbeirat, Vize-Bürgermeister<br />

sowie Vorsitzender<br />

des Schul-, Jugend-, Kultur-<br />

und Sportausschusses in<br />

Morsum.<br />

Seit 2013 ist Bartling Ehrenvorsitzender<br />

der von ihm<br />

mit gegründeten „Morsumer<br />

Kulturfreunde“. Der Verein<br />

besteht seit 1990 und hat laut<br />

Schnittgard in und für Morsum<br />

eine Trendwende eingeläutet.<br />

„Und wer hat‘s erfunden?<br />

So fragen die Schweizer<br />

in der Werbung: Alfred Bartling.“<br />

Schnittgard bezeichnete den<br />

76-Jährigen als Malocher<br />

und graue Eminenz, als Einmischer<br />

und Mahner, der<br />

manchmal dickschädelig und<br />

entwaffnend zugleich sein<br />

könne. Als gelernter Wasserwerker<br />

habe er sich mit<br />

Dingen befasst, „die ihn nie<br />

mehr losließen“, so Schnittgard:<br />

die Sorge um den Küstenschutz,<br />

Sturmfluten und<br />

Deicherhöhungen. Bartling<br />

sei ein „Küstenschutzmann“,<br />

der heute noch zupackt. Bei<br />

der Feuerwehr, in der Politik,<br />

als Chronist der Söl‘ring Foriining.<br />

Für Laudator Schnittgard<br />

steht fest, dass das C.-P.-Hansen-Kuratorium<br />

„einen weiteren<br />

Volltreffer, eine Punktlandung<br />

mit der diesjährigen<br />

Auszeichnung gemacht“ hat.<br />

Bartling, der eine Tochter und<br />

drei Söhne hat, sprach seine<br />

Worte auf Friesisch im voll<br />

besetzen Muasem Hüs, sodass<br />

wohl nicht jeder seiner<br />

Gäste alles verstehen konnte.<br />

Lob für die Gattin<br />

„Wenn es darum geht, dass<br />

bei uns zuhause auch mit den<br />

Kindern nur friesisch gesprochen<br />

wird, dann ist das wohl<br />

mehr Kaikes Verdienst als<br />

meiner“, sagte der Geehrte.<br />

Sie habe mit ihnen von klein<br />

auf friesisch gesprochen.<br />

„Ich war die meiste Zeit doch<br />

unterwegs.“ „Ein bisschen<br />

Schuld, dass so wenig Friesisch<br />

gesprochen wird, glaube<br />

ich, haben wir alle“, so der<br />

Preisträger weiter. Er erinnerte<br />

an Gemeindevertreterversammlungen,<br />

auf denen<br />

es „etwas rauher zuging“ und<br />

Diskussionen dann oftmals<br />

ins Friesische abdrifteten.<br />

„Aber wir hatten meistens<br />

den zweiten Satz noch nicht<br />

einmal beendet, dann hieß<br />

es schon, wir sollten wieder<br />

deutsch sprechen, wir sind<br />

doch schließlich in Deutschland.<br />

Und was haben wir gemacht?<br />

Wir haben dann weiter<br />

deutsch gesprochen. Und<br />

das war verkehrt.“ Von allen<br />

Flüchtlingen werde verlangt,<br />

dass sie Deutsch lernen. „So<br />

hätten wir auch schon damals<br />

darauf hinweisen müssen,<br />

dass die Gemeindevertreter,<br />

die kein Friesisch sprechen,<br />

es zumindest doch verstehen<br />

sollten“, befand Bartling.<br />

Auf den Tisch hauen<br />

Er sprach auch die Fusion<br />

der Gemeinde Sylt-Ost mit<br />

Rantum und Westerland im<br />

Jahr 2009 an. Von den 36 Gemeindevertretern<br />

würden zu<br />

viele weder die Dörfer, noch<br />

das dortige Dorfleben richtig<br />

kennen. Dennoch fällen sie<br />

Entscheidungen und „meinen,<br />

dass sie besser als die<br />

Landtagsabgeordneter Ingbert Liebing (rechts) gratulierte<br />

Alfred Bartling zum Preis.<br />

Dorfbewohner wissen, was<br />

gut und nicht gut für die Orte<br />

ist“, so Bartling. Dadurch<br />

würden die Dörfer mehr und<br />

mehr an Bedeutung verlieren<br />

und auch das Dorfleben leide<br />

sehr darunter. „Und das ist<br />

auch für die ganze Insel nicht<br />

gut.“ Deswegen sei es notwendig,<br />

dass sich die Menschen<br />

aus den Dörfern mehr<br />

zu Wort melden, auch mal<br />

einen Streit in Kauf nehmen<br />

oder auf den Tischen hauen.<br />

Ihm gehe es aber nicht darum,<br />

gegen alles und jede Veränderung<br />

zu sein, sagte Bartling,<br />

der seine Rede mit den<br />

ersten Zeilen der Sylt-Hymne<br />

schloss.<br />

„Üüs Sölring Lön,<br />

dü best üüs helig,<br />

dü blefst üüs ain,<br />

dü best üüs Lek.“<br />

(„Unser <strong>Sylter</strong> Land,<br />

du bist uns heilig,<br />

du bleibst unser Eigen,<br />

du bist unser Glück.“)<br />

Standing Ovations zollten die Gäste dem neuen Träger des C.-P.-Hansen-Preises, Alfred Bartling, bei der offiziellen<br />

Verleihung im Muasem Hüs.<br />

Fotos: Sabrina Müller

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