Dokument 1.pdf (14.973 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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Sonderheft - 100 Jahre Röntgenstrahlen<br />
Vor dem Nazi-Regime War Kurt<br />
Lipstein nach England geflüchtet.<br />
Dort bereitete er, auf der Grundlage<br />
seines Doppelstudiums der Rechtswissenschaften<br />
in England und<br />
Deutschland, den Boden für seine<br />
wissenschajiliche Laufbahn. Bei<br />
einem Festakt in der Neubaukirche<br />
am 14. November bekam Prof<br />
Lipstein die Ehrendoktorwürde der<br />
Juristischen Fakultät verliehen.<br />
Nach der Begrüßung durch Dekan Prof.<br />
Dr. Michael Wollenschläger sagte Präsident<br />
Prof. Dr. Theodor Berchem, die Auswahl des<br />
zu Ehrenden reflektiere das Bestreben der<br />
<strong>Universität</strong>, ihre Tradition der Kontaktpflege<br />
zu in- und ausländischen Persönlichkeiten<br />
und Institutionen fortzuführen. Die Laudatio<br />
hielt Prof. Dr. Karl Kreuzer, der zunächst<br />
Ganz auf den Gast hatte sich <strong>Universität</strong>spräsident<br />
Prof Dr. Theodor<br />
Berchem bei einer akademischen<br />
Feier im Toscana-Saal der Residenz<br />
eingestellt: Er begrüßte Prof Dr.<br />
Louis Bernard Callebat von der<br />
<strong>Universität</strong> Caen mit einer Rede in<br />
französischer Sprache. Prof<br />
Callebat wurde am 8. Dezember zum<br />
Ehrendoktor der Philosophischen<br />
Fakultät I ernannt.<br />
Nach der Begrüßung durch den Dekan der<br />
Fakultät, Prof. Dr. Dieter Kuhn, dankte Prof.<br />
Berchem dem französischen Professor für<br />
lateinische Sprache und Literatur für das Engagement,<br />
das er im Rahmen der <strong>Universität</strong>spartnerschaft<br />
zwischen Caen und <strong>Würzburg</strong><br />
gezeigt habe.<br />
Die Laudatio sprach Prof. Dr. Udo W.<br />
Scholz vom Institut für Klassische Philologie.<br />
Gleich zu Beginn wies er darauf hin, daß<br />
es den Rahmen sprenge, wenn er alle Ver-<br />
"Nestor des Internationalen<br />
Privatrechts" als Ehrendoktor<br />
den Lebensweg des frischgebackenen Ehrendoktors<br />
nachzeichnete.<br />
Geboren wurde Kurt Lipstein am 19. März<br />
1909 in Frankfurt am Main. Dort besuchte<br />
er auch das Goethe-Gymnasium, begab sich<br />
zum Studium der Rechtswissenschaft jedoch<br />
nach Grenoble und Berlin. 1931 legte er die<br />
Erste Juristische Staatsprüfung beim Kammergericht<br />
Berlin ab. Aus dem Referendardienst<br />
wurde Prof. Lipstein 1933 wegen seiner<br />
jüdischen Abstammung entlassen. Er<br />
emigrierte nach England, wo er in Cambridge<br />
ein zweites Mal das Studium der Rechtswissenschaften<br />
aufnahm.<br />
Wegen der sehr geringen Zahl an Professuren<br />
an den englischen juristischen Fakultäten<br />
erhielt Prof. Lipstein erst 1973 - drei<br />
Jahre vor seiner Emeritierung - einen Lehrstuhl<br />
für Rechtsvergleichung in Cambridge.<br />
Unter den zahlreichen akademischen Eh-<br />
115<br />
rungen, die ihm zuteil wurden, befindet sich<br />
auch der seltene Grad eines LL.D. (Doctor<br />
legum), den ihm die Cambridger Fakultät für<br />
sein wissenschaftliches Gesamtwerk im Jahr<br />
1977 verlieh.<br />
Prof. Lipstein leistete unter anderem<br />
Beiträge zu den Teildisziplinen Zivilrecht,<br />
insbesondere Schuld- und Familienrecht,<br />
Internationales Privatrecht, Internationales<br />
Verfahrensrecht, Rechtsverei nhei tlichung,<br />
Europarecht und Völkerrecht. Prof. Kreuzer<br />
ging vor allem auf Prof. Lipsteins Rolle<br />
als Mittler zwischen verschiedenen Rechten,<br />
Rechtsfamilien und -kulturen ein. Zusammenfassend<br />
sagte Prof. Kreuzer:<br />
"In Kurt Lipstein ehren wir den Nestor des<br />
Internationalen Privatrechts und der Rechtsvergleichung<br />
und zugleich einen der weltweit<br />
angesehensten Vertreter unserer Wissenschaft."<br />
In der Tradition des<br />
europäischen Humanismus<br />
dienste des zu Ehrenden aufzählen würde,<br />
habe dieser doch mehr als 100 Publikationen<br />
veröffentlicht, darunter auch "zehn stattliche<br />
Bücher". Prof. Callebat sei ein Weltbürger,<br />
offen für den geistigen Austausch,<br />
und stehe in der Tradition des europäischen<br />
Humanismus. Durch sein großes wissenschaftliches<br />
Werk habe er das Verständnis<br />
der Antike vertieft und bereichert sowie wesentliche<br />
Beiträge zum Verständnis der Romanliteratur<br />
überhaupt geliefert. Darüber<br />
hinaus habe er Überlegungen zum Symbol<br />
der Rose angestellt, "und dies schon vor<br />
Umberto Eco", so Prof. Scholz.<br />
Dabei sei Prof. Callebat auf allen Feldern<br />
der Philologie aktiv, arbeite auf dem Gebiet<br />
Ur Text- und Überlieferungsgeschiche,<br />
sei Editor von Texten, Übersetzer, Kommentator<br />
und "feinsinniger Interpret". Seine<br />
Sprach- und Stiluntersuchungen hätten<br />
auf dem Gebiet der Romanforschung eine<br />
neue Epoche eingeleitet. Prof. Callebat sei<br />
zu einem international gefragten Gelehrten<br />
geworden. In Frankreich wurde er 1994 zum<br />
"Officier des Palmes academiques" ernannt<br />
- eine pro Fach jeweils nur einmal vergebene<br />
Ehre.<br />
Louis Callebat wurde 1933 in Toulouse<br />
geboren. Ab 1957 war er zunächst im gymnasialen<br />
Schuldienst tätig, ehe er 1962 seine<br />
<strong>Universität</strong>slaufbahn in Toulouse begann.<br />
Seit 1966 ist er an der <strong>Universität</strong> Caen tätig,<br />
seit 1974 als ordentlicher Professor für<br />
lateinische Sprache und Literatur.<br />
Nachdem ihm die Ernennungsurkunde<br />
überreicht worden war, sagte Prof. Callebat,<br />
die Ehrendoktorwürde sei ein gut geeignetes<br />
Mittel, um die Verbindung zwischen den<br />
<strong>Universität</strong>en Caen und <strong>Würzburg</strong> weiter zu<br />
festigen. Und bei seiner Dankesrede zeigte<br />
sich, daß nicht nur Präsident Berchem sich<br />
sprachlich auf den Festakt eingestellt hatte:<br />
Prof. Callebat wandte sich in deutscher Sprache<br />
an die Gäste - ein offenkundiger Beweis,<br />
daß die deutsch-französische Verständigung<br />
funktioniert.