mole magazin 3 – FEMINISMUS
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verbauen wir uns auch Möglichkeiten<br />
der Einsicht. Erst wenn wir ein Verständnis<br />
für die eigenen Privilegien<br />
und Positionen in der Gesellschaft<br />
haben, können wir die emanzipatorischen<br />
Potenziale aus Kämpfen um<br />
Anerkennung und Teilhabe nutzen.<br />
Konfrontiert mit Vereinzelung, patriarchaler<br />
Rollenzuweisung und daraus<br />
resultierender Gewalt, ist z.B. das<br />
Verhandeln der eigenen Unsicherheit<br />
und Diskriminierung schon immer Teil<br />
feministischer Organisierung gewesen.<br />
Erst durch die kollektive Bearbeitung<br />
dieser Probleme des Alltags war es<br />
vielen Frauen* möglich die Kraft zu<br />
entwickeln sich gegen diese patriarchale<br />
Ordnung zur Wehr zu setzen.<br />
Auf unsere Praxis übertragen wäre es<br />
ein Anfang Räume innerhalb unserer<br />
Strukturen zu schaffen, die einen Austausch<br />
ermöglichen. Orte an denen wir<br />
unsere Probleme und eigenen Unsicherheiten<br />
einbringen und eben auch verhandeln<br />
können. Wir müssen der Individualisierung<br />
und Verdrängung dieser<br />
Prekarität, die unser Leben durchzieht,<br />
etwas entgegensetzten. Ein Angriff auf<br />
eine*n ist ein Angriff auf uns Alle. Nicht<br />
nur wenn der Staat zuschlägt, sondern<br />
vielleicht auch wenn die Verhütung<br />
versagt oder die Kohle knapp ist.<br />
Wir können nicht alles, was in dieser<br />
Gesellschaft danebengeht, in unseren<br />
Strukturen auffangen. Aber wenn<br />
wir zu großen Teilen die Analyse<br />
vernachlässigen, warum unsere Art<br />
der Organisierung und politischen<br />
Praxis für viele Menschen nicht<br />
zugänglich ist, dann wird das eher nix<br />
mit dem libertären Kommunismus.<br />
Links<br />
http://zweiter-mai.org/sechs-thesen-ueber-die-angst/<br />
http://strassenauszucker.blogsport.de/2012/05/30/die-revolution-im-reformhaus/#more-195<br />
Zur Verdeutlichung der Problemlage hier eine<br />
kurze Skizze eines möglichen Gruppentreffens<br />
einer Politgruppe X in einer Stadt Y in Kaltland:<br />
– kurzfristige Absage von 3 Leuten<br />
(fertig von der Lohnarbeit, Partner*in hat<br />
Geburtstag, es ist das fünfte Polittreffen<br />
der Woche und die Luft is raus...)<br />
– de facto los geht es eine halbe<br />
Stunde später als gedacht<br />
– alle bringen ihre Tageslaunen und den<br />
gesamten Weltschmerz mit ins Plenum<br />
– eine Stunde später muss die*der erste<br />
wieder los um Kinder zu versorgen oder<br />
noch auf die wichtige Party zu gehen<br />
»Wir stellen uns die Revolution dabei als<br />
eine Art »kollektive Selbstbefreiung« vor.<br />
Gemeinsam, mit den eigenen Bedürfnissen<br />
als Ausgangspunkt, mit dem Blick auf<br />
grundlegende Umgestaltung. Zuvor müssen<br />
wir uns natürlich darüber klar werden, was<br />
wir eigentlich wollen. [...] Wir befürworten<br />
alles, was Menschen glücklicher macht, ihre<br />
Bedürfnisse mehr im Blick hat und Herrschaft<br />
zurückdrängt. Wenn das schon im<br />
Hier und Jetzt geht, dann ist das super. Das<br />
Bewusstsein zu verändern und konkrete<br />
Verbesserungen sind immer zu begrüßen.«<br />
(Die Revolution im Reformhaus,<br />
Straßen aus Zucker Nr.7)<br />
Fußnoten<br />
(1) uG-Nachtrag zu M18 – »Nicht zynisch<br />
werden – neues Jahrhundert, neuer Anlauf«,<br />
zu finden auf http://umsganze.<br />
org/nicht-zynisch-werden/<br />
(2) Laurie Penny, Unsagbare Dinge, 2015, S. 97<br />
(3) Zitat einer unbekannten (Ex-)Kommunistin<br />
(4) Roswitha Scholz<br />
(5) Zitat einer Feministin in einer kommunistischen<br />
Organisierung<br />
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