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return Ausgabe 03-2016

Schwerpunktthema: Zukunft managen Gezielter Blick auf das Geschäft von morgen

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MENSCH & UNTERNEHMEN<br />

MENSCH & UNTERNEHMEN<br />

Die Talentförderin<br />

Fähige Köpfe zu entwickeln und Spitzenteams zu bilden – darin sieht<br />

Martina Koederitz als erste Frau an der Spitze von IBM Deutschland ihre Kernaufgabe.<br />

Magisches Dreieck: Neues schaffen, Innovation fördern<br />

und Kräfte entfesseln, möchte Martina Koederitz.<br />

Text: Peter Hanser<br />

Fotos: IBM Deutschland<br />

Auf der diesjährigen Cebit drängelten sich die Besuchermassen<br />

durch die engen Gänge des IBM-Messestandes,<br />

um sich über die neuesten Entwicklungen und Lösungsansätze<br />

des Unternehmens und seiner Partner zu informieren.<br />

Zu den zentralen Themen gehörten Industrie 4.0, Big Data<br />

Analytics, Cloud, Mobile oder Security. Weit ruhiger ging<br />

es auf der oberen Ebene des Standes zu, wo die Besprechungsräume<br />

liegen. Hier hatte Martina Koederitz für die<br />

fünf Messetage ihr helles Büro in der 4. Etage der Ehninger<br />

IBM-Zentrale mit der fensterlosen Besprechungszelle auf<br />

dem Messestand getauscht.<br />

Die 52-Jährige gehört einer eher seltenen Spezies von Frauen<br />

in deutschen Großunternehmen an. Während die wenigen<br />

Frauen, die es in die Vorstände schaffen, sich meistens mit<br />

Themen abseits des Kerngeschäfts wie Recht oder Personal<br />

beschäftigen, steht sie an der Spitze von IBM Deutschland<br />

mit Verantwortung für die D-A-CH-Region und mehrere<br />

tausend Mitarbeiter.<br />

„In einer dynamischen Welt ist man<br />

angreifbar, aber wir greifen auch an.“<br />

Die eher zurückhaltende, aber als durchsetzungsstark und<br />

zielstrebig geltende Betriebswirtin kennt das Unternehmen<br />

von der Pike auf. Schon während des Studiums hatte sie den<br />

Computerkonzern als zukünftigen Arbeitgeber ins Auge<br />

gefasst. Was die Studentin damals an dem amerikanischen<br />

Computer-Konzern faszinierte, waren sein Image als innovativer<br />

Arbeitgeber, die guten Qualifizierungsangebote für die<br />

Mitarbeiter und die Talententwicklung.<br />

Ihre Karriere startete sie 1987 in Stuttgart als Systemberaterin<br />

und stieg nach mehreren Aufgaben im Vertrieb 1998 zur<br />

Sales Managerin im Financial-Services-Sektor auf. Seit 1999<br />

leitete sie dann als Business Executive die Vertriebsorganisation<br />

für den genossenschaftlichen Finanzverbund. Vier Jahre<br />

später wurde Koederitz Vice President zSeries Sales IBM<br />

EMEA und 2006 Vice President System zSales in Deutschland.<br />

Als sie danach für sieben Monate als Client Advocacy<br />

in das Büro des damaligen IBM-CEO Sam Palmisano in die<br />

Konzernzentrale nach Armonk wechselte, war für Insider<br />

klar, dass sie zu Höherem berufen war. Spekulationen, die<br />

im Mai 2011 mit der Ernennung zur Vorsitzenden der Geschäftsführung<br />

der IBM Deutschland Realität wurden. Zwei<br />

Jahre später übernahm Koederitz als General Manager zudem<br />

die Verantwortung für die Geschäfte in Österreich und<br />

in der Schweiz. In der mehr als hundertjährigen Geschichte<br />

der deutschen Landesvertretung des weltgrößten Computer-<br />

Konzerns ist sie die erste Frau an der Spitze überhaupt.<br />

Bei der Frage, ob es für sie schwierig war, in der männerdominierten<br />

IT-Welt diesen Weg zu gehen, muss sie lachen.<br />

Ein Thema, über das sie eigentlich nie nachgedacht hätte,<br />

wenn man ihr nicht immer wieder diese Frage stellen würde.<br />

„Wenn ich das Gefühl gehabt hätte, mich hier nicht weiterentwickeln<br />

zu können, dann hätte ich vielleicht ganz andere<br />

Entscheidungen getroffen“, umschreibt Koederitz, was sie<br />

dazu bewegt hat, dem amerikanischen Konzern die Treue zu<br />

halten.<br />

Auf strategischer Ebene steht Koederitz vor der großen Aufgabe,<br />

die IBM-Strategie für die Themen Industrie 4.0, Internet<br />

of Things oder Cognitive Business mit ihrem Team<br />

für die deutschsprachigen Regionen umzusetzen. Die Managerin,<br />

die sich nicht als „die euphorischste Produkt- und<br />

Lösungsstrategin“ beschreibt, fokussiert sich dabei auf die<br />

Markt- und Kundenentwicklung. Dazu gehört der Aufbau<br />

langfristiger Partnerschaften wie mit Lufthansa, Allianz,<br />

Deutscher Bank oder der Bundeswehr und zahlreichen<br />

mittelständischen Unternehmen. „Die langfristig angelegten<br />

Partnerschaften müssen entwickelt und gemeinsam mit<br />

den Kunden ausgebaut werden“, weiß die Managerin um<br />

den Wert der Beziehungen und dass die Konkurrenz nicht<br />

schläft.<br />

In den nun fast 30 Jahren, die Koederitz in dem amerikanischen<br />

Konzern tätig ist, hat sie auch erlebt, wie sich die<br />

Führungskultur wandelte. Während sich Manager-Generationen<br />

früher daran orientierten, fachlich die richtigen<br />

Entscheidungen vorzubereiten und umzusetzen, nehmen<br />

sie heute eher die Rolle eines Coaches oder Orchesterleiters<br />

ein. „Jetzt sehe ich meine Führungsaufgabe darin, für unsere<br />

Herausforderungen die Teams so zu unterstützen, dass sie<br />

ein Spitzenteam sind in dem, wie sie miteinander arbeiten<br />

und in dem, was sie an Ergebnissen produzieren. Und die<br />

richtigen Talente frühzeitig zu erkennen und zu entwickeln<br />

sowie an die richtige Stelle zu bekommen“, hebt sie einen<br />

Schwerpunkt ihrer Führungsaufgabe hervor.<br />

Koederitz‘ Handeln wird geleitet von den IBM-Werten<br />

„Engagement für den Erfolg jedes Kunden“, „Innovationen,<br />

die etwas bedeuten für unser Unternehmen und für die<br />

Welt“ sowie „Vertrauen und persönliche Verantwortung in<br />

sämtlichen Beziehungen“. Werte, die die IBM-Mitarbeiter<br />

20<strong>03</strong> online in einem weltweiten „Value Jam“ erarbeiteten<br />

und moderne Formulierungen der Werte darstellen, wie sie<br />

schon der legendäre IBM-Chef Thomas J. Watson prägte.<br />

Diese Werte beeinflussen, wie die Managerin neue Themen<br />

wahrnimmt, wie sie Innovation antizipiert, wie sie sich mit<br />

dem Team einsetzt, um erfolgreich am Markt zu sein und<br />

wie sie mit den Menschen in ihrem Team und der IBM um-<br />

geht. „Man ist Teil dessen, wie die Werte gelebt werden“,<br />

bekennt Koederitz: „Man kann sich dem nicht entziehen“.<br />

Die deutsche IBM-Chefin prägt auch eine Eigenschaft, die<br />

nur wenigen männlichen Manager innewohnt: der Mut, sich<br />

selbst infrage zu stellen. „Ich führe sehr gerne Coaching-<br />

Gespräche und lasse mir gerne mal den Spiegel vorhalten“,<br />

zeigt sie sich offen, um zu lernen. Wohl wissend, dass morgen<br />

nicht mehr richtig sein muss, was gestern erfolgreich<br />

war. Ein Beispiel dafür liefert der amerikanische Konzern<br />

selber. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts wandelte sich IBM<br />

vom Hard- und Softhersteller zum Beratungs- und Dienstleistungsanbieter.<br />

Auf die Frage nach Höhen und Tiefen in ihrer Zeit bei<br />

IBM antwortet Koederitz: „Tiefen sind immer das, wenn<br />

man feststellt, dass man trotz viel Zeit, viel Arbeit und viel<br />

Energie die Kundenerwartungen nicht erfüllen kann.“ Bei<br />

der Antwort auf die Frage nach möglichen Entlassungen bei<br />

der deutschen IBM verweist sie auf die Flexibilität des Unternehmens,<br />

das mit der Entwicklung zum Dienstleistungsanbieter<br />

schon aufgezeigt hat, wohin die Entwicklung geht:<br />

in eine digital vernetzte, instrumentalisierte Welt. Kognitiv,<br />

heißt hierfür das Schlagwort bei IBM.<br />

Hoher Besuch: Auf der Cebit 2014 zeigte Martina Koederitz Kanzlerin<br />

Angela Merkel, wie IT- und Automotive-Branche zusammenarbeiten.<br />

„Wir werden aus der Hypervernetzung und dem Phänomen<br />

Big Data neue intelligente Lösungen und Ansätze entwickeln“,<br />

skizziert Koederitz die IBM-Perspektiven. „Aber es<br />

ist klar, in so einer dynamischen Welt ist man angreifbar,<br />

aber wir greifen auch an“, gibt sie sich kämpferisch. Und mit<br />

Blick auf die Mitbewerber lautet für die Betriebswirtin dabei<br />

die entscheidende Frage: „Sind wir attraktiv genug für unsere<br />

Kunden, und sind sie bereit, sich für unser Angebot zu entscheiden<br />

oder nicht?“<br />

Für die Zukunft hat die IT-Managerin, die sich in zahlreichen<br />

Verbänden engagiert, noch eine große Vision. Sie<br />

möchte noch einige bahnbrechende Projekte in Deutschland<br />

anstoßen. Dabei liegt ihr insbesondere am Herzen, das<br />

Know-how der amerikanischen Mutter im Bereich der Medizin<br />

und Life Sciences auf dem deutschen Markt voranzubringen.<br />

„Technologie kann heute für uns als Gesellschaft<br />

ganz relevant werden, um Krankheiten früher zu erkennen,<br />

das Alter lebenswerter zu machen und damit Lebensqualität<br />

und Wohlstand zu unterstützen“, sieht sie einen realen<br />

Nutzwert in der Technik von morgen. ~<br />

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