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return Ausgabe 03-2016

Schwerpunktthema: Zukunft managen Gezielter Blick auf das Geschäft von morgen

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MENSCH & UNTERNEHMEN<br />

MENSCH & UNTERNEHMEN<br />

„Systeme schaffen,<br />

die Emotionen erkennen“<br />

Prof. Andreas Dengel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz<br />

(DFKI) optimiert die Wissensarbeit – indem er „Maschinenhirnen“ das Lernen beibringt.<br />

Text: Armin Hingst<br />

Herr Prof. Dengel, beim Wissensmanagement des DFKI<br />

in Kaiserslautern beschäftigen Sie sich intensiv mit Assoziationen<br />

– denen von Menschen und denen von Maschinen.<br />

Sie wollen zum Beispiel im „Semantic Desktop“<br />

die Büroarbeit der Zukunft erleichtern, indem Sie das<br />

System den arbeitstäglich anfallenden Informationswust<br />

quasi von selbst ordnen lassen.<br />

Wie muss man sich das<br />

vorstellen?<br />

Andreas Dengel: Sie können<br />

einfach alles – Mails, Dateien,<br />

Texte, Präsentationen – in einen<br />

großen Topf werfen, und<br />

das System verbindet selbsttätig<br />

sämtliche Konzepte miteinander.<br />

Mit den Beschreibungssprachen,<br />

die wir nutzen,<br />

können wir Zusammenhänge zwischen Objekten, Institutionen,<br />

Themen, Projekten, Terminen modellieren. Damit<br />

mache ich mich unabhängig von jeder Anwendung. Dann<br />

weiß ich zum Beispiel, dass sich die Menschen zu diesem<br />

Termin über jene Themen unterhalten haben, weil da ein<br />

Zusammenhang mit einem Projekt besteht. Ich kann später<br />

aus jeder Perspektive anfragen: Wer hat sich getroffen? Über<br />

was wurde gesprochen, wann haben wir uns getroffen, warum<br />

haben wir uns getroffen?<br />

„Mit dem klassischen<br />

Schulbuch kann man kaum die<br />

Potenziale heben, die wir als<br />

Wissensexportnation brauchen.“<br />

Kapitel interessiert hat. Beziehen wir also Aufmerksamkeitsdaten<br />

beim Lesen mit ein, können wir deutlich die Assistenz<br />

verbessern, die solche Systeme liefern.<br />

Weil Sie Maschinen assoziatives Lernen beibringen wollen,<br />

haben Sie sich damit beschäftigt, wie Lernen funktioniert.<br />

Wie denn?<br />

Aufmerksamkeit ist für mich<br />

die Grundvoraussetzung für<br />

das Lernen. Wir müssen erst<br />

einmal aufmerksam sein, um<br />

Dinge zu erfahren, zu verstehen<br />

und im Gedächtnis zu verankern.<br />

Wir forschen daher seit<br />

Jahren zum Thema Aufmerksamkeit.<br />

Beim „erweiterten<br />

Verstehen“ oder „augmented<br />

understanding“ geht es zum Beispiel darum, Texte dadurch<br />

leichter verständlich machen, dass es die Augenbewegungen<br />

des Lesers via Datenbrille ermittelt – mit diesem „eyetracking“<br />

stellt das System fest, an welchen Stellen ungewöhnlich<br />

lange gezögert wird und schlägt zu den entsprechenden<br />

Textpassagen Erläuterungen in einem Bereich rechts neben<br />

dem Text vor. Dort bietet mir das System verschiedene Services<br />

an, ob das Übersetzungen sind, Wikipedia-Erklärungen,<br />

Videos.<br />

Professor Andreas Dengel, Chef des DFKI-Standortes Kaiserslautern, hat zwar in der Pfalz auch Informatik<br />

und Wirtschaftswissenschaften studiert, seine wissenschaftliche Karriere führte ihn aber immer wieder ins<br />

Ausland. Unter anderem gehörte er zu den Gründern des „Institut for Document Analysis and Knowledge<br />

Science“ an der Universität Osaka, wo er auch noch eine weitere Professur hat. Ebenfalls mitgegründet hat<br />

er das TUKL-NUST Research Center in Islamabad, ein von der Uni Kaiserslautern und dem pakistanischen<br />

Partner 2015 ins Leben gerufenes Forschungsinstitut für Computerwissenschaften.<br />

Foto: DFKI GmbH<br />

Was kann man mit diesen Erkenntnissen anfangen?<br />

Weil ich alle diese Aspekte verknüpft habe, kann ich aus<br />

diesen W-Dimensionen wie im mentalen Modell des Menschen<br />

auch im Unternehmensgedächtnis Zusammenhänge<br />

verstehen. Kombiniert man das Semantic Desktop etwa mit<br />

einer Datenbrille, die Augenbewegungen analysiert, dann<br />

erkennt es, an welchen Stellen besonders intensiv gelesen<br />

wurde. Wir könnten digitale Assistenten bauen, die sich die<br />

abgelegten Dokumente anschauen, Klassen bilden und lernen,<br />

was diese Klassen ausmacht. Manchmal haben sie lange<br />

Berichte in ihren Datenablagen, obwohl sie nur das dritte<br />

Welchen Nutzen sehen Sie in der Praxis?<br />

Wir setzen das gerade bei Schulen ein, wenn es um individualisiertes<br />

Lernen geht. Also etwa um Schüler, die besser sind,<br />

wenn sie sich kurze erklärende Videos anschauen statt Texte<br />

zu lesen. Mich stört am starren Schulsystem, dass es viel zu<br />

wenig auf die unterschiedlichen Lerntypen eingeht und immer<br />

noch zu sehr auf klassische Schulbücher setzt. Damit<br />

kann man kaum die Potenziale heben, die man braucht, um<br />

als Wissensexportnation auf Dauer bestehen zu können. Für<br />

uns ein Grund mehr, neue dynamisierte Formen von antizipierenden<br />

Schulbüchern zu entwickeln.<br />

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