Altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - März/April 2016
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<strong>Das</strong> Kurz-Interview im „altlandkreis“: FÜNF FRAGEN AN ...<br />
Petra Schuster — Hebamme aus Peiting<br />
Peiting | Seit 1992 arbeitet Petra Schuster<br />
als Hebamme, zusätzlich ist sie ausgebildete<br />
Heilpraktikerin. Mit Kollegin Andrea Reis<br />
führt sie die Peitinger Hebammenpraxis.<br />
„Früher habe ich mich viel intensiver mit Berufspolitik<br />
beschäftigt, heute fehlt mir da<strong>für</strong><br />
oft die Zeit“, sagt die 45-Jährige.<br />
17 Jahre lang begleitete die zweifache Mutter<br />
auch Hausgeburten, vor sechs Jahren<br />
hörte sie damit auf. Im Interview mit dem<br />
„altlandkreis“ gibt sie Einblicke in ihren<br />
Berufsstand.<br />
Petra Schuster, wenn früher im Schongauer<br />
Land von Hausgeburtsbegleitung die Rede<br />
war, fiel oft Ihr Name. Warum haben sie<br />
aufgehört?<br />
Es gab zwei Gründe: Erstens die immer<br />
weiter steigen<strong>den</strong> Haftpflichtprämien,<br />
und zweitens war die Dauerbereitschaft<br />
Tag und Nacht doch eine sehr große Belastung<br />
<strong>für</strong> mich und auch <strong>für</strong> meine Familie. Inzwischen<br />
bin ich als Hebamme ausschließlich in der<br />
Schwangeren- und Wochenbettbetreuung tätig.<br />
Was bedeutet der Hebammenberuf <strong>für</strong> Sie?<br />
Hebamme ist ein wunderbarer Beruf — das hat<br />
sich <strong>für</strong> mich auch nach 24-jähriger Berufstätigkeit<br />
nicht geändert. Es macht mir immer noch Freude,<br />
<strong>für</strong> die Gesundheit und das Wohlergehen der<br />
Frauen und ihrer Kinder zu sorgen, ihnen in der<br />
vielleicht intensivsten Lebensphase beizustehen.<br />
Und auch wenn unser Beruf politisch und monetär<br />
nicht die Wertschätzung bekommt, die er meines<br />
Erachtens verdient, so erleben wir Hebammen<br />
doch sehr viel Dankbarkeit von Seiten der Frauen.<br />
Hebammen wer<strong>den</strong> weniger, vor allem auf dem<br />
Land …<br />
Wir Hebammen spüren jetzt schon <strong>den</strong> Mangel.<br />
Hier in unserer Hebammenpraxis können wir seit<br />
circa zwei Jahren nicht mehr alle Frauen annehmen.<br />
Aber auch in Städten wird händeringend<br />
nach Hebammen gesucht. <strong>Das</strong> heißt, es findet<br />
jetzt schon nicht mehr jede Frau eine Hebamme<br />
<strong>für</strong> ihre Wochenbettbetreuung. <strong>Das</strong> ist wirklich ein<br />
großes Problem.<br />
Worin sehen Sie die Ursachen?<br />
Es gibt viele: Einmal die Haftpflichtprämien, die<br />
übrigens auch <strong>für</strong> freie Hebammen gestiegen sind,<br />
die keine Geburtshilfe machen. Ein weiterer Grund<br />
sind sicher die geringe Vergütung und die schlechten<br />
Arbeitsbedingungen bei gleichzeitig wahnsinnig<br />
großer Verantwortung.<br />
Früher nannten viele Mädchen Hebamme als<br />
Traumberuf …<br />
<strong>Das</strong> hat sich komplett verändert. Ich habe auch<br />
einen Lehrauftrag an einer Hebammenschule, wo<br />
es seit einigen Jahren deutlich weniger Bewerbungen<br />
gibt. Als ich 1989 in München gelernt habe,<br />
kamen 600 Bewerberinnen auf 16 Stellen. Heute<br />
verzeichnen viele Hebammenschulen einen massiven<br />
Rückgang. Die existentielle Not unseres Berufsstandes<br />
hat sich offenbar zu <strong>den</strong> potenziellen<br />
Interessentinnen durchgesprochen. Und immer<br />
mehr ausgebildete Hebammen bleiben nicht im<br />
Beruf, weil sie dieses System nicht mehr mittragen<br />
wollen und können. Doch bei allen Problemen:<br />
Hebamme ist ein sehr bereichernder Beruf, der —<br />
wie kürzlich eine Frau zu mir gesagt hat — zu <strong>den</strong><br />
<strong>für</strong> sie wichtigsten Berufen gehört. ts<br />
52 | der altlandkreis