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HANSEstyle 1 | 2016

Ob Hamburgs Erster Bürgermeister im großen Interview, exklusive Gespräche mit den gefragten Schauspielern & Unternehmern des Landes, (Mode-)Trends oder das Neuste aus dem Clubleben. HANSEstyle – journalistisch unabhängig und immer mit Blick auf das, was für Hamburg und den Norden von Bedeutung ist.

Ob Hamburgs Erster Bürgermeister im großen Interview, exklusive Gespräche
mit den gefragten Schauspielern & Unternehmern des Landes, (Mode-)Trends oder das Neuste aus dem Clubleben. HANSEstyle – journalistisch
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Stadtgeschichte(n)<br />

abhängig sein, in Speditionen, Reedereien oder Export-Import-Firmen. Auch der<br />

weltweite Kaffeehandel wird von hier aus gesteuert. Und weitere gut 100.000 Arbeitsplätze<br />

dürften im übrigen Deutschland vom Hamburger Hafen abhängig sein. Allein<br />

aus der Hafenwirtschaft erhält der Stadtstaat ein jährliches Netto-Steueraufkommen<br />

von etwa 800 Millionen Euro. Das gibt der Hafen den Hamburgern zurück. Hamburg<br />

hat bisher keinen geschlossenen Autobahnring – noch immer müssen Transporte<br />

von Ost nach West quer durch die Innenstadt, auch weil die Hinterlandanbindung<br />

lückenhaft ist. Nun sollen diese Lücken gemäß aktuellem Bundesverkehrswegeplan<br />

schrittweise bis 2030 geschlossen werden; die Verbindung zwischen der A1 und A7<br />

möglichst schon bis 2026.<br />

Bonz: „Wir haben die Olympiaentscheidung sehr bedauert, anders als oft dargestellt.<br />

Sie hätte die Chance für Hamburg eröffnet, in der Stadtentwicklung einen Sprung<br />

nach vorn zu machen und in der Verkehrsinfrastruktur wichtige Weichenstellungen<br />

vorzunehmen. Man hätte bisher fehlende Verkehrsachsen bauen können und vieles<br />

mehr.“<br />

„Rund 120.000 Menschen in der<br />

Metropolregion Hamburg dürften direkt<br />

oder indirekt vom Hafen abhängig sein.“<br />

Gunther Bonz<br />

Wird Hamburg nun Marktanteile einbüßen müssen? Etwa durch den Tiefwasserhafen<br />

JadeWeserPort in Wilhelmshaven, der eine perfekte Hinterlandanbindung etwa<br />

zum Ruhrgebiet hat? Und von wo aus inzwischen regelmäßige Liniendienste nach<br />

China, Süd-Korea, Singapur und in den Mittleren Osten gehen. Hamburg ist an diesem<br />

Tiefwasserhafen nicht mehr beteiligt.<br />

Gunther Bonz im Hafen-Klub bei den<br />

St. Pauli-Landungsbrücken<br />

Gunther Bonz und Heinz H. Behrens<br />

über die Herausforderungen für<br />

Hamburg<br />

Bonz: „Ich gehörte zu den leitenden Beamten, die in den 90er Jahren dazu beigetragen<br />

haben, dass sich Hamburg zusammen mit Bremen und Niedersachsen an der<br />

Planungsgesellschaft für den JadeWeserPort beteiligten. Denn Deutschland braucht<br />

einen unabhängigen Tiefwasserhafen, schon um Rotterdam hier nicht ein Monopol<br />

zu überlassen. Das gilt für mich noch heute. Hamburg hat sich dann verabschiedet,<br />

aber wir bei Eurogate haben uns beteiligt. Denn in Sachen Elbvertiefung sind wir heute<br />

bereits im Planjahr 16, ein Ende kaum absehbar.“<br />

Dann ist da noch die geplante Fehmarnbeltquerung, ein etwa 18 Kilometer langer<br />

Tunnel unter dem Belt für Schienen- und Autoverkehr. Ein europäisches Verkehrsprojekt,<br />

das weitgehend von Dänemark finanziert wird. Aber auch Hamburg würde<br />

davon profitieren, weil es die Entfernung zwischen der Hansestadt und Kopenhagen<br />

sowie Südskandinavien entscheidend verkürzt und so die bisherige Fahrzeit fast<br />

halbiert. Geplant war ein Baubeginn in 2015, 2021 sollte der Tunnel dann in Betrieb<br />

genommen werden. Seit 1990 wurden zahlreiche Machbarkeitsstudien in Auftrag<br />

gegeben, die dazu führten, statt einer Brücke als feste Querung nun auf eine Tunnellösung<br />

umzuplanen. Zwar deutlich teurer, aber immerhin werden dadurch nicht<br />

Millionen von Zugvögeln bei ihren Flügen beeinträchtigt. Noch immer aber gibt es<br />

Widerstand in Deutschland. Mehrere Fährreedereien klagen wegen der staatlichen<br />

Garantien für die Querung auf Wettbewerbsverzerrung. Und gegen das deutsche<br />

Planfeststellungsverfahren sollen beim Kieler Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr<br />

inzwischen mehr als 3.100 Einwände eingegangen sein. In Dänemark sind das<br />

gerade mal 30!<br />

Es muss wohl ein Skandinavier gewesen sein, der angesichts solcher Entwicklungen<br />

gesagt haben soll: „Wenn es einen Nobelpreis für Bedenkenträgerschaft und Bürokratie<br />

gäbe, würde der immer nach Deutschland gehen.“<br />

Dazu noch eine Schlussbemerkung<br />

von Gunther Bonz: „Ökologische Rücksichtnahmen<br />

sind richtig und wichtig,<br />

aber ohne erfolgreiche Ökonomie kann<br />

die mittlerweile globalisierte Welt auch<br />

nicht funktionieren. Der internationale<br />

Warenaustausch wird weiter zunehmen,<br />

und darauf müssen wir uns beizeiten<br />

einstellen und vorbereiten, wenn wir den<br />

uns nachfolgenden Generationen, so wie<br />

das unsere Vorfahren für uns getan haben,<br />

eine in jeder Beziehung lebenswerte<br />

Welt hinterlassen wollen.“<br />

Das Gespräch führte: Heinz H. Behrens<br />

Fotos: Ulrich Lindenthal-Lazhar<br />

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