Dokument 1.pdf (14.973 KB) - OPUS - Universität Würzburg
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mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Ihn erhielt<br />
Max von Laue im Jahr 1913. Eine einfache<br />
Apparatur mit einem alten Kartenständer,<br />
einer Röntgenröhre und einem drehbaren<br />
Halter für den Kristall sowie eine lichtdicht<br />
verpackte Fotoplatte waren die Elemente,<br />
mit denen dann Walter Friedrich und<br />
Paul Knipping das entscheidende Experiment<br />
aufgrund von Laues Überlegungen<br />
machten. Der Nachbau aus dem Deutschen<br />
Museum stand am Beginn des Rundgangs<br />
durch den Raum und ist auch der Beginn<br />
einer bis heute sich immer weiter entwikkeinden<br />
Forschung über die Struktur der<br />
Materie.<br />
Den nächsten Schritt der Geräteentwicklung<br />
beschritt H. W. Bragg in England. Sein<br />
großes Röntgendiffraktometer wurde von der<br />
Royal Institution of Great Britain geliehen.<br />
Bragg baute auch für seinen Sohn Lawrence<br />
ein Gerät, das vom Cavendish Laboratory<br />
aus Cambridge zusammen mit Kristallproben<br />
ausgeliehen wurde. Wenn es für den<br />
Laien auch nahezu unverständlich ist, wie<br />
man Kristallstrukturen ermittelt, so war doch<br />
ein bewegtes Modell, basierend auf einer<br />
Arbeit der englischen Kristallografin Kathleen<br />
Lonsdale, eindrucksvoll. Es stellte die<br />
Umwandlung des Kristallgitters des Diamanten<br />
in Graphit dar. Beide Stoffe, nur aus<br />
Kohlenstoffatomen aufgebaut, haben nur<br />
durch die unterschiedliche Anordnung der<br />
Atome verschiedene Eigenschaften.<br />
Um zu zeigen, daß neben diesen wissenschaftlichen<br />
Anwendungen auch um 1930<br />
bereits technischeAnwendungen üblich waren,<br />
wurde ein von Diplom-Ingenieur Blume<br />
aus Schorndorf geliehenes Siemens-Feinstrukturgerät<br />
ausgestellt.<br />
Weitere Höhepunkte der Strukturaufklärung,<br />
die auch mit Nobelpreisen geehrt wurden,<br />
waren die Arbeiten von Dorothy Hodgkin<br />
über Penizillin - dafür wurde das erste<br />
Modell der Elektronendichteverteilung gezeigt,<br />
das aus dem Museum in Oxford kam -<br />
Max Peru tz Ermittlung der Struktur des Hämoglobins<br />
nach mehr als 15jähriger Arbeit<br />
- dies Modell stellte das Archiv zur Geschichte<br />
der Max Planck-Gesellschaft zur<br />
Verfügung - die Diffraktometer das Cavendish<br />
Laboratory, und John Kendrews Aufklärung<br />
der Struktur des Myoglobins. Viele<br />
Untersuchungen in den vergangenen Jahren<br />
wurden mit dem von U1i Arendt entwickelten<br />
4-Kreis-Diffraktometer gemacht, das<br />
vom MRC in Cambridge kam.<br />
Über den Köpfen der Besucher hing ein<br />
Großmodell der DNA, das Stefan Adler gebaut<br />
hatte. Die Struktur als Doppelhelix ist<br />
ebenfalls durch Röntgenbeugung bestimmt<br />
worden. Die Namen der hierfür ausgezeich-<br />
neten Nobelpreisträger sind allen geläufig:<br />
Crick, Watson und Wilkins. Aber auch die<br />
Kristallographin Rosalind FrankIin wurde<br />
genannt. In den vergangenen Jahren ist es<br />
einer Gruppe deutscher Forscher gelungen,<br />
die außerordentlich komplizierte Struktur<br />
eines Hüllproteins zu analysieren. Michel,<br />
Huber und Deisenhofer erhielten dafür den<br />
Nobelpreis 1988.<br />
Brillante Röntgenstrahlenquellen werden<br />
zur Untersuchung biologischer Stoffe benötigt,<br />
denn deren Haltbarkeit außerhalb des<br />
biologischen Systems ist begrenzt - man darf<br />
nicht stundenlang belichten. Solche Quellen<br />
sind in den vergangenen Jahrzehnten durch<br />
Elektronenbeschleuniger geschaffen worden.<br />
Eine TextJBildtafel wies auf den langen<br />
Weg dieser Entwicklung hin.<br />
Der letzte Raum hatte das Thema: "Mit<br />
Röntgenstrahlen ein Blick in die Vergangenheit".<br />
Zuerst ging es nur rund 1000 Jahre zurück,<br />
zu den Funden aus der Eisenzeit. Leider<br />
war es nicht möglich, dazu Objekte aus<br />
der näheren Umgebung von <strong>Würzburg</strong> zu bekommen,<br />
aber das Württembergische Landesmuseum<br />
Stuttgart und das Rheinische<br />
Landesmuseum Bonn stellten Leihgaben zur<br />
Verfügung. Eisen mit geringem Kohlenstoffgehalt<br />
wird im feuchten Boden nach kurzer<br />
Zeit in Rost umgewandelt. Oftmals sieht man<br />
bei Grabungen nur noch den rostigen Sand.<br />
Wird ein solcher Sandklumpen vorsichtig geborgen<br />
und eine Röntgenaufnahme davon<br />
gemacht, so kann man gelegentlich noch die<br />
Umrisse des früheren Gegenstandes erkennen.<br />
Ebenso gelingt es, bei verkieselten Stükken<br />
zu sehen, was verborgen ist. Als Beispiele<br />
wurden Funde aus dem Rheingebiet<br />
als Fotografien der Gegenstände mit den<br />
dazugehörigen Röntgenaufnahmen gezeigt.<br />
Eine umfangreiche, vielgestaltige Grabbeigabe<br />
aus einem Grab um 800 n. Chr. aus<br />
Eltingen bei Stuttgart veranschaulichte die<br />
Arbeitsweise der Bergung und Präparation<br />
solcher Funde, interessierte aber darüber hinaus<br />
die Betrachter durch das Beispiel der<br />
damaligen Amulettgläubigkeit.<br />
Weiter zurück ging es bei den paläontologischen<br />
Funden aus dem Hunsrück, die das<br />
Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt<br />
am Main gab. Diese Röntgenaufnahmen offenbarten<br />
die sonst verborgenen Eingeweide<br />
der Seetiere. Bekannt geworden ist das<br />
feinstrukturierte Bild der Seelilie Acanthocrinus<br />
lingenbachensis. Die Aufnahmetechnik<br />
verdankt man dem Physiko-Chemiker<br />
Dr. Stürmer, der im Nebenfach Paläontologie<br />
studiert hatte und bei der Firma Siemens<br />
die Entwicklung von Leuchtschirmen für<br />
Röntgengeräte und Bildwandler leitete.<br />
BLICK<br />
Um zu noch ferneren Zeiten zu blicken,<br />
müßte das Auge für Röntgenstrahlen empfindlich<br />
sein, dann könnte es einige der bisher<br />
gefundenen über 65 000 Röntgensterne<br />
sehen. Das Max-Planck-Institut für ex raterrestrische<br />
Physik in Garching trennte sich<br />
nur ungern für so lange Zeit von dem Röntgenteleskop,<br />
das mit einer Rakete in den<br />
Weltraum geschossen und wieder geborgen<br />
wurde, sowie von den wertvollen Röntgendetektoren,<br />
aber nur durch diese Ausstellungsstücke<br />
konnten sich die Besucherinnen<br />
und Besucher ein Bild von den Methoden<br />
der Forschungen der Röntgenastronomen<br />
machen.<br />
In Garching wurde, aufgrund der guten<br />
Ergebnisse mit dem ersten Röntgenteleskop,<br />
ein verbessertes, lichtstärkeres Gerät entworfen<br />
und mit Schott in Mainz und Zeiss in<br />
Oberkochen gebaut, das unter dem Namen<br />
ROSAT seit 1990 den Himmel nach Röntgenquellen<br />
absucht und einzelne Objekte untersucht.<br />
Da man mit Linsen Röntgenstrahlen<br />
nicht fokussieren kann, muß man - nach<br />
einer von Wolter angegebenen Methode - mit<br />
Spiegeln im streifenden Einfall arbeiten. Ein<br />
Blick in das ausgestellte Teleskop zeigte, wie<br />
der Aufbau realisiert wird.<br />
Der Berliner Physiker Nils Wiese fertigte<br />
für jeden Monat der Ausstellung den<br />
nördlichen und südlichen Sternenhimmel mit<br />
den wichtigsten Sternbildern an. Die Röntgenstrahlen<br />
emittierenden Sterne waren<br />
durch blinkende, rote Leuchtdioden dargestellt,<br />
die anderen Sterne funkelten hell weiß.<br />
Viele Menschen waren überrascht zu sehen,<br />
wieviele der ihnen bekannten Sterne auch<br />
Röntgenstrahlen aussenden. Ein Video aus<br />
Japan zeigte die Sonne als Röntgenstrahler.<br />
Glücklicherweise absorbiert die Erdatmosphäre<br />
die Strahlen vollständig, so daß sie<br />
auf der Erde nicht nachweisbar sind. Röntgen<br />
hat als erster bewußt Röntgenstrahlen<br />
erzeugt, sie sind aber ein Bestandteil der<br />
Natur. Die lebensspendende Strahlung der<br />
Sonne kann nur mit Kernprozessen erzeugt<br />
werden, die auch Röntgenstrahlen aussenden.<br />
Die Röntgen-Ausstellung "100 Jahre<br />
Röntgenstrahlen" der <strong>Universität</strong> im Martin<br />
von Wagner-Museum dauerte vom 14. Februar<br />
bis 19. November. Ihr Erfolg hat gezeigt,<br />
daß gerade das Medium Ausstellung<br />
in großem Umfang von der Öffentlichkeit<br />
angenommen wird. Mehr als 37 650 Besucherinnen<br />
und Besucher wurden gezählt.<br />
Bundespräsident Roman Herzog besichtigte<br />
die Ausstellung am 8. November, geführt<br />
von <strong>Universität</strong>spräsident Prof. Dr. Theodor<br />
Berchem und Nobelpreisträger Prof. Dr.<br />
Klaus von Klitzing.