mole magazin 3 – FEMINISMUS
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Beyond Europe Camp<br />
Der Kampf gegen die Goldmine in Skouries: Solidarity<br />
Against the Exploitation of Life by Capital and State<br />
Marco Stein<br />
the future is unwritten, Leipzig<br />
Marco Stein war beim Beyond Europe Camp,<br />
welches im Sommer 2015 in Ierissos, Chalkidiki<br />
in Griechenland stattgefunden hat, und berichtet<br />
uns von seinen dort gemachten Erfahrungen mit<br />
der internationalen Vernetzung linker Akteure<br />
und deren Einbringen in lokale Strukturen.<br />
18. - 25. August 2015, Ierissos,<br />
Chalkidiki (Griechenland)<br />
1. Die gesellschaftliche Ausgangssituation<br />
in Europa<br />
Anfang des Jahres 2015 hatte die neu<br />
gewählte griechische Regierung unter<br />
Führung von Syriza angekündigt,<br />
mit den Sparauflagen zu brechen, die<br />
von der Troika als Bedingung für die<br />
Gewährung von Krediten auferlegt<br />
worden waren. Zum ersten Mal seit<br />
Langem war damit eine linke Partei<br />
in Europa an die Macht gekommen,<br />
die sich offensiv für eine Alternative<br />
zur Austerität und zu neoliberalen<br />
Reformen aussprach. Für viele Linke<br />
in Europa ergab sich daraus die Hoffnung,<br />
dass das der erste Schritt für den<br />
Bruch mit der neoliberalen Hegemonie<br />
in Europa sein könnte. Die bereits vor<br />
den griechischen Wahlen von Blockupy<br />
geplanten Aktionen gegen die Eröffnung<br />
des EZB-Neubaus in Frankfurt a.M.<br />
am 18. März schienen daher genau zum<br />
richtigen Zeitpunkt zu kommen, um ein<br />
Zeichen gegen die Austeritätspolitik und<br />
für ein solidarisches Europa zu setzen.<br />
Mit anderen antiautoritären und antikapitalistischen<br />
Gruppen aus Deutschland<br />
rief Beyond Europe (1) unter dem Label<br />
M18 und dem Motto »Face the Players,<br />
Fight the Game« (2) dazu auf, die Krisenakteure<br />
in den Fokus zu nehmen und<br />
gleichzeitig für eine Perspektive über<br />
Staat und Kapital hinaus auf die Straße<br />
106<br />
zu gehen. Am Vormittag des 18. März<br />
legten mehrere tausend Aktivist*innen<br />
die Frankfurter Innenstadt lahm und<br />
am Nachmittag beteiligten sich 25000<br />
Menschen an der Abschlussdemonstration.<br />
Für einen Wochentag war es ein<br />
Erfolg, der allerdings ausbaufähig ist,<br />
da es kaum gelungen war, Menschen<br />
außerhalb linker Bewegungen anzusprechen.<br />
Das Zeichen der Ablehnung<br />
der Krisenpolitik und des Kapitalismus<br />
wurde global wahrgenommen und<br />
insbesondere in den von der Austeritätspolitik<br />
besonders betroffenen<br />
Ländern wie Griechenland begrüßt.<br />
Innerhalb von Beyond Europe – aber<br />
nicht nur hier – war klar, dass neben<br />
solch symbolischen Aktionen die Organisierung<br />
des Widerstands im Alltag<br />
vorangetrieben werden muss. Dabei ist<br />
es wichtig, dass er transnational erfolgt<br />
– auf der gleichen Ebene, auf der das<br />
Kapital schon lange aktiv ist. Daher kam<br />
die Idee auf, ein Camp mit dem Ziel »to<br />
push organizing forward, deepen our<br />
networking and plan our mobilizations<br />
against Capitalism and its impositions all<br />
over Europe« (3) zu organisieren. Dies<br />
sollte nicht nur den Gruppen und Personen<br />
von Beyond Europe die Möglichkeit<br />
bieten sich kennenzulernen, auszutauschen<br />
und besser zu vernetzen, sondern<br />
auch anderen Antiautoritären sollte<br />
verstärkt die Möglichkeit geboten werden,<br />
an diesem Prozess teilzunehmen.<br />
2. Vernetzung und Austausch<br />
Letztendlich fanden sich bis zu 500<br />
Teilnehmer*innen auf dem Camp ein,<br />
darunter fast die Hälfte aus Deutschland,<br />
dagegen nur relativ wenige aus<br />
Griechenland, was von vielen bedauert<br />
wurde. Erklären lässt sich das teilweise<br />
durch die ungleichen finanziellen<br />
Möglichkeiten und die unterschiedlich<br />
intensiven Mobilisierungen von ...ums<br />
Ganze! bzw. Alpha Kappa. Ansonsten<br />
waren Menschen unter anderem aus<br />
Frankreich, Italien, Schweden, England,<br />
Österreich, Schweiz, Bulgarien und<br />
Zypern gekommen. Es gelang, nicht nur<br />
Leute von Beyond Europe anzusprechen,<br />
sondern auch andere linksradikale<br />
Zusammenhängen, unter anderem<br />
antifaschistische und antirassistische<br />
Bewegungen, soziale Initiativen, Basisgewerkschaften<br />
und Unorganisierte. In<br />
zahlreichen Workshops wurden sowohl<br />
theoretische Einschätzungen über den<br />
aktuellen Kapitalismus in Europa, als<br />
auch Erfahrungen aus unterschiedlichen<br />
Kämpfen diskutiert. Das Camp erlaubte<br />
es Aktivist*innen und Interessierten<br />
sich in einem Rahmen auszutauschen,<br />
den sie im politischen Alltag kaum<br />
antreffen. Zwar war das Programm<br />
zu voll und der Zeitplan zu straff, aber<br />
das tat der Diskussionsfreude keinen<br />
Abbruch. Zudem gab es die Möglichkeit,<br />
sich beim Essen, an der Bar oder am<br />
Strand auszutauschen und zu diskutieren.<br />
Diese informellen Gespräche<br />
stellen einen wichtigen und nicht zu<br />
unterschätzenden Part der Vernetzung<br />
und des Aufbaus einer antiautoritären<br />
Bewegung dar. Gleichzeitig ist aber<br />
auch klar, dass ein Camp nur eine<br />
Ergänzung des transnationalen Organisierungsprozesses<br />
sein kann, und dieser<br />
ohne Verbindlichkeit und Kontinuität<br />
nicht zu haben ist. Bisher bleibt noch<br />
abzuwarten, ob Beyond Europe durch<br />
das Camp nachhaltig gestärkt wurde,<br />
auch wenn sich viele Genoss*innen<br />
neu oder besser kennengelernt haben.<br />
3. Der Kampf gegen die Goldmine<br />
Neben der transnationalen Vernetzung<br />
bedarf es auch der Verankerung<br />
der antiautoritären Bewegung in den<br />
Alltagskämpfen. Der Ort Ierissos auf<br />
der Halbinsel Chalkidiki bot sich an, da