03.06.2016 Aufrufe

mole magazin 3 – FEMINISMUS

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Menschen als Norm von Lebenserfahrungen<br />

überhaupt. Die weltweite<br />

deutlich bessere Stellung in der gesellschaftlichen<br />

Hierarchie von Menschen<br />

mit weißer Hautfarbe hat dazu geführt,<br />

dass jene die gesellschaftlichen Diskurse<br />

dominieren und Menschen mit einer<br />

anderen Hautfarbe kaum bis gar kein<br />

Gehör fanden. Bis heute sind zweite<br />

zumindest deutlich unterrepräsentiert.<br />

Die rassistische Unterdrückung lässt<br />

sich zum Teil mit der sexistischen parallelisieren.<br />

An gesellschaftlichen Diskursen<br />

haben Frauen*, und andere sexistisch<br />

diskriminierte Personen weniger<br />

Anteil als Männer* und finden somit<br />

weniger Gehör und auf die Unterdrückung,<br />

unter der sie leiden, kann daher<br />

nicht so einfach aufmerksam gemacht<br />

werden. Feminist*innen wollen aber<br />

verständlicherweise, dass Personen, die<br />

unter Sexismus leiden, Gehör finden<br />

und ihre Stimmen Eingang in den<br />

gesellschaftlichen Diskurs erhalten.<br />

Aber genauso wie es falsch ist, aus der<br />

Unterrepräsentiertheit von Menschen<br />

mit nicht-weißer Hautfarbe zu folgern,<br />

dass nun keine Menschen mit weißer<br />

Hautfarbe zum Thema Rassismus mehr<br />

gehört werden dürfen, wäre es falsch,<br />

Menschen, die nicht oder weniger<br />

unter Sexismus leiden, komplett aus<br />

der antisexistischen Debatte auszuschließen.<br />

Vertreter*innen von critical<br />

whiteness haben meines Erachtens<br />

zurecht darauf hingewiesen, dass eine<br />

weiße Person nicht alleiniges Anrecht<br />

darauf haben kann, über einen bestehenden<br />

gesellschaftlichen Zustand zu<br />

urteilen, da sie bestimmte Probleme<br />

aufgrund ihrer privilegierten Position<br />

nicht wahrnimmt. Deshalb ist es<br />

wichtig, Privilegien zu reflektieren und<br />

andere Lebensrealitäten sichtbar zu<br />

machen. Dies schließt jedoch nicht aus,<br />

dass eine weiße Person nach sensibler<br />

Beschäftigung mit der Thematik und<br />

Selbstreflexion in der Lage sein kann,<br />

Rassismus als etwas Schlechtes zu erfassen,<br />

ihn auszumachen und gegen ihn zu<br />

kämpfen. So kann auch ein Mann* (4)<br />

erkennen, dass Sexismus ein Missstand<br />

ist, ohne direkt selbst betroffen zu sein,<br />

und unter anderem durch Selbstreflexion<br />

dahin gelangen, gegen Sexismus<br />

vorgehen zu können. Wenn ich davon<br />

ausgehe, dass es keine männlichen*<br />

Feministen geben könne, da sie nicht<br />

unter Sexismus leiden (5) und diesen<br />

daher nicht erkennen können, würde<br />

das bedeuten, dass alle Menschen, die<br />

unter Sexismus leiden, in der Lage<br />

sind diesen zu erkennen. Das ist aber<br />

eindeutig nicht der Fall. Denn sowohl<br />

die rassistische als auch die sexistische<br />

Denkweise haben unsere Gesellschaft<br />

als dominante Diskurse so stark durchzogen,<br />

dass auch Schwarze Menschen<br />

unbewusste rassistische Vorstellungen<br />

verinnerlicht haben können, genauso<br />

wie Frauen* teilweise sexistische Denkund<br />

Verhaltensweisen an den Tag legen.<br />

Das Sichtbarmachen von Privilegien<br />

und das Hinterfragen der eigenen<br />

gesellschaftlichen Stellungen ist also<br />

eine Methode, mit der sich sämtliche<br />

emanzipatorische Bewegungen befassen<br />

sollten. Dabei muss aber bedacht werden,<br />

dass in einer Gesellschaft, in der<br />

verschiedenste Unterdrückungsmechanismen<br />

existieren, die auf komplizierte<br />

Weise miteinander verknüpft sind, Privilegien<br />

nicht einfach an einer Kategorie<br />

wie beispielsweise Gender ausmachbar<br />

sind. >>> S.32, I: Intersektionalismus<br />

Und dass der gesellschaftliche Diskurs<br />

ein diskriminierender ist, der leider<br />

alle Menschen zumindest ein Stück<br />

weit diskriminierend denken und<br />

handeln lässt. Damit ist es deutlich zu<br />

einfach und nicht richtig, eine Gruppe<br />

aufgrund einer Kategorie die Fähigkeit<br />

zur Teilnahme an einem emanzipatorischen<br />

Kampf abzusprechen.<br />

Damit spare ich mir die Definition<br />

dessen, was ein Mann* ist, und kann<br />

die Frage, ob Männer* Feministen sein<br />

können, klar mit »Ja« beantworten.<br />

Wer emanzipatorische Ziele verfolgt,<br />

muss auch feministische verfolgen.<br />

Aufgrund einer Zuschreibung, wie der,<br />

männlich* zu sein, lässt sich noch nicht<br />

ausreichend über eine Person aussagen.<br />

Selbstreflexion ist dennoch ein fundamentaler<br />

Bestandteil feministischer<br />

Arbeit. Dies betrifft insbesondere<br />

Personen, die gesellschaftliche Privilegien<br />

innehaben, die sie weniger<br />

oder gar keine sexistische Diskriminierung<br />

spüren lassen. Das werden<br />

aber nicht bloß Männer* sein.<br />

Fußnoten<br />

(1) http://www.guerrillafeminism.org/<br />

no-more-male-feminists-phoenix-calida/<br />

(2) Für alle, die sich glücklich schätzen können,<br />

bisher nichts von Birgit Kelle gehört zu haben:<br />

Birgit Kelle, CDU Mitglied, verbindet die<br />

schönsten Aspekte rechter und katholischer<br />

Ansichten mit einem großen Mitteilungsbedürfnis.<br />

Unter anderem organisierte sie<br />

gemeinsam mit Beatrix von Storch (AfD)<br />

die »Demo für alle«, bei der sich besorgte<br />

Eltern gegen die vermeintlich zu queerfeministischen<br />

Änderungen des Bildungsplans in<br />

Baden-Württemberg engagieren konnten.<br />

(3) vergleichend dazu Roswitha Scholz:<br />

Das Geschlecht des Kapitalismus<br />

(4) was genau ein Mann* ist, wurde<br />

auch noch nicht geklärt<br />

(5) damit möchte ich nicht behaupten, dass<br />

Männer* nicht unter Sexismus leiden können<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!