mole magazin 3 – FEMINISMUS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
W<br />
Warum wir in ...ums Ganze!<br />
keine Antikapitalismus AG haben<br />
Feminismus AG, TOP B3rlin<br />
Oder warum wir mehr Feminismus in unserer<br />
alltäglichen politischen Praxis brauchen. Lasst<br />
uns bei ...ums Ganze! die feministischen Inhalte<br />
nicht bloß an die Feminismus AGs delegieren!<br />
Feminismus kann nicht delegiert werden. Für den<br />
Kommunismus heißt für den Feminismus! (1)<br />
Wir haben es satt, dass in dieser Gesellschaft<br />
feministische Inhalte nur dann<br />
transportiert werden, wenn sie gleichzeitig<br />
als rassistische Hetze dienen, so<br />
wie AfD und Pegida es schön vor- und<br />
alle anderen es regelmäßig nachmachen.<br />
Wir können es nicht mehr hören,<br />
wenn Emma, Birgit Kelle, Focus, Bild<br />
und Co. das deutsche Abendland dafür<br />
feiern, dass die »Frau« sich hier schon<br />
selbst verwirklicht habe und deshalb<br />
kein Platz sei für »böse rückständige<br />
Männerhorden« von anderswo.Wir<br />
kriegen die Krise, weil Genderforschung<br />
als »Genderismus« medial durch den<br />
Dreck gezogen wird und alle so tun,<br />
als wäre die Gleichberechtigung längst<br />
erreicht, wobei Transgender-Menschen<br />
erst gar nicht beachtet werden und<br />
gleichzeitig bestehende Ungleichheiten<br />
auf die »biologischen Unterschiede«<br />
zwischen (Cis-) Männern und (Cis-)<br />
Frauen* zurückgeführt werden. (2)<br />
>>> S.78, X: XX&XY – Antigenderismus<br />
Wir haben genug davon, dass Frauen*,<br />
nur weil sie als Frauen* gelten, für<br />
dieselbe Arbeit weniger Geld bekommen<br />
als ihre männlichen Kollegen – und<br />
nebenbei: dass wir überhaupt lohnarbeiten<br />
müssen! Wir sind traurig darüber,<br />
dass in Internetforen diskutiert wird,<br />
wie Frauen* sich am besten auf dem<br />
Heimweg vor sexualisierten Übergriffen<br />
schützen können (Stichwort »längere<br />
Röcke«), aber niemand darüber redet,<br />
dass häusliche Gewalt gegen Frauen*<br />
in Europa hinter verschlossenen<br />
Türen stattfindet. Wir fühlen uns<br />
74<br />
hilflos bei dem Gedanken daran, dass<br />
unser »Mutterbild« so veraltet ist, dass<br />
sich Diskussionen noch um »Rabenmutter<br />
vs. Hausmamsel« drehen.<br />
Wir sind wütend, weil unsere Altersgenoss*innen<br />
sich weniger für Feminismus<br />
zu interessieren scheinen, als<br />
jemals zuvor. Wir können es nicht<br />
ertragen, dass Männer davon reden, wie<br />
sehr sie in dieser weiblichen Gesellschaft<br />
verweichlicht werden, während<br />
Männerbünde, neue Männlichkeit,<br />
Sexismus gefeiert werden und wir in<br />
einer »Rape Culture« leben, die direkte<br />
und indirekte Auswirkungen auf alle<br />
Menschen hat. Wir sind krank vor<br />
Sorge bei dem Gedanken daran, dass<br />
(auch unsere) Kinder in einer heteronormativen<br />
Gesellschaft mit binärer<br />
Geschlechtsordnung groß werden.<br />
Daran nicht verzweifeln können wir<br />
nur, wenn wir wissen: Unser politischer<br />
Zusammenhang hält dagegen!<br />
Deshalb gilt: Für den Kommunismus<br />
heißt für den Feminismus!<br />
Bei ...ums Ganze! bleibt das aber bis dato<br />
zu häufig ein Lippenbekenntnis. Zwar<br />
veröffentlichen wir in der Jungle World<br />
Texte zur Care-Debatte, machen Kampagnen<br />
wie Riots statt Rosen und beteiligen<br />
uns an feministischen Bündnissen,<br />
wie dem Make Feminism a Threat-<br />
Bündnis zum Frauenkampftag am 8.<br />
März und dem What the Fuck-Bündnis<br />
gegen den sogenannten »Marsch für<br />
das Leben« in Berlin oder unterstützen<br />
den Care Mob bei Blockupy. (3) Aber<br />
auch wenn das gelungene Events sind,<br />
fordern wir auf diesen Events eine sehr<br />
konkrete feministische Praxis und<br />
machen selber zu wenig Anstalten, diese<br />
Praxis in ...ums Ganze! konsequent<br />
umzusetzen und weiterzudenken.<br />
Das betrifft auch die inhaltliche<br />
Planung von gesellschaftspolitischen<br />
Kampagnen, in die wir im Grunde nur<br />
dann feministische Inhalte einfließen<br />
lassen, wenn es hauptsächlich um ein<br />
augenfällig »feministisches« Thema<br />
geht, wie auch die internen Strukturen,<br />
Verhaltens- und Umgangsweisen.<br />
Mackertum und Männerbünde gibt es<br />
auch bei uns genauso wie Sexismus und<br />
sexuelle Übergriffe. Das gilt sowohl<br />
für ...ums Ganze!, wie auch für weite<br />
Teile der linksradikalen Szene. Die<br />
Reproduktion von Geschlechterstereotypen<br />
und Rollenverhalten durch<br />
unsere Strukturen findet sich wieder<br />
in unterschiedlichem Redeverhalten,<br />
ungleicher Aufgabenverteilung, ungleicher<br />
Kommunikation, Selbstzensur,<br />
unbewusster Überschätzung eigener<br />
Kompetenzen bei gleichsamer Unterschätzung<br />
von Fähigkeiten anderer,<br />
meist weiblicher, Genoss*innen. (4)<br />
Das ist auch nicht verwunderlich, wenn<br />
wir uns vor Augen halten, dass Sexismus<br />
Strukturen auf Mikro-, wie auf Makro-<br />
Ebene durchdringt und dementsprechend<br />
auch in der linksradikalen Szene,<br />
in ...ums Ganze!, in jeder lokalen ...ums<br />
Ganze!-Gruppe, in unseren individuellen<br />
Handlungen und unserem individuellen<br />
Denken existiert. Verwunderlich<br />
ist hingegen, dass wir das bei ...ums<br />
Ganze! in veröffentlichten Analysen<br />
immer wieder feststellen, ohne uns entscheidend<br />
dafür einzusetzen, die daraus<br />
resultierenden Schlussfolgerungen in<br />
unserer eigenen Praxis umzusetzen.<br />
Grob runtergebrochen ist das Flyerdesign<br />
für die nächste Kampagne dann<br />
doch immer wichtiger, als die Frage,<br />
ob das Design aus einer feministischen<br />
Praxis der politischen Zusammenarbeit<br />
entstanden ist oder nicht. Wir fordern<br />
nicht, dass ein politisches Output warten<br />
muss, bis alle sich ins Logbuch des<br />
Feminismus eingetragen haben, aber<br />
gleichzeitig kann es nicht sein, dass