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Dokument 1.pdf (14.973 KB) - OPUS - Universität Würzburg

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28<br />

chen, daß Wissenschaft und Forschung nicht<br />

nur ein wichtiges Kulturgut, sondern auch<br />

für ein Land wie Deutschland absolut notwendig<br />

sind. Ohne neues Wissen ist es mit<br />

Sicherheit nicht möglich, die Lebensqualität,<br />

die wir heute für selbstverständlich ansehen,<br />

auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.<br />

Theodor Heuss hat schon vor mehr als 50<br />

Jahren die herausragenden Leistungen von<br />

Wilhelm Conrad Röntgen in einem Artikel<br />

für die "Frankfurter Zeitung" gewürdigt. Sie,<br />

sehr verehrter Herr Bundespräsident, ehren<br />

den großen Entdecker (und auch uns) durch<br />

Ihre Anwesenheit und Ihre Ansprache während<br />

dieser Festveranstaltung.<br />

Die Straffung der Begrüßungsansprachen<br />

läßt mir genügend Zeit, Sie, sehr verehrter<br />

Herr Zehetmair, mit Ihren vollständigen<br />

Amtsbezeichnungen zu begrüßen. Sie sind<br />

sowohl als Staatsminister für Unterricht,<br />

Kultus, Wissenschaft und Kunst als auch als<br />

stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates<br />

Bayern hier. Nicht nur der Physik­<br />

Nobelpreisträger Nummer 1 hätte den Dialog,<br />

den er mit Ihren Vor-Vorgängern aufgenommen<br />

hatte, gerne weitergeführt. Vielleicht<br />

wäre es Röntgen gelungen, nachdem<br />

er zusammen mit Oskar von Miller bei der<br />

Gründung des Deutschen Museums im Jahre<br />

1906 so erfolgreich war, auch ein Wissenschaftsmuseum<br />

in <strong>Würzburg</strong> zu initiieren?<br />

Es muß ja nicht unbedingt Röntgen­<br />

Museum heißen - für einen solchen Vorschlag<br />

war Röntgen viel zu scheu - aber der<br />

Aufbau einer Einrichtung, der es vermehrt<br />

gelingen würde, den Schleier des Geheimnisvollen<br />

bei unsichtbaren Strahlen zu zerreißen,<br />

insbesondere auch im Zusammenhang<br />

mit dem Begriff Radioaktivität, wäre<br />

mit Sicherheit wichtig und sinnvoll.<br />

Für mich als Wissenschaftler stellen nicht<br />

die X-Strahlen (wie Röntgen seine Strahlen<br />

nannte) etwas Geheimnisvolles dar, sondern<br />

eher liegt das Leben von Röntgen etwas im<br />

dunkeln, da er in seinem Testament die Vernichtung<br />

seiner Notizen und <strong>Dokument</strong>e angeordnet<br />

hat und schon zu Lebzeiten Briefunterlagen<br />

für Heizungszwecke verwendete.<br />

Trotzdem werde ich versuchen, einen kurzen<br />

Einblick in das Leben von Röntgen zu<br />

geben. Wenn Sie am Ende dann sogar wissen,<br />

daß X und Röntgenstrahlen dasselbe ist,<br />

und daß es sich dabei um so etwas wie Lichtstrahlen<br />

handelt, deren Farbe von unseren<br />

Augen jedoch nicht erfaßt werden kann, und<br />

wenn Sie mir dann noch glauben, daß die<br />

Strahlen bei der Radioaktivität dasselbe sind<br />

wie Röntgenstrahlen, dann habe ich sogar<br />

noch wissenschaftliche Informationen übermittelt.<br />

Aber zuerst etwas zur Person von Wilhelm<br />

Conrad Röntgen. Wenn Herr Mayer-Kuckuk<br />

als Vertreter der Deutschen Physikalischen<br />

Gesellschaft hier stehen würde, dann würde<br />

er vielleicht sagen, daß der erste Erfolg der<br />

Deutschen Physikalischen Gesellschaft die<br />

Geburt von Röntgen war. Röntgen wurde im<br />

Jahre 1845 geboren, zwei Monate nach der<br />

Gründung der Gesellschaft. Insofern können<br />

beide stets gemeinsam feiern. Da Röntgen<br />

im Jahre seiner großen Entdeckung auch einen<br />

runden Geburtstag hatte - er war gerade<br />

50 Jahre alt geworden, fällt der 100. Jahrestag<br />

der Entdeckung mit dem 150. Geburtstag<br />

zusammen, so daß es in diesem Jahr mehrere<br />

Anlässe gab, Röntgenfeiern zu veranstalten,<br />

angefangen vom Geburtstag am 27.<br />

März in Lennep. Mit dem heutigen Tag streben<br />

wir einem Höhepunkt zu - der 8. November<br />

1895 war der Tag, an dem Röntgen<br />

durch Zufall seinen Strahlen auf die Spur<br />

kam.<br />

Was passierte eigentlich am 8. November<br />

1895?<br />

An diesem Freitag - die Vorlesungen und<br />

Übungen waren abgeschlossen - zog sich<br />

Röntgen in sein Privatlabor zurück und<br />

machte Experimente, die im Prinzip in vielen<br />

Labors in der ganzen Welt durchgeführt<br />

werden konnten und auch wurden. Elektrische<br />

Entladungen in einer Glasröhre, die nahezu<br />

luftleer war, - das war ein interessantes<br />

Arbeitsgebiet der damaligen Zeit. Hätte<br />

Röntgen einen Forschungsantrag für seine<br />

Versuche schreiben müssen und wäre er dem<br />

Druck ausgesetzt gewesen, anwendungsorientierte<br />

Forschung zu betreiben, dann hätte<br />

er jedoch große Schwierigkeiten bekommen.<br />

Wozu sollte das gut sein, was er machte? Drei<br />

Tage Vorbereitung waren notwendig, um die<br />

Glasröhre leerzupumpen, und dann konnte<br />

man bei der Hochspannungsentladung nur<br />

für sehr kurze Zeit eine schwache Leuchterscheinung<br />

sehen. Für praktische Anwendungen<br />

keine gute Perspektive. Mit großer<br />

Phantasie hätte man die Forschungsarbeiten<br />

als Neuentwicklung einer Glühbirne deklarieren<br />

können - gegenüber dem von Edison<br />

entwickelten Produkt erschien das jedoch<br />

chancen los. Kurz gesagt, zum damaligen<br />

Zeitpunkt hätte Röntgen wohl keine Chancen<br />

gehabt, den Beweis zu führen, daß seine<br />

Forschungsarbeiten Anwendungspotential<br />

besitzen. Das sollte man bedenken, wenn<br />

man heutzutage versucht, die Vergabe von<br />

Forschungsgeldern mit dem Nachweis der<br />

Anwendung zu verknüpfen.<br />

Was war die Stärke von Röntgen?<br />

Er hat seine Stärke und seine Denkweise<br />

schon ein Jahr vor seiner Entdeckung in<br />

Form eines Zitates bei seiner Rektoratsrede<br />

in Worte gefaßt: "Die Natur läßt oft staunens-<br />

BLICK<br />

werthe Wunder selbst an den gewöhnlichsten<br />

Dingen hervortreten, welche jedoch nur<br />

von Leuten erkannt werden, die mit Scharfsinn<br />

und zum Forschen geschaffenen Sinn<br />

bei der Erfahrung, der Lehrmeisterin aller<br />

Dinge, sich Rath erholen".<br />

, Röntgen war ein hervorragender Experimentalphysiker,<br />

der mit scharfem Verstand<br />

versuchte, die Natur zu verstehen und durch<br />

unbestechliche Experimente die Wahrheit zu<br />

finden. So war es auch am 8. November<br />

1895.Als er bei einem Versuch nicht nur das<br />

schwache Leuchten der Glasröhre sah, sondern<br />

gleichzeitig auch ein Aufblitzen eines<br />

weiter entfernt gelegenen Leuchtschirmes<br />

bemerkte, da hat er dieses Phänomen nicht<br />

als unerwünschten Dreckeffekt beiseite gelegt,<br />

sondern gefragt: Woher kommt diese<br />

Erscheinung?<br />

Diese Frage hat ihn so fasziniert, daß er<br />

in den folgenden sechs Wochen wohl Tag<br />

und Nacht im Labor war, um in ausgeklügelten<br />

Experimenten Antworten auf seine<br />

Fragen zu bekommen. Die Untersuchungen<br />

waren so gründlich, daß in den folgenden<br />

17 Jahren keine neuen physikalischen Erkenntnisse<br />

auf diesem Gebiet dazukamen.<br />

Zwei Tage vor Weihnachten 1895 hat er<br />

sogar noch ein Durchstrahlungsbild der<br />

Hand seiner Frau aufgenommen - ihm war<br />

klar, daß seine Entdeckung große Auswirkungen<br />

auf die Medizin haben wird. Die<br />

Weihnachtstage 1895 wurden damit verbracht,<br />

das Manuskript für eine' Veröffentlichung<br />

fertigzustellen, und am 28.12.1895<br />

war die vorläufige Mitteilung, wie Röntgen<br />

sie nannte, fertig.<br />

An dieser Stelle würde Herr Hahn als heutiger<br />

Repräsentant der Physikalisch-Medizinischen<br />

Gesellschaft <strong>Würzburg</strong> davon<br />

schwärmen, daß Röntgen schon seit 1870<br />

dieser Gesellschaft angehörte und natürlich<br />

sein Manuskript bei dieser Gesellschaft einreichte<br />

und auch seinen einzigen öffentlichen<br />

Vortrag über seine Entdeckung drei Wochen<br />

später im Rahmen einer Sonderveranstaltung<br />

der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft<br />

<strong>Würzburg</strong> hielt.<br />

Die Reaktion auf Röntgens Entdeckung<br />

war überwältigend. Innerhalb weniger Tage<br />

wurde weltweit über das epochemachende<br />

Ereignis berichtet und selbst der Kaiser ließ<br />

sich schon einige Wochen nach der Veröffentlichung<br />

die Experimente vorführen.<br />

Ohne Zweifel waren die medizinischen<br />

Anwendungen der Röntgenstrahlen besonders<br />

interessant - allein im ersten Jahr nach<br />

der Entdeckung wurden etwa 1000 Veröffentlichungen<br />

darüber geschrieben. Schon<br />

1897 kam in Deutschland die Fachzeitschrift<br />

"Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgen-

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