Leseproben meiner erschienenen Veröffentlichungen

Wiedersehensfreude, viel schlimmer als damals, als Kai von Tante Resis Beerdigung
zurückkam. Die beiden liefen johlend durchs Haus, als wäre ein ganzer Indianerstamm
unterwegs und Markus war beeindruckt von Kai seinem neuen Heim. Kais Zimmer war -
ganz große Klasse - wie Markus sich auszudrücken pflegte. Beide erlebten unvergessene
Ferien. Sie waren den ganzen Tag im Wald unterwegs. Obwohl Markus eher der Typ war,
der gern Räuber und Gendarm spielte und Kai lieber alles etwas ruhiger anging, ergänzten
sie sich prima und hatten den größten Spaß miteinander. Sie machten Laubschlachten,
erkundeten Erdhöhlen, aber beobachteten auch die Waldbewohner. Von Kai aus hätte
diese Zeit nie enden sollen, aber auch sie war einmal vorbei.
Der Abschied von Markus war wieder sehr schwer und mit dem Ferienende wurde aus
dem, so fröhlichen Kai, wieder ein ehr verschlossenes, beinahe bekümmertes Kind.
Durch die Hänseleien seiner Klassenkameraden wurde der Zustand in keinster Weise
verbessert, im Gegenteil, je mehr sie sich über Kai lustig machten, um so mehr zog Kai
sich zurück und geriet dadurch in einen Kreislauf, der nicht aufzuhalten war. Seine Noten
verschlechterten sich auch ständig. Kais Eltern bemerkten die Veränderung natürlich auch
und machten sich Sorgen. Sie trugen sich schon mit dem Gedanken, Kai auf eine andere
Schule zu schicken, wenn sich der Zustand nicht verbesserte. Dies würde aber einen
erneuten Schulwechsel bedeuten, der zu weiteren Belastungen führte und so warteten sie
noch ab.
Es war im Frühjahr, als Kai eines Tages von seinem Lehrer mitgeteilt bekam, dass er wohl
nicht versetzt würde, wenn seine Noten sich nicht verbessern würden. Nun brach alles
über Kai zusammen und er beschloss, nicht mehr nach Hause zu gehen, denn er wollte
seine Eltern doch nicht enttäuschen und er meinte fest, dies mit der gefährdeten
Versetzung zu tun.
Statt nach Hause, ging Kai in den Wald, den Ort, wo er sich immer wohl gefühlt hatte.
Nur heute war dies auch anders. Kai achtete auf keinen Weg, ging orientierungslos immer
weiter und weiter. Inzwischen war schon eine Stunde verstrichen. Plötzlich stolperte er
über eine Baumwurzel, die sich auf dem Waldboden ausbreitete und prallte beim Sturz
mit dem Kopf auf einen Stein.
Reglos lag Kai auf dem moosbedeckten Boden. Wie lange vermag niemand zu sagen.