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HANSEstyle 1 | 2016

Ob Hamburgs Erster Bürgermeister im großen Interview, exklusive Gespräche mit den gefragten Schauspielern & Unternehmern des Landes, (Mode-)Trends oder das Neuste aus dem Clubleben. HANSEstyle – journalistisch unabhängig und immer mit Blick auf das, was für Hamburg und den Norden von Bedeutung ist.

Ob Hamburgs Erster Bürgermeister im großen Interview, exklusive Gespräche
mit den gefragten Schauspielern & Unternehmern des Landes, (Mode-)Trends oder das Neuste aus dem Clubleben. HANSEstyle – journalistisch
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Wirtschaft & Politik<br />

ranghöchster Uniformträger der zweitgrößten Polizeibehörde einer deutschen Millionenmetropole<br />

würde, konnte er nicht planen. (Der Polizeipräsident trägt zivil.)<br />

Wir sprechen über die Silvesternacht in Köln. Fallak hält es für nahezu ausgeschlossen,<br />

dass sich ein solches Szenario wiederholen werde. Das Geschehen war selbst<br />

für ihn ebenso bestürzend wie unerwartet. Zwar gäbe es diese choreografierte Mischung<br />

aus Diebstahl und sexueller Nötigung in bestimmten Ländern – aber bis Silvester<br />

noch nie bei uns. Die Polizei hat die „Botschaft“ verstanden! Diesen Überraschungseffekt<br />

gibt es nur einmal.<br />

Das Thema ist öffentliche Kameraüberwachung, die fest installierte und Schulter-<br />

Kamera, auch mit Mikros. Fallak erläutert die hierzulande strengen Vorstellungen<br />

der Datenschützer und deren politische Möglichkeiten. Er halte im Zeitalter des Terrorismus<br />

dagegen den englischen Umgang mit solchen Möglichkeiten für ratsam. In<br />

London City scheint es mehr öffentliche Videokameras zu geben als Straßenbäume.<br />

Dabei gilt das Vereinigte Königreich bis zur Stunde immer noch als Demokratie und<br />

hat die Persönlichkeitsrechte sogar mit erfunden. Das Thema bleibt demnach aktuell.<br />

Der Polizei-Vizepräsident war im Laufe seiner Berufszeit einer der am längsten amtierenden<br />

Polizei-Pressesprecher Hamburgs. Deshalb die Frage, wie es sich anfühle,<br />

wenn ein prominentes Magazin mit Alarm-Vokabeln aufmache wie „Staatsnotstand“<br />

oder „hilflose Polizei“. Fallak bleibt ungerührt und erläutert als Insider die<br />

besonderen Probleme der Presse. Dort werde daher auch mitunter ziemlich „dick<br />

aufgetragen“. Mit seinem Blick auf die Wirklichkeit habe dieses Maß an Dramatisierung<br />

und Skandalisierung allerdings nichts zu tun. Die Bürger vertrauen ihrer<br />

Polizei, der Schutzmann an der Ecke ist mehr gefragt als je zuvor.<br />

„Gefahrenprävention bei Kindern und<br />

Jugendlichen ist die beste Verbrechensbekämpfung.<br />

Selbst diese aber bräuchte Profis.“<br />

Reinhard Fallak<br />

Ausgiebig die Antwort des nach über 40 Jahren Erfahrung nachdenklichen Schutzmanns<br />

mit den goldenen Schultersternen auf die Frage, was er ändern würde mit genügend<br />

Einfluss und finanziellen Mitteln: Er habe einfach Probleme mit der Tatsache<br />

wachsender Bevölkerung, zunehmender terroristischer Bedrohung, auch mehr<br />

Kriminalität – bei stagnierender Zahl an Polizisten. Diese sei zur Zeit mit einer Million<br />

Überstunden in Hamburg, einer Ausrüstung, die ständig der Modernisierung<br />

und Ergänzung bedürfte. Die Anforderungen an die Polizei stiegen auch wegen der<br />

jüngsten Zuwanderungsbewegungen. Entwicklungen, die von der Polizei nicht beeinflusst<br />

werden könnten, indes immer stärker polizeiliche Prävention, Einsätze,<br />

Verfolgung und Anwesenheit beanspruchten. Hier seien Lücken entstanden. Die Polizei<br />

müsse in der wachsenden Hafenstadt mithalten. Ihre Ausrüstung müsse mindestens<br />

allen potenziellen Übeltätern gewachsen sein. Deutschland lasse 300.000<br />

bis 400.000 nicht identifizierte Flüchtlinge ins Land, dabei wurden in den letzten<br />

Jahren 16.000 Polizeistellen abgebaut. Überraschende Fakten. Aber benötigen wir<br />

wirklich mehr Polizei?<br />

Fallak ernst: „Ich würde gerne bessere und gründlichere Arbeit im Bereich Wirtschaftskriminalität,<br />

insbesondere im Feld Cybercrime aufbauen, noch mehr Beamte<br />

als Stadtteilpolizisten einsetzen, dem Landeskriminalamt und den Polizeikommissariaten<br />

mehr Einsatzkräfte wünschen. Auch eine stark alternde Gesellschaft<br />

und deren spezifische Bedürfnisse spiegeln sich im polizeilichen Alltag zu wenig<br />

wider. Gefahrenprävention bei Kindern und Jugendlichen ist die beste Verbrechensbekämpfung.<br />

Selbst diese aber bräuchte Profis.<br />

„Die Polizei hat die<br />

‚Botschaft‘ verstanden!“<br />

Frage: Immer mal wieder werde der Verdacht<br />

geäußert, es gäbe Anweisungen in<br />

den Sicherheitsbehörden, bei Verdächtigen<br />

die Herkunft, Ethnie, Hautfarbe<br />

zu unterdrücken. Stimmt das? Fallak<br />

darauf schnell und trocken. "Totaler<br />

Unsinn, stimmt nicht.“<br />

Der jugendlich wirkende Reinhard<br />

Fallak geht in Pension. Würde er diesen<br />

Beruf jemals wieder ergreifen? „Jederzeit.<br />

Ein anstrengender, spannender,<br />

mitunter belastender, jedoch immer<br />

noch für mich der schönste Beruf überhaupt.<br />

Tätig zu sein in fast allen Gebieten<br />

des Lebens, Jobs auf dem Wasser,<br />

hoch über Hamburg in der Luft, überall,<br />

wo Leben stattfindet. Eine tolle<br />

Aufgabe für Menschen mit einem Verhältnis<br />

zu Pflicht, Loyalität, zum Staat<br />

und Gesetz. Körperlich und geistig anspruchsvoll,<br />

befriedigend in einer starken<br />

Gemeinschaft mit vielen anderen,<br />

die ähnlich empfinden.“ In Hamburg<br />

ist der herkömmliche "Schutzmann"<br />

übrigens inzwischen weiblich, etwa zu<br />

30 %, nach aktuellem Personalbestand.<br />

Zurück durch die Hightech-Hochsicherheitstür,<br />

freundlich verabschiedet<br />

von zwei attraktiven Beamtinnen in<br />

Uniform hinter Panzerglas, daran erinnernd,<br />

dass in diesem Rundbau, der einen<br />

Polizeistern darstellt, viele hundert<br />

Frauen und Männer Tag und Nacht für<br />

Hamburgs Sicherheit arbeiten. Es gibt<br />

unangenehmere Gefühle.<br />

Das Gespräch führte: Klaus May<br />

Fotos: Ulrich Lindenthal-Lazhar<br />

Reinhard Fallak<br />

Reinhard Fallak mit Polit-Kolumnist Klaus May<br />

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