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mole magazin 3 – FEMINISMUS

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Bedenken, die aus einer feministischen<br />

Praxis stammen, prinzipiell gegen<br />

Argumente eines (vermeintlichen) Sachzwangs<br />

verlieren und dieser Konflikt<br />

nicht einmal offen ausdiskutiert wird.<br />

Es ist nicht nur widersinnig, dass wir<br />

trotz unserer feministischen Analysen<br />

immer noch kein Konzept haben, wie<br />

feministische Politik, d.h. langfristige<br />

und kontinuierliche antisexistische<br />

Praxis, innerhalb von ...ums Ganze! oder<br />

in der linksradikalen Szene und darüber<br />

hinaus aussehen kann. Im Konkreten<br />

bedeutet es auch, dass wir immer wieder<br />

aufgeschmissen sind, wenn die sexistischen<br />

Verhältnisse in unserem politischen<br />

Umfeld ihren brutalsten Ausdruck<br />

finden, nämlich in Form von sexualisierter<br />

Gewalt. Das passiert regelmäßig<br />

– in Berlin sind uns dabei öffentlich<br />

gemachte Fälle aus den letzten Jahren<br />

bei engeren und entfernteren Bündnispartner*innen<br />

bekannt. Die interne<br />

Auseinandersetzung darüber, wie<br />

jeweils mit dem aktuellen Fall umzugehen<br />

ist, führt meistens zu verhärteten<br />

Fronten, Austritten und dem weit<br />

verbreiteten Wunsch, nicht mehr über<br />

das Thema zu reden, da es sich dabei<br />

um »verbrannte Erde« handele. Längere<br />

fallunabhängige, interne Beschäftigung,<br />

zum Beispiel mit dem Thema Definitionsmacht,<br />

hat durchmischte Ergebnisse,<br />

da sie zwar zumindest eine theoretische<br />

Auseinandersetzung in Gang setzt,<br />

aber, wenn es konkreter wird, stets das<br />

Gespenst der alten Fronten im Hintergrund<br />

lauert. So sind wir meistens<br />

am Rande der Sprachlosigkeit, was<br />

übrigens auch ein praktisches Problem<br />

für unsere Handlungsfähigkeit darstellt,<br />

wenn sexualisierte Gewalt in einem<br />

politischen Zusammenhang passiert,<br />

in dem eigentlich doch ein Bekenntnis<br />

zum Feminismus gilt. Wir sind sprachlos,<br />

weil wir uns nicht regelmäßig und<br />

nicht offen genug damit auseinandersetzen,<br />

dass Menschen, die sexistisch<br />

handeln, nicht unbedingt überzeugte<br />

Sexisten sind. Weil es kaum einen<br />

Grundkonsens zum Umgang mit diesen<br />

Fällen gibt, der darüber hinausgeht,<br />

dass »wir ja alle Feministinnen* und<br />

Feministen*« sind. Weil wir uns nicht<br />

damit auseinandersetzen, dass Sexismus<br />

uns und unsere alltägliche politische<br />

Praxis mindestens ebenso unmittelbar<br />

betrifft, wie es der Kapitalismus tut.<br />

Damit wir in ...ums Ganze! das Problem<br />

einer feministischen Praxis angehen<br />

können, reicht es nicht aus, dass wir<br />

allerorten Feminismus AGs gründen<br />

(auch wenn diese an sich natürlich gut<br />

und wichtig sind). Im Zweifel bedeutet<br />

das nämlich nur, dass das gesamte<br />

Thema Feminismus an die jeweilige<br />

Feminismus AG delegiert wird, wo<br />

es dann zumeist wieder nur Frauen*<br />

überlassen bleibt, feministische Praxis<br />

umzusetzen. Solche Verhältnisse stehen<br />

im Widerspruch zu unserem Politikverständnis,<br />

nach dem im Kapitalismus<br />

nicht der Haupt- und im Patriarchat<br />

bloß ein Nebenwiderspruch begründet<br />

ist. Es gibt ja schließlich auch keine<br />

Antikapitalismus AG, der es ausschließlich<br />

überlassen ist, antikapitalistische<br />

Praxis umzusetzen. Auch alle anderen<br />

AGs sollen eben im Idealfall Antika-<br />

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